Bauwelt

Vollflächige Stromfassade

Research Nr. 12

Text: Haberle, Heiko, Berlin

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Foto: Stadtbildstelle Essen

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Vollflächige Stromfassade

Research Nr. 12

Text: Haberle, Heiko, Berlin

Das zweite Solarhaus der TU Darmstadt gewann 2009 den Solar Decathlon, obwohl es nicht gezielt zur Sonne ausgerichtet wurde. Solar Würth fertigte dazu Dünnschichtmodule in Sonderformaten. Fast hätten die US-Baunormen ein Projekt vereitelt, das mit seiner Fassade Maßstäbe gesetzt hat.
Kann eine solar bestückte Hausfassade ausreichend Energie erzeugen, ohne die Module wie aufgestellte Ohren in Richtung Sonne zu drehen? Diese Fragestellung, mit der Studierende der TU Darmstadt die Planung ihres Hauses für den Solar Decathlon 2009 in Washington (Bauwelt 46.09) began­nen, widersprach eigentlich einem Grundprinzip des solaren Bauens: der gezielten Ausrichtung zur Sonne. Im Vordergrund des Entwurfs stand aber die Idee einer einheitlich gestalteten Hülle, anstatt die Module dem Haus bloß additiv hinzuzufügen, wie es beim diesjährigen Decathlon leider wieder zu beobachten war (Bauwelt 28.10). Diese Fassade lohnt deshalb im Rückblick noch einmal zu einer genaueren Betrachtung. Das Prinzip des Darmstädter Hauses bestand darin, mit High-Tech-Modulen die hinterlüftete Schindelfassade zeitgemäß zu interpretieren – die Überlappung der Schindeln erlaubte zudem, sich nicht auf Produktmaße festlegen zu müssen. Als ideal erwiesen sich die schwarzen CIS-Module (statt Silizium wird eine Verbindung aus Kupfer, Indium und Selen eingesetzt). Diese gewähren auch bei vertikaler Anbringung, bedecktem Himmel und teilweiser Verschattung genügend Eintrag: Die CIS-Zellen sind in der Ganz­jahresbilanz herkömmlichen Siliziumzellen oft überlegen, obwohl ihre Energieausbeute an sich geringer ist. Schindeln im CIS-Standardformat von Würth Solar von 120 x 60 cm erschienen den Architekturstudenten nicht filigran genug, durch Halbierung entstanden 30 Zentimeter breite Streifen.
Die amerikanischen Decathlon-Veranstalter verlangten dann allerdings noch Nachweise zur Bruchsicherheit bei ei­nem „Ganzkörperanprall“ durch Besucher. Entscheidend bei den in Deutschland durchgeführten Pendelschlagtests nach US-Norm war, dass die zehn größten herabfallenden Bruchstücke zusammen nicht größer als 65 cm2 waren und das Glas nicht durchgeschlagen werden konnte. Damit waren die Probleme noch nicht vorbei, weil in den USA generell mit niedrigeren Spannungen operiert werden muss. Gelöst wurde dies, indem alle 250 Module separat geschaltet wurden; inklusive 250 Sicherungen und vier Kilometer Kabel. Viel Aufwand. Die Darmstädter siegten dann auch deshalb, weil das häufig trübe Wetter in Washington ihrem Solarkonzept entgegenkam.
Fakten
Architekten Prof. Manfred Hegger, TU Darmstadt, Fachbereich Architektur, Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen
aus Bauwelt 32.2010
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