Bauwelt

Bilder einer Freundschaft

Zum 100. Geburtstag des Architekten Karljosef Schattner präsentiert das Bistum Eichstätt in Zusammenarbeit mit der Klaus Kinold-Stiftung eine außergewöhnliche Ausstellung. In der Bauwelt-Ausgabe 21 widmen wir uns Schattner noch einmal ausführlicher.

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

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    Das Bischöfliche Seminar ist ein axial auf den alten Komplex des Priesterseminars bezogener Anbau.
    Foto: Klaus Kinold © Klaus Kinold-Stiftung

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    Das Bischöfliche Seminar ist ein axial auf den alten Komplex des Priesterseminars bezogener Anbau.

    Foto: Klaus Kinold © Klaus Kinold-Stiftung

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    Innenraumaufnahme der Alumnenkapelle Eichstätt.
    Foto: Klaus Kinold © Klaus Kinold-Stiftung

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    Innenraumaufnahme der Alumnenkapelle Eichstätt.

    Foto: Klaus Kinold © Klaus Kinold-Stiftung

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    Blick in die Ausstellung.
    Foto: Klaus Kinold © Klaus Kinold-Stiftung

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    Blick in die Ausstellung.

    Foto: Klaus Kinold © Klaus Kinold-Stiftung

Bilder einer Freundschaft

Zum 100. Geburtstag des Architekten Karljosef Schattner präsentiert das Bistum Eichstätt in Zusammenarbeit mit der Klaus Kinold-Stiftung eine außergewöhnliche Ausstellung. In der Bauwelt-Ausgabe 21 widmen wir uns Schattner noch einmal ausführlicher.

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

Während seiner langen Amtszeit als Baumeister von Diözese und Katholischer Hochschule war er in seiner Stadt, gelinde gesagt, nicht unumstritten – doch jetzt endlich hat man in Eichstätt erkannt, welchen baukulturellen Schatz der 2012 verstorbene Karljosef Schattner hinterlassen hat. Die kleine oberbayerische Domstadt hat zum 100. Geburtstag des Architekten sogar ein „Schattner-Jahr“ mit zahlreichen Veran­staltungen ausgerufen. Eine solche Ehrung hätte sich der Diözesan- und Universitätsbaumeister zu Lebzeiten nicht träumen lassen. Den Auf­-takt der Feierlichkeiten bildet die Ausstellung „Schattner 100“ im örtlichen Diözesanmuseum, die sich einer Initiative der Klaus Kinold-Stiftung Architektur + Fotografie verdankt. Angeregt hat sie Dagmar Zacher, die als langjährige Assistentin des 2021 verstorbenen Fotografen Klaus Kinold nunmehr die kürzlich errichtete, in München ansässige Stiftung leitet.
Die Kooperation von Diözese und Stiftung hat auch einen handfesten Hintergrund: Selbst kulturelle Einrichtungen der christlichen Kirchen müssen inzwischen sparen. Da kam dem Diözesanmuseum nicht zuletzt die finanzielle Unterstützung der Stiftung gerade recht. Entscheidend für die Zusammenarbeit war freilich der persönliche Zusammenhang. Seit Kinold, schon damals ein wichtiger Vertreter der zeitgenössischen Architekturfotografie, in den 1980er Jahren von Schattner zu seinem „Leibfotografen“ erkoren wurde, hat er das Spätwerk des Baumeisters intensiv begleitet. Architekt und Fotograf verstanden sich als kongeniales Paar. Schattners Wunsch nach präzisen Aufnahmen seiner Bauten entsprach Kinolds Leitspruch: „Ich will Architektur zeigen, wie sie ist.“ Dem fachlichen Gespräch zwischen beiden kam zugute, dass Kinold selberdiplomierter Architekt war.
So überrascht es nicht, dass die Eichstätter Jubiläumsausstellung im Kern eine Fotoschau ist. Zu sehen sind zehn Hauptwerke von Schattner, darunter auch sein eigenes Wohnhaus. Gezeigt werden die überwiegend schwarzweißen Bilder im einstigen Zehentstadel, den Schattner als frühes Werk zum Diözesanmuseum umgebaut hatte. Ungewöhnlich an der Ausstellung ist, dass für sie keine Räume freigeräumt wurden. Vielmehr wurden die Fotografien in die Dauerschau des Museums hineinkomponiert: Inmitten von bischöfllichen Gewändern und schmiedeeisernen Grabkreuzen sorgen die sachlich-poetischen Aufnahmen für Kontraste mit wechselseitiger Steigerung. Da kann der Wunsch aufkommen, diese Installation möge von Dauer sein.
Fünfunddreißig Jahre lang, bis 1992 hat Schattner für Bistum und Hochschule amtiert. Nun kann man seine Entwicklung als Architekt Schritt für Schritt abgehen. Am Beginn stehen die Universitätsbauten an der Sommerresidenz, 1965 fertig gestellt und 1980 erweitert. Auf diese gut gealterten Neubauten, die derzeit technisch saniert werden, folgt mit dem Ulmer Hof ein erster Höhepunkt jener Auffassung, die Schattner international berühmt werden ließ: neues Bauen in alter Umgebung. Den zuvor offenen Hofraum verwandelte Schattner bis 1980 zu einer hallenartigen Bibliothek. Auch weitere Beispiele zeigen, dass er schon vor Jahrzehnten ausführte, was heutzutage als scheinbare Neuheit gepriesen wird: Respekt vor dem historischen Bestand, Umbau statt Abriss, Umnutzung für neue Zwecke. Avantgarde war Schattner besonders bei dem von ihm geretteten Alten Waisenhaus, das er bis 1988 zu zwei Universitätsinstituten umbaute. Das auch dort trennende Verbinden von Alt und Neu wurde als „Kunst der Fuge“ (Wolfgang Pehnt) gefeiert.
Auf einer Textfahne in der Ausstellung werden die Fotografien zu Recht als „Bilder einer Freundschaft“ charakterisiert. Doch die Besucherinnen werden mit den Fotografien nicht allein gelassen. So hat die Kinold-Stftung ein Katalogheft herausgegeben, das alle ausgestellten Werke mit Fotos, Plänen und Texten vorstellt. Ihre zweite Publikation ist ein Architekturführer zu Schattners Bauten in Eichstätt und Umgebung. Darüber hinaus liegen in Vitrinen Dokumente zu Leben und Werk des Architekten aus, darunter sein An­meldebogen für die damalige Technische Hochschule in München, in dem Schattner als Glaubensbekenntnis noch „evangelisch“ angegeben hatte. Zu sehen ist auch das Heft 6.1981 der Bauwelt, das einen „Zwischenbericht aus Eichstätt“ brachte – für Schattner eine wichtige publizistische Anerkennung seiner Arbeit, die in Eichstätt wegen ihrer Modernität anfangs angefeindet wurde. Zum Abschluss kann, wer entsprechende Zeit mitbringt, das faszinierende Schattner-Porträt des bayerischen Filmemachers Dieter Wieland genießen.
Die auch zum Nachdenken anregende Ausstellung ist ein doppeltes Vermächtnis – eine Hommage an Architekt und Fotograf. Klaus Kinold hat immer wieder betont, dass ein gelungenes Architekturbild vor allem vom richtigen „Seh-Punkt“ abhänge. Da traf er sich mit seinem US-amerikanischen Kollegen Walker Evans, der einmal gesagt hat: „Es geht nicht darum, Bilder zu machen; es geht darum, ein Auge zu haben.“

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