Neu aufgelegt
Die aktuelle Ausstellung im DAZ markiert nur eine Etappe in der Berliner Wohnungsbaudiskussion. Die Präsentation von Ideen eines Workshops und von realisierten Baugruppen-Projekten kann aber ein entscheidender Wegbereiter für die zukünftige Entwicklung des Wohnungsangebots werden
Text: Bauer, Robert, Berlin
Neu aufgelegt
Die aktuelle Ausstellung im DAZ markiert nur eine Etappe in der Berliner Wohnungsbaudiskussion. Die Präsentation von Ideen eines Workshops und von realisierten Baugruppen-Projekten kann aber ein entscheidender Wegbereiter für die zukünftige Entwicklung des Wohnungsangebots werden
Text: Bauer, Robert, Berlin
In der Bauwelt 11.2014 stellte Doris Kleilein die Frage, ob der Ideenwettbewerb „Urban Living“ der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, denn jetzt wirklich alles war, was von der einst geplanten IBA 2020 übrig geblieben ist. Gemeinsam mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften wurden Ideen für erschwinglichen Wohnraum, soziale Mischung und Flexibilität für neue Wohnbedürfnisse gesucht. Acht Standorte hatte man ausgewählt, exemplarisch für die verschiedenen stadträumlichen Situationen in Berlin – von der Nachverdichtung einer Großwohnsiedlung in Mitte bis zum Eckgrundstück in gründerzeitlicher Blockrandbebauung im Prenzlauer Berg. Aus mehr als 200 Bewerbungen wurden kleine bis renommierte Büros ausgewählt, die 31 Ideen entwickelten.
Nach der Ausstellung der Arbeiten im März 2014 tauschten sich die Vertreter der beteiligten Wohnungsbaugesellschaften in mehreren Workshops über die Umsetzbarkeit und ihre Erfahrungen mit den vorgeschlagenen Ideen aus. Die Entwicklung der Grundstücke wird derzeit vorangetrieben. An mancher Stelle wird auf einen neuen Bebauungsplan gewartet, andere Grundstücke erwerben die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gerade erst. Genau zum richtigen Zeitpunkt kommt also die Ausstellung
„Urban Living“ im DAZ.
„Urban Living“ im DAZ.
Das Gezeigte basiert auf dem Inhalt zweier Bücher, die Kuratorin Kristien Ring herausgebracht hat. Da ist zum einen „Selfmade City“ (Bauwelt 12.2013), ein Ergebnis der Ausstellung „aufeinanderbauen. Baugruppen in der Stadt“, die 2007 im DAZ zu sehen war. Die mangelnde Vielfalt und die hohen Preise des angebotenen Berliner Wohnraums führten in den letzten Jahren verstärkt zu Zusammenschlüssen von Bauherren und der Schaffung selbstorganisierter und selbstbestimmter Wohnbauten (Bauwelt 36.2013). Über 120 der solcher Beispiele für experimentelle und zukunftorientierte Wohnkonzepte sind in „Selfmade City“ zusammengefasst. Das Buch „Urban Living“ versammelt die Ergebnisse des gleichnamigen Ideenwettbewerbs.
In der Ausstellung nun werden die Ideen des Wettbewerbs den Best-Practice Beispielen aus der Publikation „Selfmade City“ gegenübergestellt. Der Maßstab von Projekten, die von Baugruppen realisiert werden können, hat eine Obergrenze, welche die Ideen des Wettbewerbs mit ähnlichen Strategien für den Massenwohnungsbau zu überschreiten versuchen.
Die Projekte werden unter den Themenbereichen „Verdichtung“, „Quartiersqualitäten“ und „Wohnformen“ gegliedert. Der Raum konfrontiert die Besucher mit mehreren Fragen: „Wie werden durch neuen Wohnungsbau städtebauliche Strukturen gestärkt?“, „Wie entsteht ein Mehrwert für das gesamte Quartier?“, „Wie viel Gemeinschaft will ich, und wie?“.
Zum Beispiel findet sich das Projekt BIGYard (Bauwelt 29.2011) von Zanderroth Architekten neben dem Beitrag für die Karl-Marx-Allee vom Team June 14 Meyer-Grohbrügge & Chermayeff unter dem Aspekt „Wohnformen“. In beiden geht es um die Verschmelzung von öffentlichem und privatem Raum, um Gemeinschaftsflächen und neue Wohnkonzepte. BIGYard erreicht durch die Eingrenzung der Typologie auf das Townhouse im urbanen Kontext 45 Wohneinheiten, die sich Dachterrassen oder Innenhof teilen. Der Beitrag für die Karl-Marx-Allee vom Team June 14 öffnet sich dagegen noch stärker der Gemeinschaft und der Öffentlichkeit. Der zweigeschossige Bau weist alle Privatflächen im Obergeschoss aus, im Erdgeschoss beginnen die Grenzen zwischen Gemeinschafträumen, Verkehrsflächen und
Öffentlichkeit zu verschwimmen.
Öffentlichkeit zu verschwimmen.
Architekten bietet die Ausstellung wenige Überraschungen. Sie fokussiert auf bereits bekannte Strategien und hofft, damit besonders auch Wohnungsbaugenossenschaften und Bauherren anzusprechen.
Nicht zuletzt regt die Ausstellung zum Mitmachen an. Das „Exploration Model“ lädt zur Gestaltung von Wohnräumen direkt in der Ausstellung ein. An dem Modell können Außen- und Innenwände verstellt, Möbel hinzugefügt und so neue Grundrisse geschaffen werden. Wie schon zum Urban Living Wettbewerb existiert auch hierfür ein Blog. Im Gegensatz zum optisch wenig attraktiven und ebenso wenig erfolgreichen Blog des Wettbewerbs, wird hier der Laie noch stärker angesprochen und über Beiträge und Umfragen mit seiner Meinung eingebunden.
Gut, das die Ausstellung noch an anderen Orten in Berlin Halt machen soll und nicht nur im Hinterhof des DAZ verbleibt. Eine weitreichende Bewerbung also des nach wie vor dringlichen Thema Wohnungsbau.
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