Bauwelt

Umbau einer Scheune in Rueyres


Das Erste Haus 2017: Preisträger


Text: Kofink, Sebastian, München; Jüttner, Simon, München


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    Das „Haus im Haus“-Prinzip vereinfachte die Umset­zung des Projekts in Frankreich
    Foto: Simon Jüttner

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    Simon Jüttner, Sebastian Kofink Simon Jüttner (geb. Schels) studierte Architektur an der TU München und ist seither als Architekt und Fotografselbstständig. Er ist Gründungsmitglied des Fotokollektivs PK Odessa. Sebastian Kofink studierte Architektur in Liechtenstein und Prag. 2014 gründeten Jüttner und Kofink das Buero Kofink Schels, 2016 wurden sie ausgezeichnet mit dem Förderpreis für Architektur der Landeshauptstadt München.
    Foto: Simon Jüttner

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    Simon Jüttner, Sebastian Kofink Simon Jüttner (geb. Schels) studierte Architektur an der TU München und ist seither als Architekt und Fotografselbstständig. Er ist Gründungsmitglied des Fotokollektivs PK Odessa. Sebastian Kofink studierte Architektur in Liechtenstein und Prag. 2014 gründeten Jüttner und Kofink das Buero Kofink Schels, 2016 wurden sie ausgezeichnet mit dem Förderpreis für Architektur der Landeshauptstadt München.

    Foto: Simon Jüttner

Auf einer Reise durch Frankreich mit dem Eigen­tümer ins Gespräch gekommen. Er will eine alte Scheune neben seinem Ferienhaus umbauen. Zu einem Büro, einer 2CV-Werkstatt, einem Foto­labor für seine Tochter, einer Bibliothek mit Holzofen und einem großen Essplatz. Die Scheune ist nicht groß.
Das Programm ist komplex, das Budget minimal, die Entfernung groß. Wir haben unser Büro gerade erst gegründet. Wir wollen das Projekt. Unbedingt. Ohne Auftrag entwerfen wir, reisen später mit einem Modell nach Paris und überzeugen den Bauherrn. Ein örtlicher Zimmerer wird den Umbau ausführen. Unser Honorar deckt gerade die Reisekosten.
Wir können nicht ständig vor Ort sein, versuchen deshalb, möglichst robust zu entwerfen. Die Hülle wird strukturell unabhängig vom Einbau betrachtet. Das für diese Region typische Eichenholztragwerk sowie später hinzugefügte Betonsteinwände blei­ben erhalten, werden neu verkleidet. Darin steht eine begehbare Skulptur, die das Tragwerk nicht berührt und den Scheunenraum in seiner Einheit erfahrbar lässt. In die Hülle werden wenige klare Öffnungen geschnitten. Der Arbeitsplatz auf dem Mezzanin bekommt eine übergroße Gaube mit gerahmtem Blick über das sanfte Tal. So entstehen vor, hinter, in, unter und auf der Skulptur Raum­zonen von unterschiedlichem Charakter, die die verschiedenen Nutzungen beinhalten.
Die anfängliche Skepsis des Bauherrn weicht spätestens, als wir selbst Hand anlegen, um wichti­ge Details zu lösen. Wir nähen Vorhänge, streichen das Mezzanin und „vergolden“ die Gaube.

Wie sind Sie zu diesem Projekt gekommen?

Ein Freund aus Australien hatte ein Ferienhaus in Frankreich gemietet. Da wir Ihn selten sehen, diesen Teil des Landes nicht kannten und noch keine Urlaubspläne hatten, haben wir uns spontan angeschlossen. Als kleines Dankeschön für die Gastfreundschaft der Vermieter haben wir gegen Ende des Urlaubs den Bauherren und seine Familie zum Essen eingeladen. Er kam zusammen mit seiner Tochter, einer in London lebenden Fotografin, die zur gleichen Zeit Urlaub in Rueyres machte. Als er erfuhr, dass wir Architekten sind, erzählte er von der alten Scheune, die er umzunutzen beabsichtigte. Er fragte, ob wir uns diese nicht mal ansehen wollten, was wir am nächsten Tag mit großem Interesse taten.

Was fanden Sie vor?

