Bauwelt

Die grüne Pflicht

Text: Geipel, Kaye, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Die grüne Pflicht

Text: Geipel, Kaye, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Eigentlich müssten goldene Zeiten für die Freiraumplanung angebrochen sein. In vielen Städten wird verdichtet was das Zeug hält. Denn mit der Dichte wird das Bedürfnis der Bewohner, dazwischengestreute Inseln von Bäumen, blühenden Beeten und wilden Grünräumen zu haben, dringlicher. Folglich sollten wir, parallel zu den immer enger hochwachsenden städ­tischen Wohnstraßen, eine wahre Fülle von exquisit gestalteten Stadtgärten, Grünzonen und Erholungsecken beobachten können. Fakt ist aber, dem Freiraum in Deutschland geht es nicht gut. Was neu an­gelegt wird, ist meist von großer Dürftigkeit, en bloc umgesetzt von spezialisierten Firmen. Ein Beispiel vor den Fenstern der Redaktion: Dort werden am neugestalteten Olivaer Platz motivartig bedruckte Gehwegplatten verlegt, in die ein huschiger Handwerker ovale Kreisformen für die Stadtbäume sägt, was aussieht wie schlechtes Zahnwerk. In unseren Nachbarländern Dänemark, Schweiz und Frankreich wären solche ästhetischen Fehltritte kaum möglich, dort nimmt die Freiraumplanung einen hohen Stellenwert ein. Folgenreicher noch ist die Zerstückelung des Grünraums, dort, wo wir heute die großen zusammenhängen­-den Grünräume zwischen den Wohnbauten der Nachkriegszeit modernisieren. Pars pro toto für die Nonchalance, mit der wir Qualitäten verspielen, zeigen wir das Beispiel der Sanierung des Stuttgarter Hallschlags. Der Planungskonzeption des offenen undefinierten Freiraums der fünfziger und sechziger Jahre wird der privat zuordnenbare, fragmentierte Grünraumförmlich übergestülpt. Dass es anders gehen könnte, wenn man Architektur und Freiraum sorgfältiger koordinierte, zeigt ein Ersatzneubau aus Zürich-Wibkingen. Und weil gemeinsame Freiraumgestaltung immer auch bedeutet, im Konflikt mit den Vorstellungen der Nachbarn zu einem Konsens zu kommen, am Schluss noch ein Vorstadt-Beispiel aus den Niederlanden auf der Basis eines wagemutigen Masterplans.

Werther, Garmisch, Schramberg

So weit gespreizt die Situation heute in den Großstädten ist, so unterschiedlich zeigt sich die Gegenwart auch in ländlichen Regionen. Ostwestfalen, Oberbayern und der Schwarzwald sind landschaftlich reizvoll und ökonomisch wie demographisch einigermaßen stabil, woran es hier aber mitunter fehlt, sind kul­turelle Angebote, die es mit denen in den mehr oder weniger nahen Metropolen aufnehmen können. Drei neue Museen mit unterschiedlichem Schwerpunkt – Kunst-, Heimat-, Industriegeschichte – machen auch unter architektonischen Gesichtspunkten auf sich aufmerksam: drei Plädoyers für Baukultur auch auf dem Land.

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