Junge Kammern, alte Zellen
Editorial
Text: Flagner, Beatrix, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin
Junge Kammern, alte Zellen
Editorial
Text: Flagner, Beatrix, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin
Für Architektur- oder Stadtplanungsstudenten ist die Architektenkammer ein Buch mit sieben Siegeln. Wenn überhaupt, dann hört man während eines Praktikums von ihr oder erst am Ende des Studiums. Als Berufseinsteiger begegnet man heute, trotz konjunkturellem Aufschwung in der Baubranche und der händeringenden Suche nach Mitarbeitern, immer noch aberwitzigen Gehältern mit unverhältnismäßig vielen Arbeitsstunden und befristeten Verträgen. Dass man sich da mit seinen Interessen nicht durch die Kammer vertreten fühlt, ist verständlich. Häufig ist Absolventen und Berufseinsteigern auch der Aufbau und die Funktion der Kammer nicht bekannt. Dieses Unwissen und Kostengründe führen dazu, dass viele versuchen, die Kammermitgliedschaft erst einmal zu umgehen. Und eingetragene Architekten wundern sich darüber, wie Entscheidungen in der Vertreterversammlung zustande kommen – wenn sie sich überhaupt für Kammerpolitik interessieren.
Die meisten der 16 Länderkammern wirken verschlossen. Wie sie daran arbeiten transparenter und nahbarer zu werden, erklärt BAK-Präsidentin Barbara Ettinger-Brinckmann in einem Gespräch mit Arne Keßler. In zwei Länderkammern wird von innen heraus versucht, die Strukturen umzugestalten: In Baden-Württemberg tritt die Projektgruppe AiP/SiP für die Interessen von Kammerneuankömmlingen ein und will durch eine neue Berufsbezeichnung das Ansehen von Einsteigern verbessern, in Niedersachsen engagiert sich die Initiative NewKammer für die Gleichstellung aller vier Fachdisziplinen. In Österreich ist die Verjüngung von Kammerstrukturen bereits vor Jahren geglückt.
Stammheim
Stammheim
Mit dem Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim verbindet man seit den 70er Jahren einen Ort der Zeitgeschichte von weitreichender Bedeutung. Hier wurden die Mitglieder der damals die Staatsordnung bedrohenden Rote Armee Fraktion (RAF) inhaftiert. Für die Prozesse baute man in aller Eile eigens ein „Mehrzweckgebäude“ um, damit es den Sicherheitsanforderungen entsprach. Es steht noch heute als grauer Block dort, bis in die Details im Charme der damaligen Zeit, den Andreas Magdanz 2013 mit seinen Fotos dokumentierte. Im Juni wurde nebenan ein Gebäude eingeweiht, das als Oberlandesgericht Stuttgart neue Prozesssäle für sicherheitsintensive Gerichtsverfahren bereithält. Das Mehrzweckgebäude soll nun abgerissen werden. Mit diesem Neubau von Thomas Müller Ivan Reimann Architekten erhält der Ort zum ersten Mal etwas Repräsentatives. Auf Größe oder Dominanz wurde aber kein Wert gelegt.
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