Die Scheune steht prominent am oberen Ende eines Hangs und bildet mit dem Wochenendhaus des Bauherrn den südlichen Abschluss seines Grundstücks und auch der Ortschaft. Die Holzverschalung war marode, das Dach undicht. Im Inneren wurde Holz gelagert, Schrott türmte sich, und in die Jahre gekommenes, landwirtschaftliches Gerät verstaubte in der Ecke. Einzig das eindrucksvolle hundertjährige, für diese Region typische Eichentragwerk schien erhaltenswert. Auch dem Bauherrn war klar, dass man dieses aber umgehend schützen musste. Obwohl wir großes Potenzial sahen, hatten wir zu Beginn keine große Hoffnung, dass daraus ein Projekt werden könnte.

Wie hat sich der Entwurf entwickelt?

Vor Ort haben wir kurzer Hand ein Aufmaß erstellt und erste Ideen skizziert. Sie gefielen dem Bauherrn, abgereist sind wir allerdings ohne eine Beauftragung im Gepäck. Zurück in München, gedieh das Projekt vorerst im Hinterkopf. Wir hatten kaum Arbeit und begannen auf Eigeninitia­tive und daher relativ ungezwungen, zu entwerfen. Überprüft haben wir unsere Ideen anhand eines Modells im Maßstab 1:50. Als wir uns sicher waren, ein stimmiges und robustes Konzept gefunden zu haben, sind wir mit dem Modell nach Versailles gefahren, um dem Bauherrn unseren Vorschlag zu präsentieren. Wir hatten zwar alle Nutzungen untergebracht, aber von seinen anfänglichen Vorstellungen hatten wir uns weit entfernt. Der Entwurf gefiel ihm trotzdem, und diesmal sind wir zumindest mit einer mündlichen Beauftragung und der Zusage eines, wenn auch minimalen, Honorars abgereist. In der Bauphase kam es dann zu Änderungen, die der Bauherr entgegen unserem Rat umgesetzt hat. Auf diese mussten wir reagieren, was den Entwurfsprozess bis zur Fertigstellung ausdehnte. Das Grundgerüst für den Entwurf, das nach dem ersten Treffen in Versailles stand, erwies sich aber als robust genug, um die räumliche Idee nicht aufgeben zu müssen.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den Projektbeteiligten vor Ort?

Der Bauherr hatte mit einem Zimmerer aus dem Ort schon andere Häuser der Familie umgebaut, dieser war als „Generalunternehmer“ gesetzt. Zu Beginn lief die Kommunikation ausschließlich über den Bauherrn. Er meinte, dass James, der Zimmerer, nicht ausreichend Englisch spreche, und unser Französisch nicht gut genug sei. Als wir dann vor Ort waren und den Zimmerer trafen, stellte sich heraus, dass sein Englisch deutlich besser war als das des Bauherrn selbst. Er arbeitet häufig für Engländer, die in der Region leben. Er ist ein hervorragender Handwerker, der sofort verstand, worum es uns beim Entwurf ging. So hatten wir plötzlich einen kompetenten Ansprechpartner vor Ort, der uns in unregelmäßigen Abständen Handybilder schickte.

Wie hat der Bauherr Ihre Planung begleitet?

Der Bauherr, ein gebildeter Herr fortgeschrittenen Alters, hatte zu Beginn eine ziemlich genaue Vorstellung von Nutzung und Gestaltung. Einen programmatischen Zusammenhang die­ser unterschiedlichen Sphären sah er allerdings nicht; räumlich wären seine Vorstellungen einer Verstümmelung der Scheune gleichgekommen. Er hatte bereits mehrere Häuser ohne Hilfe ei­nes Architekten saniert. Seine anfängliche Skepsis gegenüber zwei jungen Architekten aus Deutschland war verständlich. Leider hat er einige Dinge geändert, ohne dass wir die Möglichkeit gehabt hätten, ihn von unserer Lösung zu überzeugen. Es hat eine Weile gedauert, bis er unseren Entscheidungen Vertrauen geschenkt hat. Bestimmt würde er uns in Zukunft mehr Freiheit lassen.



Fakten
Architekten Buero Kofink Schels, München
aus Bauwelt 1.2017
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