Die Geschichte vom König, der einen Finger verlor oder: Alles geschieht mit gutem Grund
Im Taxi in Mumbai, auf dem Weg zum Flughafen. Ich bin traurig, wie fast immer, wenn ich von einer Reise zurückkehren muss. Vasu, der Fahrer, erzählt mir eine Geschichte.
Text: Heinich, Nadin, München
Die Geschichte vom König, der einen Finger verlor oder: Alles geschieht mit gutem Grund
Im Taxi in Mumbai, auf dem Weg zum Flughafen. Ich bin traurig, wie fast immer, wenn ich von einer Reise zurückkehren muss. Vasu, der Fahrer, erzählt mir eine Geschichte.
Text: Heinich, Nadin, München
Es war einmal ein König. Zusammen mit seinem weisen Freund ging er auf die Jagd. Dabei wurde er angegriffen und verlor einen Finger. Voll Schmerz und in der Hoffnung auf Trost wandte er sich an seinen Freund. Doch dieser erwiderte nur: „Mein König, alles geschieht mit gutem Grund.“ Der König wurde darüber so wütend, dass er seinen Freund ins Gefängnis warf. Er ging wieder auf die Jagd, dieses Mal noch tiefer im Wald – und wurde von Waldbewohnern gefangen genommen. Er wehrte sich: „Lasst mich frei oder ich brenne den Wald nieder! Ich bin der König!“ Die Waldbewohner blieben ungerührt: „Wir haben unseren eigenen König. Wir werden dich zu ihm führen und dich bestrafen.“ Der König des Waldes beschloss: „Lasst uns ihn für unseren Gott opfern.“ Der Priester bestand jedoch darauf, den König zuerst zu untersuchen: „Wir müssen wissen, ob er vollständig ist. Wenn wir einen unvollständigen Menschen opfern, werden wir selbst bestraft.“ Die Waldbewohner untersuchten den König – und stellten fest, dass ihm ein Finger fehlte. Sie ließen ihn frei. Zurück im Schloss entschuldigte sich der König bei seinem Freund: „Du hattest recht. Es war gut, dass ich einen Finger verloren habe. Es tut mir so leid, wie ich Dich behandelt habe!“ Doch der Freund antwortete: „Mach dir keine Sorgen. Stell dir vor, man hätte uns beide im Wald gefangen genommen. Die Waldbewohner hätten mich geopfert, denn ich bin vollständig. Das Gefängnis hat mich gerettet.“
Diese Geschichte wird der indischen Folklore zugeschrieben und seit Generationen mündlich überliefert.
0 Kommentare