Mit traditionellen Werten verflochten
Studio Zhu Pei im Aedes Architekturforum
Text: Hamm, Oliver G., Berlin
Mit traditionellen Werten verflochten
Studio Zhu Pei im Aedes Architekturforum
Text: Hamm, Oliver G., Berlin
In den letzten 25 Jahren hat das Aedes bereits mehr als 20 Ausstellungen chinesischen Architekturbüros gewidmet, meist unter wesentlicher Mithilfe von Eduard Kögel, der auch diesmal als Kurator tätig war: Das Studio Zhu Pei aus Beijing präsentiert derzeit ein halbes Dutzend chinesische Kulturbauten und knüpft damit an eine erste Schau bei Aedes vor sieben Jahren an. „Poetic imaginations“ versammelt ein „work in progress“ – das Majiayao Ruins Museum and Observatory in Lintao (seit 2018), das im als Architekturstudio eingerichteten ersten Ausstellungsraum präsentiert wird – und im zweiten großen Raum fünf bereits vollendete Bauwerke, die – jedes auf seine eigene Weise – der Entwurfsphilosophie des 1962 geborenen Architekten Ausdruck geben.
Zhu Pei hat sich einer „Architecture of Nature“ verschrieben, womit er das Verhältnis zwischen Architektur, natürlicher Umgebung und regionaler Kultur bezeichnet. Für ihn sind das Verwurzeltsein im Kontext der Geschichte und das Leben in sowie das Gestalten für eine zeitgemäße Welt kein Widerspruch, was auch im Untertitel der Ausstellung zum Ausdruck kommt: „Interweaving architecture with traditional values“. Im Katalog erläutert er die fünf Punkte, die aus seiner kulturellen Perspektive die traditionelle östliche Philosophie jener „Architecture of Nature“ ausmachen: der Standort und die Orientierung eines Bauwerks, seine Struktur und Form, die Prinzipien „Schwammarchitektur“ (mit einer Symbiose und Durchlässigkeit von Außen- und Innenräumen) sowie „Höhle und Nest“ (als Strukturelemente von geschlossenen und offenen Räumen, deren Kombination einen Wechsel der Mikroklimata zur Folge hat) und schließlich die „unvollständige Vollkommenheit“, mit der Zhu Pei die Wechselbeziehung zwischen Natur, Architektur und der Menschheit bezeichnet.
Es ist erstaunlich, wie viele sehr unterschiedliche Bauwerke das Studio Zhu Pei mit nie mehr als 15 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen seit 2005realisieren konnte. Das bedeutendste unter den zuletzt fertiggestellten ist das Imperial Kiln Museum in Jingdezhen (2020), das bei Aedes mit Modellen, darunter eines aus Porzellan, Zeichnungen und Fotografien sowie einem Film vorgestellt wird. Es ist in mehrere, an traditionelle Brennöfen erinnernde, gewölbte Trakte aufgeteilt, die im Untergeschoss miteinander verbunden sind. Das Museum vereinigt einige in der Architektur Zhu Peis immer wiederkehrende Elemente, wie etwa versunkene Innenhöfe, Wasserbecken, eine Gartenarchitektur mit enger Außen-Innen-Beziehung und die Kombination von Beton mit traditionellen, lokalen Baumaterialien.
Nahe dem Museum, ebenfalls in Jingdezhen, entstand das Zijing International Conference Camp (2022). Zhu Pei bettete ein Ensemble von elf Gebäuden mit tonnensegmentförmigen Dächern in eine bewaldete Hügellandschaft ein. Deren äußere Erscheinung wird durch Sichtbeton geprägt, innen sorgen Holzpaneele für eine warme Atmosphäre. Auch das OCT Art Centre in Zibo (2020) wird durch gewölbte Betondächer in Kombination mit anderen Materialien (bruchsteinartig gemauerte Natursteinwände und Holzpaneele) charakterisiert. Drei von Wasserbecken umgebene Pavillons fassen einen zentralen Innenhof. Das Konferenzzentrum wie auch das OCT Art Centre können durchaus als Referenz an Le Corbusier verstanden werden, zu dessen Einfluss sich Zhu Pei bekennt.
Das Yangliping Performing Arts Centre in Dali (2020) und das Shou County Culture and Art Centre in Shou County (2019) vervollständigen dieAusstellung bei Aedes. Alle Bauwerke werden jeweils mit mehreren Modellen, großformatigen Skizzen, wenigen Fotos und einem kurzen Erläuterungstext vorgestellt, dazu kommt noch eine Videoeinführung von Zhu Pei im ersten Raum. Der ästhetisch sehr gelungenen Ausstellung siehtman nicht an, dass sie innerhalb von nur 24 Stunden aufgebaut werden musste, weil der Schiffstransport von China mit den Modellen und deren Gerüsten aus Baustählen wegen der Huthi-Attacken in der Meerenge von Bab al-Mandab um Afrika herumgeleitet werden musste und viel später als geplant ankam.
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