Bauwelt

Architektur als Integrationsmaschine

Gibt es zu viele Architekturpreise? Dieser hier ragt heraus. Seit 1992 wird der Schelling Preis verliehen, der Theorie und Praxis als stimu­lierenden Wettbewerb versteht und im Zusammenhang beurteilt.

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    1. Preis Zweigeteiltes Haus HUIK in Antwerpen
    Foto: Filip Dujardin, Gent

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    Nominierung
    Ein „Highway Module“ von Rozana Montiel aus Me­xiko
    Fotos: Ramiro Chavez

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    Ein „Highway Module“ von Rozana Montiel aus Me­xiko

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    Nominierung
    Das Urbane Po­dium von Atelier Kempe Thill in Rotterdam.
    Fotos: Ulrich Schwarz

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    Nominierung
    Das Urbane Po­dium von Atelier Kempe Thill in Rotterdam.

    Fotos: Ulrich Schwarz

Architektur als Integrationsmaschine

Gibt es zu viele Architekturpreise? Dieser hier ragt heraus. Seit 1992 wird der Schelling Preis verliehen, der Theorie und Praxis als stimu­lierenden Wettbewerb versteht und im Zusammenhang beurteilt.

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Alle zwei Jahre vergibt die Schelling Stiftung zwei Preise: einen für Architektur und einen für Theorie. Dieser doppelte Preis wurde 1992 von Trude Schelling-Karrer (1919–2009), Karlsruher Innenarchitektin und langjährige Partnerin des Architekten Erich Schelling (1904–1986) erstmals ausgelobt. In der Landschaft der Architekturpreise ragt er heraus, nicht nur durch diese sinnvolle Kombination, sondern auch durch sein Auswahlverfahren: Die drei nominierten Architektenteams sind gefordert, sich in Vorträgen öffentlich zu präsentieren, bevor die Jury entscheidet.
Der Preis für Architekturtheorie ging in diesem Jahr an den Kanadier Doug Saunders. Eine Überraschung, denn Saunders ist kein Theoretiker sondern weltweit tätiger Journalist und Autor, der sich in seinen letzten beiden Büchern mit Stadtentwicklung und Integration beschäftigt hat. Andererseits keine Überraschung, denn Saunders „Arrival City“ (2011) war im letzten Jahr das vermutlich meistzitierte Buch, wenn es um den Zusammenhang von Flüchtlingsunterbringung und Stadtquartier ging. Zudem war Saunders mit seinen Thesen an der Konzeption von „Making Heimat“ des deutschen Pavillons der Biennale 2016 in Venedig beteiligt (Heft 20–21). Saunders hält nicht viel von der Idee eines über die ganze Stadt verteilten Melting Pots. Er argumentiert gegen die Angst der eingesessenen Bewohner, die jede Konzentration von Zuwanderern für bedenklich hält. Im Sinne migrantischer Selbstorganisation und ökonomischer Selbständig­keit sei sie unverzichtbar. Saunders hielt in Karlsruhe seine Preisträgerrede und reiste am nächsten Morgen weiter nach Dresden um sich ins sächsische Getümmel zu stürzen. Sein Thema auf der Veranstaltung des dortigen Kulturrathauses: „How immigrants change from outsiders to ci­tizens and neighbours.”
Inwiefern ist die Architektur heute ein Integrationsmedium – so lautet das Thema der diesjährigen Runde. Für den Theoriepreisträger Doug Saunders traf es genau, für die drei Nominierungen des Architekturpreises – zwei europäischen und einer amerikanischen – ging es eher um elastische Auslegungen dieses Themas: Rozana Montiel aus Mexiko hat in einer ganzen Reihe von Projekten gezeigt, wie der Raum zwischen den Gebäuden auch in unsicheren Stadtvierteln öffentlich wieder verfügbar gemacht werden kann. Das flämische Architektenkollektiv De Vylder Vinck Taillieu baut aus vorgefundenen und neuen Baumaterialien und Kontext-Situationen poetische Collagen. Schließlich das deutsche, seit den 90er Jahren in Rotterdam praktizierende Architektenteam Kempe Thill, das mit minimalen Mitteln im Wohnbau nach zeitgemäßen Standards sucht und diese Suche schon mal als „IKEA-Klassizismus“ bezeichnet. So unterschiedlich die drei Nominierten verschiedene Aspekte der „integrativen Kraft“ von Architektur abgedeckt haben – es passte zum unübersichtlichen Jahr 2016. In einem knappen Finish fiel der Preis an das Team aus Gent. Mit ihrer ausgeklügelten fragmentarischen Ästhetik gehören De Vylder Vinck Taillieu zu den herausragenden Vertretern der neuen flandrischen Architektur. Die Widersprüche der heutigen Bauweise sind in ihrem Werk sehr überzeugend auf die Ebene eines individuellen Beharrungsvermögens verlagert. Die Auseinandersetzung im öffentlichen Raum, der Umgang mit den Konflikten zwischen Architek­-tur und Stadt, sind ihre Sache allerdings nicht.
Schelling Preis 2016
Architekturpreis (20.000 Euro) De Vylder Vinck Taillieu, (DVVT), Gent
Theoriepreis (10.000 Euro) Doug Saunders, Toronto
Wahlkuratorium 2016
Peter Cachola-Schmal, Christiane Fath, Louisa Hutton, Dietmar Steiner, Wilfried Wang, Ludwig Wappner
Die Entscheidung fand am 16. November statt. Unterstützt wird die Schelling-Architekturstiftung von der Stadt Karlsruhe und dem KIT (Karlsruher Institut für Technologie)

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