Umbau
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Umbau
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Konstanty Gutschow (1902–1978) ist in die Architekturgeschichte eingegangen als einer der profiliertesten
Planer des nationalsozialistischen Deutschlands, zuständig für den Umbau von Hamburg (ab 1939) und
Organisator des „Arbeitsstabs für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte“ (ab 1943). Weniger bekannt ist er als Autor eines bemerkenswerten Buches, das nun wieder verlegt wurde und eine überraschend lohnende Lektüre ist, und zwar nicht nur für baugeschichtlich Interessierte.
Planer des nationalsozialistischen Deutschlands, zuständig für den Umbau von Hamburg (ab 1939) und
Organisator des „Arbeitsstabs für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte“ (ab 1943). Weniger bekannt ist er als Autor eines bemerkenswerten Buches, das nun wieder verlegt wurde und eine überraschend lohnende Lektüre ist, und zwar nicht nur für baugeschichtlich Interessierte.
Ausgebildet an der TH Stuttgart bei Bonatz, Schmitthenner und Wetzel, startete Gutschow seine Karriere zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Nach kurzer Tätigkeit in der Hochbaudirektion Hamburg gründete er 1929 sein eigenes Büro, kurz vor Beginn der Weltwirtschaftskrise: Zu planen gab es da erst mal nicht viel für einen jungen Architekten. Sein Frühwerk aus dieser beruflichen Anfangsphase ist denn auch ein Buch: „Umbau“, verfasst zusammen mit dem Ingenieur Hermann Zippel, erschien 1932 als 13. Band der Reihe „Baubücher“ im Stuttgarter Julius Hoffmann Verlag und versammelt zeitgenössische Beispiele von „Fassadenveränderung, Ladeneinbau, Wohnhausumbau, Wohnungsteilung, seitlicher Erweiterung, Aufstockung, Zweckveränderung“ mit Blick auf „Planung und Konstruktion“: insgesamt „86 Beispiele mit 392 vergleichenden Ansichten, Grundrissen und Schnitten“. All dies ist auf dem Titel zu lesen – auch dem der nun bei Dölling und Galitz erschienenen, um ein Vorwort von Markus Jager ergänzten Neuausgabe.
Der Reprint erscheint nicht ganz zufällig: Einerseits ist „Umbau statt Neubau“ heute so etwas wie ein Glaubensbekenntnis aller fortschrittlich gesinnten Architekt*innen, andererseits steckt die Bauwirtschaft in Deutschland wie zur Zeit von Gutschows beruflichen Anfängen in einer tiefen Krise – und schließlich ist die Zunft der Baugeschichtler seit Jahrzehnten damit beschäftigt, das Bild der Zwischenkriegsmoderne um Nuancen, übersehene Ansätze und Persönlichkeiten sowie die Neubetrachtung damaliger Publikationen schärfer zu zeichnen (erinnert sei nur an die bibliophilen Neuausgaben von Bänden der Reihe „Neue Werkkunst“ durch den Berliner Gebr. Mann Verlag in den 1990er Jahren).
Vor diesem Hintergrund und der Bedeutung seines Autors in späteren Jahren mag es überraschen, dass „Umbau“ erst jetzt wieder verlegt worden ist. Das landläufige Bild der Moderne als „Tabula-Rasa-Epoche“ (für das gerade die Generation Gutschow mit ihren radikalen Umgestaltungsplänen während der NS-Zeit wie danach mit der autogerechten Umgestaltung vieler Städte mitverantwortlich zeichnet) wird durch den Band jedenfalls sanft in Frage gestellt: Prominente Architekten wie Erich Mendelsohn, Adolf Rading, Bernhard Pfau, Luckhardt & Anker, Otto Haesler und Otto Ernst Schweizer und etliche andere tauchen hier mit Umgestaltungen bestehender Gebäude auf, die durchaus ikonische Werke der heute „klassisch“ genannten Moderne darstellen. Verdienst der Publikation war es und ist es nun wieder, die jeweiligen Eingriffe bis in Konstruktion und Bauablauf hinein zu beleuchten – „Umbau“ ist damit nicht nur für Kunsthistoriker von Interesse, sondern auch für Architektinnen, die heute vor ähnlichen Aufgaben stehen: eine echte Wiederentdeckung.
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