Bauwelt

Bauen als Integrationsübung

Transfer Wohnraum Vorarlberg

Text: Friederike Meyer

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Bauen als Integrationsübung

Transfer Wohnraum Vorarlberg

Text: Friederike Meyer

Im österreichischen Bundesland Vorarlberg gibt es 96 Gemeinden. Etwa 4000 Menschen sind auf der Suche nach Wohnraum. Die Asylbewerber, auch in Österreich sind es täglich mehr, werden diese Zahl noch erhöhen. Das Konzept, das die drei ortsansässigen Architekten Andreas Postner, Konrad Duelli und Hermann Kaufmann in Zusammenarbeit mit der Vorarlberger Holzbaukunst dafür entwickelt haben, hat bestechende Vorbildwirkung. Es geht um Wohnhäuser aus Holz, wobei in gleicher Weise für Flüchtlinge wie für Ortsansässige gebaut werden soll. Denn Wohnungsbau sehen die Initiatoren nicht nur als Bedarfsdeckung, sondern als elementares Integrationselement. Die Aufträge, so die Überlegung, können unter den rund 60 Vorarlberger Holzbaubetrieben vergeben werden. Das stärkt die regionale Wirtschaft und die Akzeptanz für die neuen Bewohner in der Bevölkerung. Es gibt bereits Entwürfe für Gebäudetypologien auf dem Land und in der Stadt. Auf dem Land sollen nicht mehr als 25 bis 30 Personen in zwei zweigeschossigen Häusern wohnen. In dichteren, städtischen Agglomerationen sind dreigeschossige Häuser für 50 und mehr Personen vorgesehen. Allerdings soll auch hier die Anzahl der zu integrierenden Flüchtlinge an einem Ort 30 Personen nicht überschreiten. Der Großteil der Wohnungen geht an die Vorarlberger Wohnungssuchenden. Die Initiatoren empfehlen zudem, Gärten anzulegen, die gemeinsam mit Flüchtlingen und der ortsansässigen Bevölkerung, mit Permakultur-Initiativen und örtlichen Obst- und Gartenbauvereinen bewirtschaftet werden können. Möbel (vorwiegend Tische und Sessel) sollen von lokalen Recycling-Initiativen kommen, die Bewohner können selbst ausbessern und gestalten. Mit dem Instrument des Baurechtsvertrages, der eine Vereinbarung auf Zeit zwischen Bauträger und Grundstückseigentümer darstellt, wurden Diözese, Pfarreien, Land, Gemeinden und Wohnbaugenossenschaften bereits zum Mittun gewonnen. Nach fünf bis zehn Jahren – je nach Bedarf – geht die Verfügung über die Nutzung dieser Bauten als sozialer Wohnbau für Starterwohnungen oder Notwohnungen auf die Gemeinden über. Nach fünfzig Jahren geht der gesamte Besitz an den Eigentümer zurück. Der Bischof von Vorarlberg Benno Elbs hat bereits angeboten, geeignete Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Und auch das Land Vorarlberg unterstützt das Vorhaben mit einer Änderung der Förderbedingungen. Für den Bau der ersten 150 Wohnungen wurden die für die Wohnbauförderung geltenden Standards bereits vereinfacht. Für die Architekten bedeutet dies, sie können nach den in Österreich geltenden Mindeststandards bauen. So verzichten sie zum Beispiel auf Tiefgaragen, minimieren Stellflächen und errichten eine Art Edelrohbau, z.B. mit lasierten OSB-Platten und sichtbaren Installationen, den die Bewohner selbst ausbauen können. Der Austausch von handwerklichen Fertigkeiten und die damit verbundene Kommunikation fördern die Integration. Das Projekt in Angriff zu nehmen, bedeutet zunächst einmal viel Kommunikationsarbeit für die Architekten. Sie müssen Lösungen aufzeigen und Vorurteile abbauen. Doch genau das macht das Projekt aus. Obwohl einzelne Aspekte ihres Vorschlages auch anderswo praktiziert werden, es ist die Kombination der Ideen und ihr Zuschnitt auf die Besonderheiten der Region, die die Idee so überzeugend und auf andere Gegenden übertragbar macht.
Fakten
Architekten Andreas Postner, Konrad Duelli, Hermann Kaufmann
aus Bauwelt 48.2015
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