Bauwelt

Weihnachten als Vorstufe einer neuen Berliner Altstadt?

Ein Gespräch mit dem Weihnachtsmarkt-Veranstalter Hans-Dieter Laubinger

Text: Ballhausen, Nils, Berlin

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    1904: kein Platz für den Weihnachtsmarkt. Panorama vom Rathausturm gen Westen auf die Berliner Altstadt.

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    1904: kein Platz für den Weihnachtsmarkt. Panorama vom Rathausturm gen Westen auf die Berliner Altstadt.

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    2000, ebenfalls vom Rathausturm. Rechts der heutige Standort des Weihnachtsmarktes mit Marienkirche, Neptunbrunnen und dreieckigen Grünflächen.

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    2000, ebenfalls vom Rathausturm. Rechts der heutige Standort des Weihnachtsmarktes mit Marienkirche, Neptunbrunnen und dreieckigen Grünflächen.

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    2009: der Weihnachtsmarkt, vom Roten Rathaus aus gesehen. In der Bildmitte die Marienkirche, rechts der Fernsehturm.

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    2009: der Weihnachtsmarkt, vom Roten Rathaus aus gesehen. In der Bildmitte die Marienkirche, rechts der Fernsehturm.

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    Zurück ins Jahr 1904: Die Altstadt, dicht bebaut ...

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    ... auch 1920 ragt nur der Rathausturm heraus.

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    ... auch 1920 ragt nur der Rathausturm heraus.

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    1969, vom Hotel Berlin aus: die Marienkirche als Solitär ...

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    1969, vom Hotel Berlin aus: die Marienkirche als Solitär ...

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    ... und der Blick zurück aus dem Palast der Republik.

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    ... und der Blick zurück aus dem Palast der Republik.

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    1980er Jahre: Wasserflächen waren beliebt in Ost ...

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    1980er Jahre: Wasserflächen waren beliebt in Ost ...

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    ... und West: 2009 wird der Rathausfreiraum zur Seenlandschaft (AG Chipperfield, Graft, Kiefer).

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    ... und West: 2009 wird der Rathausfreiraum zur Seenlandschaft (AG Chipperfield, Graft, Kiefer).

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    Nichts Neues! Bereits 1896 liebten die Berliner die Kombination aus Wasser und Altstadt.

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    Nichts Neues! Bereits 1896 liebten die Berliner die Kombination aus Wasser und Altstadt.

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    Zwei Millionen Besucher zog die Treptower Gewerbeausstellung an, für die 120 Häuser rekonstruiert wurden.

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    Zwei Millionen Besucher zog die Treptower Gewerbeausstellung an, für die 120 Häuser rekonstruiert wurden.

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    1896: Das Plakat zum Treptower Themenpark

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    1896: Das Plakat zum Treptower Themenpark

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    1913 fand das Zentrum übrigens seinen Standort am Zoo. Eine neue Idee für die Aufwertung City-West?

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    1913 fand das Zentrum übrigens seinen Standort am Zoo. Eine neue Idee für die Aufwertung City-West?

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Weihnachten als Vorstufe einer neuen Berliner Altstadt?

Ein Gespräch mit dem Weihnachtsmarkt-Veranstalter Hans-Dieter Laubinger

Text: Ballhausen, Nils, Berlin

Die Kulissen des Weihnachtsmarkts auf der vernachlässigten Freifläche zwischen dem Roten Rathaus und der Marienkirche erzeugen – mit Unterstützung von etwas Glühwein – das Gefühl eines intakten Stadtzentrums. Kann der prag­matische Marktgrundriss ein Vorbild für diesen Ort sein?
Vor drei Jahren glaubten wir strukturelle Ähnlichkeiten zwischen dem maßlosen Einkaufszentrum „Alexa“ und jenem Weihnachtsmarkt zu erkennen, der zuvor jahrelang auf demselben Grundstück nahe dem Alexanderplatz stattgefunden hatte (Bauwelt 42.07). Der Veranstalter Hans-Dieter Laubinger ist mit seinem Markt weitergewandert, zunächst auf den Schlossplatz, bis die Abrissarbeiten am „Palast der Republik“ keinen Raum mehr ließen. Seit 2008 nutzt er die namenlose Freifläche zwischen Rotem Rathaus und Sankt Marien, am Fuße des Fernsehturms. Für die Zukunft dieser Grünfläche aus sozialistischer Hauptstadtplanung existieren unterschiedliche Gedankenspiele: Der Pensionär und Buch­autor Hans Stimmann favorisiert eine Neubebauung in bekannter Manier (Bauwelt 26.09). Die Senatsbaudirekto­rin Regula Lüscher überraschte voriges Jahr mit einer Ideen­werkstatt. Seit einigen Wochen operieren Archäologen in den Grundmauern des vor etwa 150 Jahren abgebrochenen Alten Rathauses. Ihre Münz- und Tonkrugfunde befeuern in­des die Diskussion um einen Neubau Alt-Berlins an dieser Stelle. Nimmt die Veranstaltungsagentur Laubinger vorweg, was an diesem Ort einmal entstehen wird?
Wir treffen Hans-Dieter Laubinger am Neptunbrunnen, der früher auf dem Schlossplatz stand. Heute ist „Pflaster­protokoll“: Welche Schäden kann sich das Bezirksamt Mitte nach Abbau des Weihnachtsmarkts erstatten lassen? Angesichts des Zustands der „geschützten Grünanlage“ ist es kaum vorstellbar, wie es noch schlimmer werden könnte.

