Álvaro Siza. Viagem sem Programa
In der Wüste ist nicht gut entwerfen, zeigen 53 Skizzen des portugiesischen Meisters
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Álvaro Siza. Viagem sem Programa
In der Wüste ist nicht gut entwerfen, zeigen 53 Skizzen des portugiesischen Meisters
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Während sich Padua der ersten Aldo Rossi-Ausstellung seit vielen Jahren erfreut, kann man sich in Siena mit einem anderen maßgeblichen Architekten der letzten fünfzig Jahre beschäftigen: Am Domplatz, in den ebenso düsteren wie angenehm kühlen Magazzini della corticella des ehemaligen Hospitals Santa Maria della Scala, werden 53 Skizzen von Álvaro Siza gezeigt. Anders als in Padua steht hier nicht die Architektur im Vordergrund, sondern das Zeichnen selbst: welche Bedeutung es hat für den portugiesischen Meister, wie und wann er es erlernte und wie sich im Laufe seines langen Architektenlebens seine „Linie“ entwickelt hat. Aber warum 53 Zeichnungen? Die Zahl ist im Grunde zufällig, ebenso wie die Idee zur Ausstellung, aber sie ist der eigentliche Ursprung dieser Schau, die zur Biennale 2012 in Venedig konzipiert wurde und seither auf Wanderschaft ist – vor Siena war sie im letzten Jahr in Lissabon zu sehen, davor auch in Zagreb und Dubrovnik. 2005 besuchten die Kuratoren Greta Ruffino und Raul Betti Siza in seinem Büro in der Rua do Aleixo 53 in Porto, ein Schnappschuss des Klingelschilds setzte alles weitere in Gang. Siza selbst hat die Skizzen für die Ausstellung ausgewählt; es sind viele Porträts darunter von Freunden und Verwandten – das älteste, von seinem Vater Júlio, datiert aus dem Jahr 1954 – und Skizzen, die er auf Reisen angefertigt hat, um Eindrücke festzuhalten und die Analyse ihrer Eigenart zu befördern. Etliche sind mit wenigem Neuansetzen des Stifts aus langen, verschlungenen Linien aufs Papier gebracht: Flüssig wäre ein Wort, das sie charakterisiert und das auch ganz gut passt zum Leben Sizas am ruhig dahin strömenden Douro wie zum Titel der Ausstellung „Viagem sem programa“. Reise ohne Plan: Das eine entwickelt sich aus dem anderen, das Ganze aus dem Einzelnen; die „große Linie“ ist das Ergebnis des Sicheinfühlens in eine Situation. Insofern ist der Schritt von hier zum Verständnis der Bauten Sizas tatsächlich nicht weit. In einem etwa 40-minütigen, unbedingt sehenswerten Interview, das im letzten Raum der Schau zugegeben etwas unglücklich auf eine rohe Ziegelwand projeziert wird, erwähnt der Architekt die Bedeutung von Möglichkeiten, als Entwerfer Beziehungen zu einem Ort aufbauen zu können, und seien die Anhaltspunkte dafür auch noch so fragmentarisch – in der Wüste ist nicht gut entwerfen. Fehlt eigentlich nur ein Bau von Siza in Siena oder Umgebung, um das sogleich erfahren zu können: In dieser Beziehung hat es Padua besser.
Achtung: die Laufzeit der Ausstellung ist bis zum 6. Oktober verlängert worden.
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