Bauwelt

Bildhauer der Modernen

Mies, Gropius, Poelzig: Der Künstler Georg Kolbe hat mit vielen Großen der Moderne zusammengearbeitet. Eine Berliner Ausstellung präsentiert ihn als Netzwerker der Weimarer Zeit

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

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    Blick in die Ausstellung: Im Zentrum „Der Morgen“ vor dem ikonischen Blick durch den Barcelona-Pavillon mit der Skulpur im Wasserbecken. Links der Entwurf für das Beethoven-Denkmal
    © Bildarchiv Georg Kolbe Museum; Foto: Enric Duch

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    Blick in die Ausstellung: Im Zentrum „Der Morgen“ vor dem ikonischen Blick durch den Barcelona-Pavillon mit der Skulpur im Wasserbecken. Links der Entwurf für das Beethoven-Denkmal

    © Bildarchiv Georg Kolbe Museum; Foto: Enric Duch

Bildhauer der Modernen

Mies, Gropius, Poelzig: Der Künstler Georg Kolbe hat mit vielen Großen der Moderne zusammengearbeitet. Eine Berliner Ausstellung präsentiert ihn als Netzwerker der Weimarer Zeit

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

Durch Mies van der Rohe hat Georg Kolbe (1877–1947) seinen bleibenden Ruhm erhalten. Mies wählte für den Deutschen Pavillon der Weltausstellung in Barcelona 1929 die vier Jahre zuvor geschaffene Skulptur „Der Morgen“ für das hintere Wasserbecken. Der Blick durch den Pavillon und die gläserne Trennwand hinaus auf die frei stehende Skulptur, die sich im vom Wind leicht gekräuselten Wasser spiegelt, ist zu einer Ikone der Moderne geworden.
Georg Kolbe hat mit verschiedenen Architekten der Moderne in Berlin zusammengearbeitet. Bereits 1914 stand die „Badende“ vor der Musterfabrik von Walter Gropius bei der Werkbund-Ausstellung in Köln. Die zweite Hälfte der zwanziger Jahre war die ergiebigste Zeit für Kolbe und die Zusammenarbeit mit den Architekten. Es gab geradezu eine Konkurrenz um Kolbes Plastiken als Elemente moderner Raumbildung.
Über die Beziehungen des Bildhauers zu den Baumeistern berichtet jetzt die Ausstellung „Im Netzwerk der Berliner Moderne“ in dem Kolbe gewidmeten Museum im Berliner Westend, das selbst ein Ergebnis der Auseinandersetzung Kolbes mit dem Neuen Bauen darstellt. Der Architekt Ernst Rentsch wird als Entwerfer des kubischen Backsteinbaus von 1927 geführt, das Kolbe sich zum 50. Geburtstag leistete, doch hat sich der Bildhauer intensiv in den Entwurfsprozess eingemischt.
Am ambitioniertesten war Kolbes Vorhaben für ein Beethoven-Denkmal, das ebenfalls 1927, zum 100. Todestag des Komponisten, auf dem Vorplatz vor der Volksbühne in Berlin aufgestellt werden sollte. Im Zuge der Neuplanung und Bebauung des damaligen Bülowplatzes durch Hans Poelzig sollte das Denkmal, für das Kolbe kein Porträt Beethovens, sondern eine Gruppe von Genien in Gips ausgeführt hatte, im Zentrum einer viertelrunden, aus Vierkantpfeilern gebildeten Pseudo-Kolonnade auf einem Sockel stehen, der wiederum auf einem niedrigen, abgetreppten Podium in der Mittelachse des Theaterbaus gestellt werden sollte. Poelzig ist nun kein Vertreter des Neuen Bauens; die Zusammenarbeit Kolbes mit ihm weist auf die gemäßigt expressionistische Frühphase des Bildhauers zurück.
Warum die Ausführung des Denkmals nicht zustande kam, wissen die in der Ausstellung gezeigten Dokumente nicht zu enträtseln. Bedauerlich ist, dass es keinen Katalog gibt, in dem diese Fragen eingehender behandelt würden. Mit Poelzig verbindet Kolbe ein zweiter, dem Barcelona-Pavillon an Bedeutung nicht nachstehender Auftrag: Die „Große Nacht“ fand im Lichthof des 1931 vollendeten „Hauses des Rundfunks“ Aufstellung. Der preußische Kultusminister Adolf Grimme sah in der weiblichen Figur „schwebende Radiowellen“. Doch ist nicht bekannt – und auch kaum wahrscheinlich –, dass Kolbe eine solche, eher in der Kaiserzeit übliche Personifikation, eine Allegorie des noch neuen Mediums Rundfunk, im Sinn hatte. Jedenfalls gibt die „Nacht“ ein eindrucksvolles Zeugnis für das Zusammenwirken von formal reduzierter, allerdings durch die Keramikfliesen farbig auftretender Architektur mit figürlicher Plastik.
Nur ein einziges Mal verließ Kolbe – einer der erfolgreichsten Bildhauer der Weimarer Republik, gefragt vor allem als Porträtist – die figürliche Darstellung: beim „Rathenaubrunnen“ im 1929 eröffneten Volkspark Rehberge. Der Brunnen in Gestalt einer nach oben breiter werdenden Spirale und bekrönt von einer flachen Brunnenschale wird von Porträtreliefs von Vater und Sohn, Emil und Walther Rathenau, an den Wangen des Treppenaufgangs zum Brunnen flankiert. 1934 wurde der Brunnen, der bereits 1930 mit dem Worten „Der Judenrepublik gewidmet“ beschmiert worden war, auf Drängen der Nazi-Stadtverwaltung abgeräumt. Die Reliefs sind in der Schau zu sehen, dazu Dokumente über die Verfemung des Denkmals.
Zwar ist die Beziehung zur Architektur nur ein Aspekt der Ausstellung, aber vielleicht ihr wichtigster: Weil sie deutlich macht, wie harmonisch der Gegensatz von abstrahierender Baukunst und abbildender Plastik zu wirken vermochte, als noch ein Empfinden für Maß und Würde der menschlichen Figur allgemein war – auch und gerade in der Architektur der Moderne.

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