Herr Laubinger, wann waren Sie zum ersten Mal an die­sem Ort?
Als der Fernsehturm eingeweiht wurde, 1969. Wir kamen, um uns die Kaskaden und die Wasserspiele anzusehen. Damals gab es eine kleine Eröffnungsfeier, und auch danach waren auf dieser Fläche regelmäßig Veranstaltungen.
Und wann haben Sie ihn für den Markt in Betracht gezogen?
Das war 2006, als es auf dem Schlossplatz mit unserem Weihnachtsmarkt zu Ende ging. Der Spielraum wurde dort immer enger, weil die Baustellen näher rückten. Da fiel mir der Platz um den Neptunbrunnen wieder ein. Er gilt zwar als Grünfläche, ist aber doch fast durchgängig befestigt. 
Wie gehen Sie vor, wenn Sie eine solche Fläche analysieren?
Das Schöne hier sind die vielen Bänke. Da habe ich mich hin­gesetzt und die Leute beobachtet: wo sie herkommen, wo sie hingehen, wo sie stehen bleiben, wie sie sich verhalten. Da sitzen sie, da stehen sie, da unterhalten sie sich, und da zeigen sie auf irgendetwas. Dieses Muster nehme ich auf, und danach baue ich den Markt. Wir sprechen da von einem „Lauf“.
Wie sieht der im Idealfall aus?
Die Mieter sollten möglichst jedem Besucher, der an der Stelle A reingekommen ist und an der Stelle B wieder rausgeht, ihre Ware oder Leistung präsentieren können.
Welche Regeln gelten für einen guten „Lauf“?
Wer Kunsthandwerk anbietet, will nicht gerne Gastronomie in seiner Nähe haben, denn dann steht schnell mal eine Glüh­weintasse auf dem Ladentisch, oder jemand möchte sich mit gebrannten Mandeln in der Hand die Waren anschauen. Und man muss immer wieder Punkte finden, an denen man die Leute zum Halten bringt, aber nicht mit Hindernissen, wie in der Kaufhalle. Man kann optisch eine Bremse schaffen, in­dem man dafür sorgt, dass die Leute etwas Bestimmtes sehen und deswegen anhalten. Und wo ein Mensch anhält, da macht er einen Rundum-Blick, und dann fällt ihm ein: Ich könnte etwas essen, etwas trinken, etwas kaufen.
Und was funktioniert nicht so gut?
Eine lange, gerade Straße zum Beispiel ist immer schlimm. Das wird sogar manchmal im Shopping-Center falsch gemacht.
Dort ziehen Ankermieter so viele Kunden an, dass auch die Kleineren profitieren. Ist das bei Ihrem Weihnachtsmarkt ähnlich?
Der große Anker bin ich selbst. Ich betreibe fünf Gastronomiehütten und gleiche damit aus, was der Markt an anderer Stelle nicht erwirtschaftet. Ein kleiner Kunsthandwerker kann keine so hohe Miete zahlen wie ein Gastronom, aber damit das gesamte Ensemble sehenswert ist, braucht man den eben auch.
Gibt es eine Mindestgröße, um einen solchen Markt wirtschaftlich zufriedenstellend durchzuführen?
Wenn man ausschließlich Elemente auf dem Markt hat, die Profit machen, kann man ihn relativ klein halten. Gibt es aber auch Elemente, die wirtschaftlich zu dem Markt nichts beitragen, die nur eine Optik, ein Wohlfühlen bieten, so wie meine zwei großen Pyramiden oder der Märchenwald, dann ist das Konzept ein anderes. Da benötige ich mehr Fläche.
Zum Beispiel für die Eisbahn,...
... die wir um den Neptunbrunnen herum gebaut haben. So etwas wollen die Besucher sehen. Die Eisbahn kostet uns viel in der Anschaffung, in der Unterhaltung und beim Personal. Dazu haben wir noch ungefähr 700 Schlittschuhe gekauft, dem Touristen ist ja nicht zuzutrauen, dass er plötzlich ein Paar aus der Tasche zaubert. Die Leihgebühr ist hier die einzige Einnahme. Aber ohne die Eisbahn würden viel weniger Leute kommen. Und wer einmal auf dem Markt ist, fängt auch an zu konsumieren.
Was ist das Besondere der „Berliner Weihnachtszeit“, wie Sie Ihren Markt nennen?
Als ich nach der Wende mit meiner Firma anfing, gab es die Weihnachtsmärkte an der Jannowitzbrücke oder am Schlossplatz noch mit allen Gewerken, also vom Kunsthandwerk bis zum Fahrgeschäft. Als dann stadtweit immer mehr Weihnachtsmärkte aufkamen, sind viele Spezialisten abgewandert, das Kunsthandwerk etwa zum Gendarmenmarkt. Übrig blieben die nicht besonders hochwertigen Händler und die Karussells. Das war nicht mehr mein Weihnachtsmarkt. Mein neues Konzept: alles völlig ruhig.
