Bauwelt

Paris, das Gespenst der offensiven Stadt

Die Pariser Sicherheitsmaßnahmen haben Folgen: Es geht nicht mehr um die Verteidigung von Gebäuden, sondern um die Fähigkeit, alle Stadtgebiete temporär zu kontrollieren. Das beschädigt den Zusammenhalt von „Grand Paris“ – eine zunehmende Zerstückelung des öffentlichen Raums ist die Folge. An die Stelle einer Antiterror-Politik, die Absperrgitter zum Fetisch werden lässt und die Vereinzelung der Bewohner vorantreibt, müssten endlich inklusive Strategien treten, so Paul Landauer

Text: Landauer, Paul , Marne-la-Vallée

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    Patrouille vor der gläsernen Pyramide des Louvre
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    Die in Frankreich „Vauban“ genannten Sicherheits­gitter stehen vor öffentlichen Gebäuden ständig bereit.
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    Seit den siebziger Jahren werden die staatlichen Sicherheitsmaßnahmen gegen den Terrorismus unter dem Begriff „Vigipi­rate“ zusammengefasst.
    Foto: Jean-Pierre Muller/AFP/Getty Images

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    Foto: Kenzo Tri­bouillard/AFP/Getty Images

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    Provisorische, für Bewohner wie Touristen nicht vor­herzusehende Grenzen bestimmen mehr und mehr
    die Struktur des öffentlichen Raums.
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Paris, das Gespenst der offensiven Stadt

Die Pariser Sicherheitsmaßnahmen haben Folgen: Es geht nicht mehr um die Verteidigung von Gebäuden, sondern um die Fähigkeit, alle Stadtgebiete temporär zu kontrollieren. Das beschädigt den Zusammenhalt von „Grand Paris“ – eine zunehmende Zerstückelung des öffentlichen Raums ist die Folge. An die Stelle einer Antiterror-Politik, die Absperrgitter zum Fetisch werden lässt und die Vereinzelung der Bewohner vorantreibt, müssten endlich inklusive Strategien treten, so Paul Landauer

Text: Landauer, Paul , Marne-la-Vallée

Die Physiognomie von Paris hat sich nach den terroristischen Attentaten im Januar und im November 2015 nicht grundlegend verändert. Die Stadt hat schon einiges erlebt. Seit der Einführung erster Maßnahmen zur Terrorabwehr nach dem Attentat am Flughafen Orly im Januar 1975 und der Geiselnahme in der irakischen Botschaft im Jahr 1978 mussten sich die Bewohner an regelmäßige Durchsuchungs- und Überwachungseinrichtungen und entsprechende Verbote gewöhnen – die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz gegen Terrorismus werden seit 1978 unter dem Begriff „Plan Vigipirate“ zusammengefasst.
Eine Verschärfung allerdings ist unübersehbar. Seit 2015 haben sich auch in allen Einkaufszentren und Kaufhäusern Eingangskontrollen etabliert. Bewaffnete Soldaten auf Patrouille sind jetzt außerhalb von Metro und Bahnhöfen unterwegs – man sieht sie insbesondere vor den Synagogen. Absperrgitter und Poller breiten sich rund um touristische Sehenswürdigkeiten aus.
Aber es herrscht das gleiche Kommen und Gehen wie zuvor, manche eilen, manche drängeln, die Terrassen der Cafés sind gefüllt und man erfreut sich an der Schönheit der Stadt. Während eines Meetings oder bei einem Museumsbesuch macht man sich kaum noch bewusst, dass man jedes Mal seinen Rucksack öffnen, den Ausweis zeigen und seine Taschen vor dem Passieren einer Sicherheitskontrolle entleeren muss. Diese zusätzlichen Minuten im Tagesablauf vergessen sich leicht, genauso wie die Angst vor dem nächsten Attentat. Aber ist nicht schon allein diese Gewohnheit an die Kontrolle und die ständige Alarmbereitschaft besorgniserregend?

