Bauwelt

IN TRANSIT

Acht Goethe-Institute in Europa vernetzten ein Jahr lang fünfzehn Bürgerinitiativen

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

IN TRANSIT

Acht Goethe-Institute in Europa vernetzten ein Jahr lang fünfzehn Bürgerinitiativen

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

Die Einladung zur Abschlusskonferenz des Projekts IN TRANSIT rief erst einmal Stirnrunzeln hervor. „Die Teilnehmer generieren Inhalte und diskussionswürdige Themen ... Darüber hinaus gibt es keine vorgegebene Agenda“, schrieb das Goethe-Institut. Vor meinem inneren Auge zogen Impressionen chaotischer Veranstaltungen mit quälend langen Gesprächsrunden auf. Vielleicht sollte ich besser erst beim Abendprogramm einsteigen, das mit ordentlichen Vorträgen zu konkreten Projekten lockte? Ich bin dann am 28. April doch pünktlich nach Erfurt gereist – und wurde mit einer der inspirierendsten Konferenzen seit langem belohnt.
Die zweitägige Veranstaltung schloss ein ungewöhnliches Projekt ab: Ein Jahr lang hatte das Goethe-Institut zivilgesellschaftlichen Initiativen aus Deutschland, Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark, England, Irland, Schottland und den Niederlanden eine Plattform für den Austausch bereitgestellt. Neben Workshops wurden acht gemeinsame Reisen in die jeweiligen Länder unternommen, auf denen in unterschied­li­cher Zusammensetzung Themen wie „Zugang zu Raum“, „Soziale Infrastruktur“, „Alternative Wohnkonzepte“ oder „Die unterstützende Stadt“ be­arbeitet wurden.
In Erfurt – Heimatort der teilnehmenden Initiative Saline34, die mit Jugendlichen ein leerstehendes Haus zum kulturellen Zentrum umbaut – trafen sich dann alle Beteiligten, um ihre Erkenntnisse und offenen Fragen mit geladenen Planern, Ak­tivisten, Architekten, Wissenschaftlern und Politikern zu diskutieren. Das dafür gewählte „Open Space“-Format war ein Glücksgriff. Hervorragend organisiert und moderiert, gab es den von allen Anwesenden eingebrachten Themen eine klare Form und einen festen Zeitrahmen. Da in verschiedenen Zeitfenstern jeweils zwölf Diskus­sionsrunden zeitgleich stattfanden, konnte sich jeder Teilnehmer ein individuelles Programm zusammenstellen und war entsprechend motiviert bei der Sache.
Die Leitfrage, „was wir von ko-produktiver, nutzergetragener Stadtentwicklung lernen können“, wurde dabei höchstens gestreift. Viel mehr brannten den meist jungen Teilnehmern offensichtlich die Rahmenbedingungen auf den Nägeln: Wie bekommt man mehr Menschen dazu, sich zu engagieren? Wie verdienen wir Geld mit dem, was wir tun? Wie skaliert man erfolgreiche Initiativen – und wird trotzdem nicht selbst zur Institution? Wie geht man mit Rückschlägen um? Und wie sähe eine gute Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand aus? In letzterer Diskussion zeigte sich: Es gab und gibt in vielen Städten bereits durchaus gute Ansätze – Angestellte in der Verwaltung, die zwischen alternativem Spektrum und Amtslogik vermitteln, zum Beispiel in Leip­-zig, Kulturlotsen in Erfurt, oder Städte, die mit dem Anhandgabe-Verfahren Initiativen Zeit geben, ein Projekt auf sichere Beine zu stellen, wie Weimar oder Frankfurt a.M. Vielleicht bräuchte es als nächstes ein „Stadtverwaltungs-In-Transit“, um diese bundesweit zu verbreiten.

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