Bauwelt

Design für die sowjetische Raumfahrt

Ausstellung über die Arbeit der Architektin Galina Balaschowa im DAM

Text: Escher, Gudrun, Dortmund

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    Kommandozentrale des Raumschiffs Sojus
    © Archiv Galina Balaschowa

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    Kommandozentrale des Raumschiffs Sojus

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    Kabine der Raumstation Mir, gebaute Variante (1980)
    © Archiv Galina Balaschowa

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    Kabine der Raumstation Mir, gebaute Variante (1980)

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    Entwurf für die Platzierung des Namens auf der Raumstation Mir (1980)
    © Archiv Galina Balaschowa

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    Entwurf für die Platzierung des Namens auf der Raumstation Mir (1980)

    © Archiv Galina Balaschowa

Design für die sowjetische Raumfahrt

Ausstellung über die Arbeit der Architektin Galina Balaschowa im DAM

Text: Escher, Gudrun, Dortmund

Wer für die Raumfahrt arbeitet, ist zu höchster Geheimhaltung verpflichtet. Das galt auch für
die ab 1949 am Institut für Architektur in Moskau ausgebildete Architektin Galina Balaschowa, als sie in die Rolle der Innenraumgestalterin für das sowjetische Raumfahrtprogramm, von den Sojus-Kapseln bis zum Raumschiff MIR, geriet. Zunächst war sie im Experimental-Konstruktionsbüro OKB-1 (später Raumfahrtkonzern RKK Energija) für alle anfallenden irdischen Bauaufgaben des Großbetriebs verantwortlich. Später entwarf sie die Innenräume der Raumkapseln. Für diese Entwurfsarbeit wurde sie weder zusätzlich honoriert, noch sind ihre Entwürfe bis hin zum Schriftzug „MIR“ oder dem Emblem des Apollo-Sojus-Programms mit ihrem Namen als Autorin versehen.
Was die heute 83-Jährige nicht selbst in ihrer kleinen Wohnung  aufbewahrt hat, ist verloren oder nicht zugänglich. „Weil es im Betrieb weder eine Architektur- noch ein Planungsabteilung gab, konnte ich die Zeichnungen keinem Archiv zur Aufbewahrung überlassen; übrigens hat sich das bis heute nicht geändert,“ schreibt Balaschowa in einem autobiographischen Text im Begleitbuch zur Ausstellung (Seite 35). Auch galt sie im Konstruktionsbüro als „Ingenieurin“, weil es den Posten für Architektur nicht gab, konnte jedoch als einzige ihres Fachs allein an den Entwürfen arbeiten. Umso bemerkenswerter ist die Fülle der großformatigen Entwurfszeichnungen auf Papier, die nun in einer Einzelausstellung öffentlich gemacht werden. Teils sind die Zeichnungen detailliert mit Maßangaben in Schwarz-Weiß gehalten, teils aquarelliert, um Farbwirkungen zu testen. Das Aquarellieren hatte Balaschowa schon während ihrer Schulzeit bei dem Maler Nikolaj Alexandrowitsch Poljaninow ge-lernt und während des Studiums intensiviert, weil auch dort viel gemalt und gezeichnet wurde. Schließlich stattete sie die Sojuskapseln auf Wunsch der Kosmonauten mit Landschaftsaquarellen aus. Diese allerdings verglühten mit den Kapseln beim Wiedereintritt in die Erdathmosphäre, andere sind in der Ausstellung zu sehen.
Bei den Entwürfen wechseln Ansichten und Draufsichten, denn als Tribut an die Schwerelosigkeit galt es, alle Dimensionen des Innenraumes auszugestalten und aufeinander abzustimmen. Nach eigener Aussage ließ sie sich dabei stets von den erlernten Grundsätzen der Harmonie und der auf den Menschen bezogenen Proportionen leiten. So entstanden die bis heute fortlebenden Schalensitze, Interieurs für WC und Waschgelegenheit, Einbausofas, Klapptische und Kombimöbel; in den 60er Jahren in Pastelltönen von Blau bis Lindgrün, später auch in kräftigerem Rot, Braun und Grün. Um den Kosmonauten ein Gefühl für oben und unten zu vermitteln, sind die Böden stets dunkler gehalten. Vergleichbares ließe sich in der Geschichte der Innenarchitektur unter der Maßgabe der Ökonomie des Raumes finden, von der Frankfurter Küche Grete Schütte-Lihotzkys bis zur Typenausstattung von Studentenwohnheimen. Offen bleibt  allerdings die Frage, ob solche Typenmöbel letztlich nicht auch von der Aura des Technoiden, vorangetrieben durch Fliegerei und Weltraummissionen, zehrten.
Die Ausstellung im DAM öffnet ein Fenster zu einem bisher kaum gewürdigten Bereich des räumlichen Gestaltens im Zeitalter der Technikdominanz. Dabei zeigt sich, dass die mit der Eroberung des Weltraums verbundene propagandistisch und ideologisch überhöhte Euphorie im Inneren der Kapseln und Module keine Rolle spielt. Statt ausschweifender Raumfantasien, wie sie sich im Gefolge von Futurismus und Abstraktion auf der Erde in Wandbildern oder emb-lematischen Architekturen manifestiert haben, muss im Weltraum alles kompakt, statisch, fest verzurrt und einfach erreichbar sein. Die handwerkliche Perfektion der Architektin und Male-rin Balaschowa bot dafür die besten Voraussetzungen.

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