Ständiger Wechsel als Sicherheitskomponente

Diese Alarmbereitschaft folgt dem täglichen Rhythmus des Zeitgeschehens und der ständig gewärtigen Einsicht der Bewohner in die Strategien – oder Launen? – von terroristischen Gruppierungen. Nicht der kleinste Winkel eines Viertels entgeht dieser Anpassung. Wir gewöhnen uns an die Möglichkeit der permanenten Umwandlung all der Orte, die wir frequentieren. Diese ständigen Metamorphosen betreffen nicht nur die Sicherheitsmaßnahmen gegen den Terrorismus. Schon seit einigen Jahren verändern sich gerade die häufig besuchten Plätze der Stadt ununterbrochen. Die Ufer der Seine oder die Bahnhöfe und ihre Umgebung sind Welten in ständigem Wechsel. Sei es aufgrund von saisonalen oder alltäglichen Ereignissen oder der Entstehung von neuen Geschäften und Attraktionen: die Wegeführung dieser Orte verschiebt sich ständig, die Baustelle ist ein üblicher Begleiter. Inzwischen haben wir gelernt, dass die Inszenierung dieser Verwandlungen auch eine grundlegende Sicherheitskomponente darstellt. Flughäfen sind so etwas wie Vorbilder geworden für die flexible Anpassung an Änderungen innerhalb der Organisationsstruktur.

Vorbild Flughafenterminals

Die Leistungsfähigkeit des Terminals Roissy II zum Beispiel beruht gerade auf der Schnelligkeit, mit der es mit den anderen Terminals des Flughafens Charles de Gaulle verknüpft werden kann. Diese Reaktionsbereitschaft weist den „weichen Faktoren“ der Raumstruktur überraschender Weise oft eine größere Beständigkeit zu als den harten: Es ist heutzutage ein­facher, die Anordnung von Räumen zu ändern, als die Beschilderungen aufzugeben, mit denen sich Passagiere und Personal orientieren. In den Pariser Bahnhöfen, die sich mehr und mehr in permanente Baustellen verwandeln, kommen die Züge selten am gleichen Gleis an und die entsprechenden Informationen werden den Reisenden so spät wie möglich angekündigt. Indem deren Gewohnheiten gebrochen und ihnen so wenig Kontrolle wie möglich über den Raum und die Zeit ihrer Fahrt gelassen wird, versucht die Bahn sich gegen mögliche Angriffe zu wappnen.
Permanent wechselnde Raumgrenzen
Diese ununterbrochene Destabilisierung der Nutzungen beeinflusst auch andere Bereiche der Stadt. Das Aufstellen der in Frankreich „Vauban“ genannten Stahlgitter hat das Ziel, Menschenmassen bei großen Veranstaltungen zu lenken. Diese Barrieren können den Fußgängerfluss jederzeit umkrempeln oder die Grenzlinie zwischen Orten unterschiedlicher Nutzung schnell verschieben. Eben diese Gitter machen zum Beispiel aus der Place du Carrousel vor dem Louvre einen Ort mit ständig wechselnden Raumgrenzen, abhängig vom Besucherandrang, vom Wetter oder der Terrorwarnstufe.
Dieses Prinzip kommt heute auch bei Stadtfesten, Paraden, Flohmärkten und anderen öffentlichen Ereignissen zum Einsatz. Nicht selten sieht man in der Mitte eines Boulevards oder bei einer beliebten Sehenswürdigkeit einen Satz Absperrgitter einsatzbereit dastehen. Diese wartenden Gitter markieren oder fixieren kein Areal, sondern sind Teil der Möglichkeit, den gesicherten Bereich jederzeit erweitern zu können. Nach den Pariser Attentaten vom September 1995 (am 25. Juli im Nahverkehrszug RER in der Metrostation Saint-Michel und am 6. Oktober in der Station Blanche) mussten sich die Bewohner an diese Gitter als festen Bestandteil der Stadtlandschaft gewöhnen.

