Bauwelt

Das Baulandmobilisierungsgesetz macht nur sehr zögerliche Trippelschritte in Richtung Zukunft

Nach hartem Koalitionsstreit hat der Bundestag am 7. Mai 2021 grünes Licht für das „Baulandmobilisierungsgesetz“ gegeben. Es geht um einige Änderungen im Baugesetzbuch, die im Wesentlichen auf die Empfehlungen der ‚Baulandkommission‘ vom Juli 2019 zurückgehen. Auffallend ist, dass die Wirkkraft mehrerer Paragrafen, die zwischen 2024 und 2026 wieder auslaufen sollen, kurzatmig und unentschlossen ist.

Text: Eichstädt-Bohlig, Franziska, Berlin

Das Baulandmobilisierungsgesetz macht nur sehr zögerliche Trippelschritte in Richtung Zukunft

Nach hartem Koalitionsstreit hat der Bundestag am 7. Mai 2021 grünes Licht für das „Baulandmobilisierungsgesetz“ gegeben. Es geht um einige Änderungen im Baugesetzbuch, die im Wesentlichen auf die Empfehlungen der ‚Baulandkommission‘ vom Juli 2019 zurückgehen. Auffallend ist, dass die Wirkkraft mehrerer Paragrafen, die zwischen 2024 und 2026 wieder auslaufen sollen, kurzatmig und unentschlossen ist.

