Londoner Narreteien
Das Prinzip ist jedes Jahr das gleiche: Die Londoner Serpentine Gallery beauftragt einen renommierten Architekten, der noch nicht in Großbritannien gebaut hat, mit dem Entwurf eines Sommerpavillons, der auf der Wiese vor der Galerie umgesetzt wird. Dieses Mal war Bjarke Ingels an der Reihe. Unter anderen
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Londoner Narreteien
Das Prinzip ist jedes Jahr das gleiche: Die Londoner Serpentine Gallery beauftragt einen renommierten Architekten, der noch nicht in Großbritannien gebaut hat, mit dem Entwurf eines Sommerpavillons, der auf der Wiese vor der Galerie umgesetzt wird. Dieses Mal war Bjarke Ingels an der Reihe. Unter anderen
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
„So frei geformt wie rigoros. Modular und skulptural. Transparent und opak. Zugleich Box und Blob.“ Für den diesjährigen Sommerpavillon der Londoner Serpentine Gallery hat sich Bjarke Ingels mit seinem Team nicht weniger als eine architektonische Quadratur des Kreises vorgenommen. Das Projekt: die Transformation einer Ziegelmauer, mit der die angesprochene Vielgestalt erreichbar wird, die das scheinbar Gegensätzliche vereint. Die (gedachte) Mauerscheibe – als deren vergrößerte „Backsteine“ dienen Fiberglas-Kästen – wird unterhalb ihrer Krone der Länge nach geschlitzt, sodass sich die beiden Hälften zur Grundlinie hin ausbauchen und
einen höhlenartigen Raum formen können. Die Wandstärke der Kästen variiert zwischen drei und neun Millimetern, je nachdem, ob sie weiter oben oder unten zum Einsatz gekommen sind. Angesichts der Dimension der Kästen ist das verschwindend wenig. Und wenn man frontal auf die Seitenwand schaut, löst sich der Pavillon quasi im Grün der Kensington Gardens auf. Häufiger aber erblickt der Besucher den Pavillon von einer der Schmalseiten, mithin in perspektivischer Verkürzung, da er einen Weg von der Straße zum eigentlichen Galeriegebäude bildet.
einen höhlenartigen Raum formen können. Die Wandstärke der Kästen variiert zwischen drei und neun Millimetern, je nachdem, ob sie weiter oben oder unten zum Einsatz gekommen sind. Angesichts der Dimension der Kästen ist das verschwindend wenig. Und wenn man frontal auf die Seitenwand schaut, löst sich der Pavillon quasi im Grün der Kensington Gardens auf. Häufiger aber erblickt der Besucher den Pavillon von einer der Schmalseiten, mithin in perspektivischer Verkürzung, da er einen Weg von der Straße zum eigentlichen Galeriegebäude bildet.
Bjarke Ingels habe sich von Sigurd Lewerentz` Kirchen anregen lassen, erzählt Hans-Ulrich Obrist, künstlerischer Direktor der Serpentine Gallery, in einem kurzen Film, der das diesjährige Objekt vorstellt, und tatsächlich könnten sakrale Assoziationen im Betrachter keimen. Aber auch an einen umgedrehten Schiffsrumpf erinnert die Konstruktion, wie sie über die Baumkronen ragt.
Der Architektur-Elan der Galerie greift in diesem Jahr aber noch weiter in den Park aus: In Sichtweite des Hauptpavillons sind vier sogenannte Sommerhäuser unterhalb des klassizistischen Queen Caroline Temple versammelt, entworfen von den Architekten Kunlé Adeyemi, Barkow Leibinger, Yona Friedman und Asif Khan. Vier ganz unterschiedliche Interpretationen des Folly im Park sind das, die jede für sich ihre Konsequenz haben mag, in der Ballung des unmittelbaren Nebeneinander aber keine Poesie entfalten können. Sollte die Galerie auch im kommenden Jahr solche Kleinstarchitektur-Narreteien in Auftrag geben, wäre eine weitere Streuung unbedingt zu empfehlen. Groß genug sind sie schließlich, die Kensington Gardens.
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