Offensive Stadt

Da die Zielscheiben der Terrorabwehr heute beweglich und unscharf sind, bleiben herkömmliche „Festungs- und Durchbruchstrategien“ nutzlos. Den Sicherheitsverantwortlichen geht es inzwischen primär um die ununterbrochene und unmittelbare Ortung jedes verdächtigen Zielobjekts. Jedes Fragment des öffentlichen Raums kann dafür im Alarmfall herangezogen werden. Die Mobilisierung von Ordnungskräften ist dafür keine fundamentale Bedingung mehr. Wichtiger ist das Ziel, den räumlichen Bewegungsspielraum des terroristischen Feindes eindämmen zu können, unter anderem mit Sicherheitsbereichen, mit Zugängen für Polizei- und Rettungsfahrzeuge und dem Aufstellen von Kommandoposten. Dass von diesen Maßnahmen auch ganz alltägliche städtische Lebensweisen stark in Mitleidenschaft gezogen werden – wie zum Beispiel die, sich als Fußgänger ungezwungen im öffentlichen Raum zu bewegen –, versteht sich von selbst.
Die Programmierung solcher ständig wechselnder Raumordnungen steht heute für einen Paradigmenwechsel: an die Stelle der von einem externen Feind bedrohten, defensiven Stadt tritt das Konzept der offensiven Stadt. Es geht inzwischen weniger darum, mit Schutzmaßnahmen auf eine eventuelle Bedrohung zu reagieren, als darum, in der Lage zu sein, jeden Ort in der Stadt in einen potentiellen Schauplatz für Einsätze konvertieren zu können.

Keine herkömmliche Abwehrstrategie

Was diesen Kampf gegen den Terrorismus von eher klassischen Abwehrstrategien unterscheidet, ist das umfassende „In-die-Schwebe-Setzen“ der öffentlichen Räume – Straßen, Avenuen, Boulevards, Plätze, Bahnsteige und Parks –, um sie an eventuelle Interventionen von Polizei oder Militär anzupassen. Bewegliche und reversible Anlagen ersetzen die alten Einfriedungen und Schutzwälle. Sicherlich sind auch heute die besonders exponierten Gebäude ein Gegenstand von verstärktem Schutz. Manche von ihnen wurden in den letzten Jahren in regelrechte Festungen umgewandelt, bei denen dann die angrenzenden öffentlichen Räume dem einer Festungsanlage vorgelagerten Glacis ähneln. Aber der entscheidende Punkt liegt woanders. Das Herz von Überwachungsstrategien und Terrorschutz besteht in der Destabilisierung von Orten. Diese Strategien brechen radikal mit jenen des Haussmannschen Paris: Es geht nicht mehr darum, den Kampf auf das Terrain des Gegners zu tragen, sondern darum, für die „Verflüchtigung“ des gegnerischen Terrains zu sorgen.
Resilienz der belebten Straße
Angriffsziel der neuen Terroristen des Islamischen Staats ist heute die Stadt als Ganzes, es sind all jene Orte, an denen man zusammenkommen und sich vergnügen kann.
Diese Orte quasi auszulöschen hieße aber, das Verschwinden der Stadt selbst zu riskieren. Es steht zu befürchten, dass die mobilen Eingriffe zur Sicherung der öffentlichen Räume gerade auch die dauerhaften Nutzungen unterbinden, die unabdingbar für die Fähigkeit der Bürger sind, Attacken jedweder Art zu begegnen. Ziel der Sicherungsmaßnahmen müsste aber sein, Versammlungen jedweder Art zu stützen. Dies ist mindestens so wichtig wie die technische Überwachung und die vorbeugenden Sicherheitsmaßnahmen. Die Bewohner zu ermutigen, dauerhaft in urbane Orte zu investieren, stellt ein besseres Bollwerk gegen Angriffe dar als Verbotsvorschriften. Eine belebte Straße ist sehr viel resilienter als eine ausgestorbene Straße, die man nur schnell überquert. Ähnliches gilt für den Kampf gegen den Terrorismus: Die Wachsamkeit der Bewohner in Bezug auf verbrecherische Taten verliert an Effizienz, wenn urbane Praktiken sich individualisieren, und wenn das Gefühl von Nähe schwindet.