Welche Besucher wollen Sie damit ansprechen?
Vom Alexanderplatz kommen hauptsächlich die Berliner, die den S- und U-Bahnhof nutzen oder ihr Auto auf einem der dahinter liegenden Parkplätze stehen lassen. Von der Karl-Liebknecht-Straße kommen überwiegend die Touristen: vom Brandenburger Tor, von den Hackeschen Höfen oder den Museen. Merkwürdigerweise kommen nur ganz wenige Besucher über den Eingang am Nikolaiviertel.
Sind die beiden Haupteingänge unterschiedlich bestückt?
Ja. An der Karl-Liebknecht-Straße haben wir relativ gutes Handwerk angesiedelt. Ich war der Meinung, dass von dort „gute“ Leute hereinkommen, und die wollen ein ordentli­ches Produkt haben, unter Umständen auch was Ordentli­ches essen. Die Reihenfolge hat sich hier im dritten Jahr kaum verändert. Auf der anderen Seite haben wir ein bisschen was anderes gemacht, etwas Berlin-Typisches, indem wir die Kulissen und die historischen Karussells aufgebaut haben. Das alte Berlin sollte hier beginnen, am Eingang Alexanderplatz.
Wie haben Sie die „historischen“ Fassaden hergestellt?
Wir haben Fotos von Fassaden aus dem alten Berlin auf Planen drucken lassen und sie auf Alu-Rahmen gespannt. Ich bin froh, dass ich die nicht aus Holz und Gips gebaut habe, sondern nach diesem modernen Verfahren.
Sie sind viel höher als für die Bude dahinter erforderlich.
Bis zu 7,50 Meter. Wir wollten es in etwa so haben, wie es früher war. Wir haben eine Höhe getroffen, die manches Gebäude wirklich hatte.
Haben Sie ihrem „Lauf“ auch einen historischen Stadt­grundriss zugrunde gelegt?
Nein, dann hätten wir uns für ein bestimmtes Jahrhundert oder sogar Jahrzehnt entscheiden müssen. Ich habe am Anfang gedacht, das alte Berlin sei im Krieg verschwunden, aber es war schon vorher nicht mehr da. Das alte Marienviertel war ein so ärmliches Viertel, dass wir keine Motive für unsere Fassaden fanden. Wir haben dann welche aus der näheren Umgebung genommen.
Warum haben nicht alle Buden eine Fassade vorgeblen­det bekommen?
Wirtschaftlich wäre das nicht vertretbar, und der Aufbau würde dann nicht zwei, sondern vier Wochen dauern. Sie können sich gar nicht vorstellen, was das für ein Projekt ist, wie viel Hunderttausende ich da hineingesteckt habe, in die Statik und in das Material. Allein der Ballast: Ich habe ex­tra Betonblöcke herstellen lassen, die genau in das Gerüst hineinpassen.
Verfolgen Sie die Debatte unter Stadtplanern und Architek­ten, die seit einiger Zeit um dieses Gebiet kreist?
Erstens bin ich allgemein an solchen Entwicklungen interessiert – ich wollte ja eigentlich mal Geschichte studieren. Und zweitens interessiert es mich, weil ich durch diese Maßnahmen meinen Platz verlieren könnte. Ich habe letztes Jahr die Ausstellung besucht, bei der die Vorschläge einiger Architekten gezeigt wurden, und war hocherfreut, dass ich bei drei der Studien auch ein Riesenrad wiedergefunden habe.
Was müsste man bei einer künftigen Planung beachten?
Wo kommen die Leute her? Wo gehen sie hin? Was für Leute sind das? Wenn man diese Fragen nicht berücksichtigt, geht man baden.
Sie meinen, das gilt immer, nicht nur zu Weihnachten?
Den Strom der Menschen habe ich ja nur aufgenommen, der ist ja nicht meine Erfindung. Ich habe das nur beobachtet und dann umgesetzt. Wer hier etwas bauen will, darf das nicht ignorieren. Er muss diese Diagonale zwischen den Haupt­eingängen beachten, er kann sie nicht um 90 Grad oder so versetzen. Das würde kein Erfolg werden.
Erkennen Sie ihren „Lauf“ von damals im Inneren des „Alexa“ wieder?
Ich sehe meine Aus- und Eingänge und die Hauptwege und weiß, dass vor Baubeginn eine Studie darüber angefertigt wurde, wie ich diesen Markt dort aufgeteilt hatte. Dort hat man offensichtlich auf meine Erfahrungen zurückgegriffen.

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