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Beitrag zur Geschichte marginalisierter Gruppen

Wem bieten Städte Struk­turen an und welche Gruppen müssen ihre Räume eigenständig ein­fordern? Ein Gespräch mit den Initiatoren des queeren Festivals „Constellations“

Text: Kraft, Caroline, Berlin

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Foto: Kopf & Kragen

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Beitrag zur Geschichte marginalisierter Gruppen

Wem bieten Städte Struk­turen an und welche Gruppen müssen ihre Räume eigenständig ein­fordern? Ein Gespräch mit den Initiatoren des queeren Festivals „Constellations“

Text: Kraft, Caroline, Berlin

Im März 2023 veranstaltete das Büro für Stadtvermittlung Poligonal das erste „Constellations-Festival“ in Berlin. Über drei Tage verteilt gab es Führungen an sieben Orten, an denen ehemals queeres Leben stattgefunden hatte.
War „Constellations“ das erste Festival, das ihr veranstaltet habt?
Lukas Staudinger Ja, aber wir haben in der Vergangenheit bereits mehrere Projekte dieser Thematik bearbeitet. Bei der Recherche zu verschwundenen queeren Orten in Berlin kam uns die Idee, ein Festival zu entwickeln. Es geht nicht um ein Reenactment, sondern darum, die Orte mit zeitgemäßer künstlerischer Intervention neu zu sehen.
Wie findet man diese Orte?
Christian Haid Durch Gespräche mit Menschen, die sich an die Orte erinnern. Außerdem ist Archivarbeit sehr hilfreich, aber auch eigene Erfahrungen: Wir wurden in unserer Zeit in Berlin schon Zeugen vom Verschwinden queerer Orte.
Gibt es Berlin-spezifische Gründe, warum queere Orte verschwinden?
Staudinger Natürlich gibt es die sehr spezifische Geschichte der Teilung. Für „Constellations“ haben wir Christiane Seefeld getroffen. Zu DDR-Zeiten stellte sie ihre Atelierwohnung in Prenzlauer Berg zur Verfügung, um dort queere Veranstaltungen und Parties zu organisieren, die im öffentlichen Raum verboten waren. Der Bedarf ist nach dem Fall der Mauer verschwunden, weil Menschen in West- und auch Ost-Berlin ihre Queerness im öffentlichen Raum zeigen konnten. Das ist vielleicht Berlin-spezifisch. Vedrängung durch Gentrifizierung hingegen kennen wir aus allen Großstädten.
Haid Die Stadtentwicklung betreffend muss einem auch bewusst sein, dass es innerhalb der queeren Community Gruppen gibt, die mehr oder weniger vulnerabel sind. Lesbische Orte sind
im Vergleich zu schwulen Orten gefährdeter. Da geht es um das gesamtgesellschaftliche Problem der Benachteiligung von Frauen.
Gibt es etwas, das ihr für zukünftige Projekte erkannt habt?
Staudinger Dass es offensichtlich einen großen Bedarf gibt. Es ist wichtig, jüngeren Generationen Informationen zur Verfügung zu stellen. So können sie verstehen, warum die Gegenwart so ist, wie sie ist, welche Privilegien wir haben – und wer sie erkämpft hat. Auch Gefahren, die von Radikalisierung ausgehen können, kann man so besser einordnen. Die Berliner Stadtregierung wurde jetzt wieder konservativer – was bedeutet das für queere Räume?
Haid Uns war wichtig, einen Beitrag zur Geschichte marginalisierter Gruppen zu leisten, Informationen zusammenzutragen und zugänglich zu machen.
Staudinger Da ist das Festival ein sehr passendes Format, weil man ein großes Publikum erreicht. „Constellations“ ist auch Archivarbeit: Die Website ist so angelegt, dass sie wachsen kann.
Wird es das Festival 2024 wieder geben?
Staudinger Solche Projekte sind abhängig von Fördergeldern städtischer oder staatlicher Institutionen. Wir wollen das Festival auch im nächsten Jahr stattfinden lassen, aber dafür brauchen wir Mittel. 2023 wurden wir gefördert vom Projektfonds Urbane Praxis.
Gibt es Unterschiede zwischen queeren Orten damals und heute?
Staudinger Es gab Zeiten, in denen man sich mehr verstecken musste. Aber für manche ist es auch heute noch so. Auch wenn man oft hört „queere Sichtbarkeit ist wichtig“ – teilweise bedeutet sie auch Gefahr.
Haid Interessant ist, welche queeren Räume es mal gab und jetzt nicht mehr – ich denke da an das Institut für Sexualwissenschaften im Berliner Tiergarten, das so seit 1933 nicht mehr existiert: ein Ort für Unterstützung, Austausch, medizinische Beratung und Information. Ich habe mich oft gefragt, warum es diesen eigenständigen Ort nicht mehr gibt. Der Grund kann nicht sein, dass er nicht notwendig ist.
Habt ihr die Orte nach bestimmten Prinzipien ausgesucht?
Haid Wir haben versucht, unterschiedliche Zeiten, Untergruppen und Perspektiven abzudecken. Und ganz pragmatisch gesehen durften die Orte nicht zu weit weg voneinander sein.
Staudinger Ein Beispiel zeigt, dass die Menschen manchmal auch uns gefunden haben: Dass wir mit Christiane Seefeld arbeiten würden, hatten wir in den sozialen Medien angekündigt, woraufhin uns die aktuellen Bewohner:innen von Seefelds früherer Atelierwohnung kontaktierten. So entstand die Idee, nach dem Kiezspaziergang mit Frau Seefeld die Wohnung zu besuchen – das Netzwerk hat funktioniert.
Lukas Staudinger
studierte Architektur und Soziologie in Berlin, Wien und London. Er lebt in Berlin und ist als Kurator tätig.
Christian Haid
studierte Architektur und Urban Studies in Wien und London. Er forscht und lehrt an der TU Berlin.
Alle Festivalinhalte sind auf
www.constellations-archive.net abrufbar.

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