Dilemma der Vereinzelung

Nun verstärken die Maßnahmen gegen de Terrorismus aber das wechselseitige Desinteresse am öffentlichen Raum der Stadt. So kann die Trennung zwischen öffentlichen und abgesperrten Bereichen, die an vielen öffentlichen Orten von Paris als Antwort auf die terroristische Bedrohung eingeführt wurde, als die gleichsam logische Folge der in den letzten zwanzig Jahren allgemein angewendeten hierarchischen Einteilung von Straßen nach Geschwindigkeit und Bewegungsmodus, – in Busspur, Fahrradweg, Fußgängerbereich usw. – erscheinen. Die Isolierung jedes Einzelnen, die schon von den Kontrollposten an den Eingängen zu den Kaufhäusern ausgeübt wird, steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Desinteresse der Passanten für die Touristen; sie hat etwas zu tun mit der Gleichgültigkeit der mit Kopfhörern ausgestatteten Jogger gegenüber den von ihnen überholten Fußgängern und mit der Einsamkeit der Smartphone-Benutzer, die nicht darauf achten, wer ihren Gesprächen wohl lauschen könnte. Und die Absperrgitter, die die Warteschlangen vor den Sehenswürdigkeiten rahmen, tragen zur Gewöhnung an die Trennung unterschiedlicher Öffentlichkeiten bei, die auf politischer Ebene durch Teilzeitkonzepte und ähnliche individualisierte Arbeitsmaßnahmen Teil unseres Lebens geworden sind, die unter dem Stichwort „partage temporel“ zusammengefasst werden. Diese vor etwa zehn Jahren eingeführte Politik bildet sich auch ab in der sukzessiven Nutzung des öffentlichen Raumes durch unterschiedliche Nutzergruppen.

Wachsamkeit statt geschützter Raum

Wie Michel Foucault schon vor fast vierzig Jahren in seinem Kurs am Collège de France gezeigt hat, tendiert die Sicherheitspolitik dazu, weniger direkt zu verbieten, als zu einer „fortschreitenden Annullierung der Ereignisse durch die Ereignisse selbst“ zu gelangen. Die Idee der Sicherheit im Sinne eines geschützten und vertrauensvollen Zustandes verliert damit ihren Sinn; Sicherheit wird stattdessen mit einem Bewusstsein der Wachsamkeit und der Vorsicht verknüpft. Allerdings erschöpft sich die damit verbundene individuelle Anstrengung im Laufe der Zeit. Das Jahr 2017 beginnt im gleichen politischen Ausnahmezustand wie die Jahre 2015 und 2016. Seit zwei Jahren erdulden wir diesen Zustand.
Bis zu welchem Moment aber werden wir zum Beispiel weiterhin akzeptieren, hunderte von zusätzlichen Metern zu laufen, um zum Fluchttreppenhaus auf der Rückseite unserer Architekturschule zu gelangen – dem einzigen noch kontrollierten Zugang zum Gebäude? Wie oft werden wir uns noch in Sicherheitsschleusen quetschen lassen und darauf warten, dass sich die erste Tür schließt, bevor sich die zweite öffnet, um endlich in die Aula zu gelangen? Der Zustand des Provisoriums hat sich längst verstetigt. Aber wenn der Sonderfall zur Routine wird, verliert auch die Logik des Ausnahmezustands ihre Wirkung.

Minimierung gemeinsamer Nutzungen

Die vergangenen zwei Jahre des Ausnahmezustands zeichnen sich paradoxerweise dadurch aus, dass sie die zeitliche Relativität des Provisorischen offenbaren und uns eigentlich dazu auffordern müssten, die Schwellen, die wir ständig durchqueren, anders und besser zu gestalten – mit mehr Würde, könnte man sagen. Die seit 2015 in Warteschlangen verbrachte Zeit vor Eingängen zu öffentlichen Orten erinnert uns in der Tat daran, wie sehr diesen Orten seit langem jede Form der Aufenthaltsqualität und Gastlichkeit abgeht.
Dem steht entgegen, dass die jüngeren stadtplanerischen Bestrebungen eher auf die Trennung von Verkehrsflüssen abzielen, als die Gestaltung von Schwellenräumen und Vorplätzen zu begünstigen – es wurde darauf geachtet, die gemeinsame Nutzung von solchen Orten zu minimieren, bei denen man soziale Spannungen vermutet hat. So wurden rund um das Pariser Fußballstadion Stade de France die Nahverkehrsstationen so
angeordnet, dass sich die Besucherströme möglichst wenig kreuzen. In vielen Wohnquartieren sind Zäune oder Vorgärten um die Gebäude so angeordnet, dass Zusammenkünfte kaum mehr möglich sind, was auch alle weiteren kollektiven Nutzungen des öffentlichen Raums schwierig macht.

