Bauwelt

Die Neue Schule

Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin

Die Neue Schule

Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin

Bis zur Türschwelle dürfen die Eltern an vielen Grundschulen ihre Kinder begleiten, nicht weiter. Dahinter beginnt nach Kita und Kindergarten der nächste große Schritt in die Selbstständigkeit. Statt langer, dunkler Flure, erwarten die Schülerinnen und Schüler in den neuen Schulbauten großzügige lichte Lernräume. Ganz auf dem skandinavischen Niveau der Lernlandschaft sind wir hierzulande vielleicht noch nicht, aber es hat sich doch einiges getan. Die Lernhaus- und die Clusterschulen bieten die architektonische Grundlage für die Umsetzung eines variantenreichen, flexiblen Lehrens und Lernens. Fließende und wandelbare Räume, unterschiedlich ausgestattet – hier eine Boulder-Wand, dort ein Beamer, da eine Sternwarte – lassen kaum Wünsche unerfüllt. Mit dem offenen Raumkonzept erweitert sich für die Schülerinnen der Radius, in dem sie sich frei bewegen dürfen. Gleichzeitig wird der Klassenverband durchlässiger, die Schüler mischen sich jahrgangsübergreifend, um ein Lernen voneinander zu fördern. Was nirgends fehlen darf: der bequeme Sitzsack. Angesichts der vielen Stunden, die in den Ganztageseinrichtungen verbracht werden, eine zu begrüßende Entwicklung. Wenn man bedenkt, dass Schulbau eine mit öffentlichen Geldern finanzierte Bauaufgabe ist, oft mit engem Zeitplan, um geforderte Bedarfe zu erfüllen, und mit einem Bauherrn, häufig aber mit einer ganzen Nutzerschaft, die sich bei der Planung auch einbringen und berücksichtigt werden möchte, ist das Ergebnis im Vergleich zu anderen Bauaufgaben beachtlich.
Auffällig ist dabei, dass sich das Raumkonzept verhältnismäßig unkompliziert per Addition erweitern lässt, was man insbesondere in den weiterführenden Schulkomplexen mit bis zu 1700 Schülern entdecken kann. Ebenso bemerkenswert ist, dass trotz der fixen Raumprogrammvorgabe eine große Vielfalt an Bauten entsteht, und zwar überall: auf Ackerland wie in einer Plattenbausiedlung, neben einer Pferderennbahn oder an einem Quartiersplatz, als Ergänzung eines 70er-Jahre-Schulzentrums oder unmittelbar neben einer Autobahn.
Wie sich trotz der vielen guten Neubauten, von denen wir sechs für diese Ausgabe ausgewählt haben, das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerschaft bei der Pisa-Studie erklären lässt? Architektur allein, das ist klar, kann den gravierenden Lehrkräftemangel an den Schulen nicht wett machen, die Versäumnisse des Homeschoolings während der Pandemie werden wohl noch eine lange Weile nachwirken, und es gibt sie auch immer noch, die klassische Frontalunterrichtsschule. Vielleicht wurden aber auch einfach die falschen Fragen gestellt.

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