Nebendran statt drauf
Herzog & de Meuron werden bis Ende 2018 das Museum Küppersmühle in Duisburg erweitern. Ein erster Anlauf war spektakulär gescheitert
Text: Maier-Solgk, Frank, Düsseldorf
Nebendran statt drauf
Herzog & de Meuron werden bis Ende 2018 das Museum Küppersmühle in Duisburg erweitern. Ein erster Anlauf war spektakulär gescheitert
Text: Maier-Solgk, Frank, Düsseldorf
Die Pläne waren hochfliegend, nun ist man in Duisburg – ganz wörtlich – auf dem Boden der Tatsachen angelangt. Es gibt Neues zu berichten vom Museum Küppersmühle, dessen inzwischen schon recht lange (Bau-)Geschichte nicht zuletzt den Kurvenverlauf kulturpolitischer Ambitionen widerspiegelt. Die Angelegenheit verspricht nun ein gutes Ende zu nehmen: Kürzlich wurde der Grundstein für einen Erweiterungsbau gelegt. Doch der Reihe nach.
1999 hatten Herzog & de Meuron den Duisburger Getreidespeicher, von dem aus das Ruhrgebiet lange mit Brot versorgt worden war, als Teil der Hafenumwandlung zum Museum einer hochkarätigen Privatsammlung umgebaut (Bauwelt 17.1999). Im Vorfeld des Kulturhauptstadtjahrs „Ruhr.2010“ dann wollte sich das Revier mit einer Reihe neuer Kulturbauten als internationale Kulturmetropole positionieren. Zu den erfolgreichen Leuchtturmprojekten in NRW aus jener Zeit gehörte der Neubau des Essener Folkwang-Museums von David Chipperfield. Auch das „Dortmunder U“ wurde zum Kulturzentrum umfunktioniert. Anderes zog sich in die Länge: So werden Sanierung und Umbau der denkmalgeschützten Bonner Beethovenhalle zu einer Multifunktionshalle erst 2018 abgeschlossen sein.
Spektakulär scheiterte man zunächst in Duisburg. Dort waren Herzog & de Meuron mit einer Erweiterung „ihres“ Museums Küppersmühle beauftragt worden (Bauwelt 48.2008). Sie entwarfen einen mit bedruckten Folien umhüllten Kubus, einen Leuchtkörper, der auf den 36 Metern hohen Silotürmen des Speichers balancieren sollte. Nach Fehlern bei den Schweißarbeiten an der Stahlkonstruktion, dem Konkurs des verantwortlichen Bauunternehmens und dem Beinahe-Konkurs der Bauherrin, rostete der Kubus mehrere Jahre, neben den Silos auf dem Boden stehend, vor sich hin (Bauwelt 29.2011). Bis schließlich das Sammlerehepaar Ströher als neue Eigentümer des Museums das Stahlgerippe entsor-gen ließ und – wiederum mit Herzog & de Meuron – einen Neustart wagte.
Der neue Entwurf, der anlässlich der Grundsteinlegung präsentiert wurde, ist weniger spektakulär, weniger auf Fernwirkung bedacht. Volumen, Höhe und Material des Neubaus orientieren sich am Altbaubestand. Der aus drei Körpern zusammengesetzte Anbau schließt direkt an die Stahlsilos an. Ein größerer und ein kleinerer rechteckiger Baukörper sind für die Kunst vorgesehen; ein dritter für Technik und Art-Handling füllt den Grundstückszwickel zur Stadtautobahn. Die Fassaden werden, dem Duktus des industriellen Umfelds folgend, aus Backstein sein; die gebrochene Seite der Steine soll nach Außen gewendet werden, um eine lebendigere Wirkung zu erzeugen. Der Anbau verlängert die Hafenfront auf rund 150 Meter, was die ohnehin kraftvolle Wirkung der Industriebauten weiter stärkt.
Die Pointe der neuen Lösung: Die Stahlsilos aus den 1930er Jahren werden in den Komplex integriert und als Raum erfahrbar. Zwei Brücken durchqueren die Silos (die ihrerseits gedämmt und mit einer etwa 30 cm dicken Stahlbetonwandung verstärkt werden) und verbinden die Ausstellungsräume des Altbaus mit dem Neubau. Der Neubau erhält einen großen, durch Sheds belichteten Oberlichtsaal, darunter liegen weitere kleinere Räume. 4900 Quadratmeter Fläche gewinnt das Museum hinzu, davon rund 2500 Quadratmeter für Ausstellungen. Eher horizontal, nicht mehr vertikal wird der Museumskomplex nun erschlossen, was letztlich auch der Einheit der Sammlung zugutekommt. Die Kosten im „zweistelligen Millionenbereich“ übernimmt die private Stiftung MKM des Sammlerehepaars.
Man muss nicht überall spektakulär bauen, sagt Pierre de Meuron. Die Architekten haben auf dem Feld der Bestandserweiterung ja einiges erprobt – von der Tate Modern über das Madrider CaixaForum bis zur Elbphilharmonie. Meist betonen sie subtil den Kontrast, vermeiden allzu harte Gegensätze zum historischen Ursprung. Dass dies bei kompletten Neubauten wie am Berliner Kulturforum nicht ohne weiteres genauso funktioniert, liegt auf der Hand. Dort, beim umstrittenen Entwurf der Schweizer für das „Museum der Moderne“, muss man sich den Archetypus sozusagen hinzudenken.
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