Inklusion und öffentlicher Raum

Ziel der Planung sollte es heute aber sein, die räumlichen Dispositive der Kontrolle wieder in Räume umzuwandeln, die von den Bewohnern gemeinsam genutzt werden können. Dies ist umso wichtiger, als die Ausgrenzung, von der wir oben gesprochen haben, auch in einem viel größeren territorialen Maßstab gilt und einen großen Teil der Bevölkerung von Grand Paris betrifft. Nachdem die im Umland von Paris wohnende Bevölkerung durch steigende Immobilienpreise und den Wegfall von Arbeitsplätzen aus dem Zentrum verdrängt worden ist, verliert sie heute durch die räumlichen Dispositive der Terrorismusbekämpfung auch noch den schwellenlosen und ungehinderten Zugang zu den Transportmitteln (Metro, Bahnhöfe und Flughäfen), zu den großen Volksfesten (ob im Stadion oder anderen Fest­arenen) und zu den ganz normalen Treffpunkten des Alltags (Einkaufszentren, Cafés). Die kontrollierte Nutzung des öffentlichen Raumes in den Zeitfenstern einer „politique du partage temporel“ – wenn also zum Beispiel die Uferstraßen der Seine im Zentrum von Paris zu bestimmten Zeiten am Wochenende von Autos freigehalten werden –, beruht weitgehend auf einem unausgesprochenen Vertrag, von dem bestimmte Teile der Bevölkerung meist ausgeschlossen bleiben. Denn dieser Vertrag stützt sich im Allgemeinen auf die Voraussetzung, dass man diesen Raum nur nutzen kann, wenn man einer bestimmten Gruppe angehört (Fußgänger, Fahrradfahrer, Skater ...). Als Nutzer muss man immer erst seine Rechte im Rahmen dieser Gruppe geltend machen. Solche Einschränkungen in Bezug auf die Nutzung des öffentlichen Raums gesellen sich heute zu den Sicherheitsmaßnahmen, die im Rahmen der Terrorabwehr offene und reservierte Zonen der Stadt voneinander scheiden.
„Attentifs ensemble!“ – „Seien wir gemeinsam aufmerksam!“ verkünden heute die Lautsprecher in der Pariser Metro. Nun, diese gemeinsame und gegenseitige Aufmerksamkeit, die ein wichtiger Motor im Kampf gegen den Terrorismus ist, braucht notwendiger Weise dauerhafte und geschützte öffentliche Orte für alle, auf die sie sich beziehen kann – sonst bleibt sie eine leere Worthülse.
Es genügt eben nicht, die ärmeren Stadtteile besser anzubinden, um die Solidarität innerhalb der ganzen Stadt zu fördern, wie es die französische Stadterneuerungspolitik seit drei Jahrzehnten vorsieht. Genauso wichtig ist es, die Aufenthaltsqualität und Gastlichkeit all jener öffentlichen Räume zu erhöhen, die die Stadt im Ganzen ausmachen. Nur so werden wir als Stadtgesellschaft auch die Fluchtgelüste junger Männer in den syrischen Djihad oder in andere todbringende Radikalisierungen entkräften können, die die Welt bloß noch aus der Perspektive sozialer Netzwerke wahrnehmen. Dazu ist es notwendig, aus der Logik des dauerhaften Ausnahmezustands auszusteigen und sich mehr mit den subtilen Ausgrenzungen der heutigen Stadt und ihren Schwellenräumen zu beschäftigen. Der Kampf gegen den Terrorismus kann so auch als eine Frage der Architektur verstanden werden.
Übersetzung aus dem Französischen: Fabian Scholz

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