Text: Eichstädt-Bohlig, Franziska, Berlin

Welches sind die wichtigsten Neuerungen, die nun im Baugesetzbuch festgelegt sind? Mit dem „Sektoralen Bebauungsplan“ nach § 9 Abs. 2d neu BauGB können für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34-Gebiete) Wohnungsbaupotenziale festgesetzt und mit der Verpflichtung zum Bau von öffentlich geförderten Sozialwohnungen verbunden werden. Die weiteren Festsetzungen entsprechen dem, was auch sonst für Bebauungspläne gilt. Dabei sind aber keinerlei ökologische Auflagen enthalten. Die „sektoralen Bebauungspläne“ müssen bis Ende 2024 eingeleitet und Ende 2026 beschlossen sein. Der Unterschied zum geltenden Planungsrecht liegt im Kern darin, dass der im geltenden § 9 Abs. 1 Pkt. 7 BauGB vorgesehene Bau von Sozialwohnungen eine reine Kann-Bestimmung ist, die die Bauherren nicht bindet.
Eine ärgerliche Entscheidung ist die Wiederbelebung des § 13b BauGB. Es ermöglicht Bebauungspläne in (an Siedlungsstrukturen angrenzenden) Außenbereichen mit bis zu einem Hektar Fläche für Wohnungsbauvorhaben ohne Umweltprüfung und ohne Bürgerbeteiligung. Der Paragraf war Ende 2019 ausgelaufen. Auf dieser Grundlage schon viel Neubauland auf Vorrat ausgewie­sen und teilbebaut worden. Nun wird er neubelebt und gibt interessierten Bürgermeistern erneut Gelegenheit zur weiteren Zersiedelung. Bis Ende 2022 müssen die entsprechenden Aufstellungsbeschlüsse gefasst und bis Ende 2024 muss die Satzung verabschiedet sein.
Die kommunalen Vorkaufsrechte in §§ 24 bis 28 BauGB werden ein wenig erweitert und prä­zisiert. Die Deckung von Wohnungsbedarf und städtebauliche Missstände begründen nun auch das Vorkaufsrecht. Wenn eine Stadt als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt, darf sie das Vorkaufsrecht auch für Wohnbauflächen in § 34-Gebieten ausüben. Die Entscheidungsfrist für den Vorkauf wird von zwei auf drei Monate verlängert und generell darf die Kommune den Vorkauf künftig zum Verkehrswert wahrnehmen. Da spekulativ überhöhte Bodenpreise in die Verkehrswerte eingehen, werden die Kommunen sich auch künftig das Vorkaufsrecht nur in Ausnahmefällen leisten können.
Die Erweiterung von Baugeboten nach § 176 BauGB ist eine Scheinlösung. Zwar darf die Kommune nun ein Baugebot für Wohnungsbau in einem Gebiet mit ‚angespanntem Wohnungsmarkt‘ aussprechen und das auch zugunsten eines kommunalen Wohnungsunternehmens. Aber der Eigentümer kann das Baugebot zurückweisen, wenn es den Nutzungszielen seiner Verwandtschaft nicht entspricht.
Mit dem Städtebaulichen Entwicklungskonzept zur Stärkung der Innenentwicklung (§ 176a neu) verweigert der Bund den Kommunen eine besondere Form der Maßnahme für die Innenentwicklung. Stattdessen werden sie auf die Erarbeitung von städtebaulichen Entwicklungskonzepten verwiesen, was klug geführte Planungsämter bereits seit vielen Jahren tun.
In der Baunutzungsverordnung sind die wichtigsten Änderungen die Einführung eines neu­en Gebietstyps „Dörfliches Wohngebiet (MWD)“ und in § 17 die Überleitung der bisherigen ‚Obergrenzen‘ für das Maß der Nutzung in ‚Orientierungswerte‘. Was die ländliche Zersiedelung ebenso vorantreiben könnte wie die oft unangemessen überhöhte Grundstücksausnutzung bei städtischen Bauvorhaben.
Neben stadtplanerischen Aspekten bekommt die Wohnungspolitik eine größere Rolle im Baugesetzbuch: Mit der Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt‘ in § 201 a neu wird die Regelung von § 556 d Abs. 2 BGB verankert. Landesregierungen werden ermächtigt, solche Gebiete festzulegen. Die Rechtsverordnungen werden aber Ende 2026 wieder außer Kraft gesetzt.
Der Genehmigungsvorbehalt für die Eigentumsumwandlung von Mietshäusern wird in § 250 neu BauGB geregelt. Danach kann in den ‚Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt‘ die Genehmigung zur Eigentumsumwandlung mit Ausnahme von wenigen begründeten Sonderfällen bei größeren Mietshäusern versagt werden. Entsprechende Rechtsverordnungen treten aber spätestens Ende 2026 wieder außer Kraft. Auf die Möglichkeit, Eigentumsumwandlungen generell zu unterbinden, warten die großen Städte. Denn die Umwandlung ist das Hauptinstrument der Gentrifizierung und der Verdrängung von Mietern aus den Innenstadtquartieren. Bislang konnten die Städte das nur mühsam und mit mäßigem Erfolg in Milieuschutzgebieten eindämmen. Darum wird es spannend, inwieweit § 250 hilft, eine breitere soziale Mischung und bezahlbare Mietwohnungsbestände in den Innenstädten zu halten.
Insgesamt ist der planungsrechtliche Nutzen des Baulandmobilisierungsgesetzes ziemlich gering. Städtebauliche Nachhaltigkeit und kommunale Eingriffsrechte werden nicht wirklich gestärkt und die bodenpolitischen Forderungen der Fachwelt nicht aufgegriffen. Auf die Probleme des Flächenverbrauchs wird nicht angemessen reagiert. Bauland wird auch in den nächsten Jahren vor allem in kleineren Städten und im ländlichen Raum mobilisiert, also genau da, wo es ökologisch und verkehrlich schädlich ist und am wenigsten gebraucht wird.
Für erste Korrekturen der zunehmenden wohnungspolitischen Schieflage zwischen den Vorrechten der Grundeigentümer und den Abhängigkeiten der Nicht-Eigentümer nützt das Baulandmobilisierungsgesetz. So ist das Gesetz auch ein kleines Eingeständnis, dass die Wohnungsfrage der wirtschaftsstarken Stadtre­gionen nicht allein durch Bauen gelöst werden kann, sondern auch Reformen in Bodenpolitik und Grundeigentumsrechten braucht.

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