Bauwelt

Fleischhunger

Wenn ein Kilo Schweinefleisch nur 4,50 Euro kostet, sollte man sich dringend mit der artgerechten Haltung auseinandersetzen: eine Schau über die architektonische Organisation von Ställen

Text: Stumm, Alexander, Berlin

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    Die Gummistiefel und den Kittel braucht man zum Glück nicht für den Besuch der Ausstellung. Die Pläne der studentischen Arbeiten hängen an Fleischerhaken.
    Foto: Eric-Jan Ouwerkerk

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    Die Gummistiefel und den Kittel braucht man zum Glück nicht für den Besuch der Ausstellung. Die Pläne der studentischen Arbeiten hängen an Fleischerhaken.

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    1. Preis: „Schweinevilla“ von Katharina Münch
    Abb.: Verfasser

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    1. Preis: „Schweinevilla“ von Katharina Münch

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    2. Preis: „Co-op Gittrup + Pig Portable“ von Jakob Köppel und Benedikt Stoib
    Abb.: Verfasser

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    2. Preis: „Co-op Gittrup + Pig Portable“ von Jakob Köppel und Benedikt Stoib

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    3. Preis: „transparent arbeiten. leben. konsumieren. wertschätzen“ von Jessica Vetter und Pepe Fritz
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    3. Preis: „transparent arbeiten. leben. konsumieren. wertschätzen“ von Jessica Vetter und Pepe Fritz

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    Schnittperspektive der lobenden Erwähnung von Mengyne Feng und Guisong Zhang
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    Schnittperspektive der lobenden Erwähnung von Mengyne Feng und Guisong Zhang

    Abb.: Verfasser

Fleischhunger

Wenn ein Kilo Schweinefleisch nur 4,50 Euro kostet, sollte man sich dringend mit der artgerechten Haltung auseinandersetzen: eine Schau über die architektonische Organisation von Ställen

Text: Stumm, Alexander, Berlin

Mit der Einführung des Fließbandes revolutionierte Henry Ford 1913 nicht nur die Automobilproduktion, sondern legte letztlich den Grundstein für die Ausrichtung der modernen Stadtplanung auf den motorisierten PKW. Die Idee hatte sich Henry Ford in den Union Stock Yards in Chicago abgeschaut, dem damals größten fleischverarbeitenden Betrieb der Welt. Dank der effizienten Haltung und mechanisierten Zerlegung am Fließband konnten die 25.000 Beschäftigten im Jahr 1925 mehrere Millionen Schlachtungen durchführen. Auch wenn Menschen immer Fleisch gegessen haben, ist die heute übliche industrielle Fleischproduktion eine Erfindung der Moderne.
Das Thema der Ausstellung „Architektur für Schweine. Stall.Schlachthaus.Fleischerei“ im Aedes Architekturforum Berlin ist deshalb nur scheinbar randständig. So lange unser Fleischhunger nicht nachlässt, müssen wir uns auch mit der Haltung der Tiere auseinandersetzen. Die Schau beginnt mit einem historischen Abriss moderner Stallungen und Schlachthäuser, wobei der wohl berühmteste „organische“ Entwurf eines Schweinestalls von Hugo Häring für Gut Garkau von 1924 (anders als der Kuhstall) unrealisiert blieb. Ansonsten spielt fast ausschließlich das Prinzip Funktionalität die Hauptrolle, Grund- und Aufrisse liefern Einblicke in die auf Effizienz ausgelegte architektonische Organisation.
Den Hauptteil der Ausstellung bildet ein 2019 unter Architekturstudierenden von vier Hochschulen ausgeschriebener Wettbewerb. Entwurfsvorgabe war ein Stall für 500 Mastschweine in artgerechter Haltung – die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sieht dafür übrigens einen Flächenbedarf von mindestens 0,75 Quadratmeter für Tiere mit 50 bis 110 Kilogramm Gewicht und einen Quadratmeter für schwerere Tiere vor. Weiterhin war ein angeschlossenes Schlachthaus vorgegeben, um lange Transportwege der Tiere zu vermeiden, und ein Hofladen für die Direktvermarktung. Vorgesehen war dafür ein konkretes Planungsgrundstück, das an einen Hof im Münsterland grenzt. Gefragt waren – und das macht die Aufgabe interessant – keine wünschenswerten, aber kaum umsetzbaren Idealbedingungen, sondern realitätsnahe Entwürfe, die Tiergerechtigkeit, Ökologie und Nachhaltigkeitsaspekte genauso mitdenken wie ökonomische Sinnhaftigkeit.
Den 1. Preis erhielt das Projekt „Schweinevilla“. Katharina Münch (TU Darmstadt) platziert parkartige Freizeit- und Gemüseanbauflächen für Besucher zwischen die weitläufig auf dem Gelände verstreuten 21 Ställe inklusive Auslaufbereiche. Mensch und Tier rücken (wieder) näher zusammen, Ziel ist die höhere Wertschatzung für das Lebewesen Schwein.
Der zweitplatzierte Beitrag „Co-op Gittrup + Pig Portable“ von Jakob Köppel und Benedikt Stoib (TU München) kombiniert die Organisationsstruktur einer solidarischen Kooperative mit mobilen Schlafboxen für die Schweine, die damit unkompliziert per Hubwagen vom Stall auf die Felder – und schließlich zum Schlachter transportiert werden können.
„Transparent arbeiten. leben. konsumieren. wertschätzen“ von Jessica Vetter und Pepe Fritz (Universität Stuttgart) erhält den 3. Preis für einen S-förmigen Bau, der ganz auf Transparenz setzt: Ein höher gelegener Rundweg erlaubt es Besuchern, die Tiere bei ihren Gewohnheiten zu beobachten. Der Hofladen ist vollverglast, das Schlachthaus besitzt eine Milchglasfassade, sodass nur die Silhouetten des Vorgangs sichtbar bleiben.
Neben den drei Preisen vergab die Jury zwei Anerkennungen an die Teams Matthias Delueg und Christopher Ammer (TU München) sowie Sophia Richwien und Verena Klotzner (TU München) und zwei lobende Erwähnungen an Mengyne Feng und Guisong Zhang (TU Braunschweig) sowie Xiarong Yu (TU Darmstadt).

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