Zurück zum Platz
Der Riebeckplatz in Halle an der Saale war ein gründerzeitliches Schmuckstück, nach dem Krieg wurde er zum ungastlichen Verkehrsknotenpunkt. Ein Wettbewerb zur Gestaltung des Straßenraums und einer Hochhausfassade könnte neue Impulse setzen.
Text: Laser, Robert, Leipzig
Zurück zum Platz
Der Riebeckplatz in Halle an der Saale war ein gründerzeitliches Schmuckstück, nach dem Krieg wurde er zum ungastlichen Verkehrsknotenpunkt. Ein Wettbewerb zur Gestaltung des Straßenraums und einer Hochhausfassade könnte neue Impulse setzen.
Text: Laser, Robert, Leipzig
An den vergangenen stadtplanerischen Verwandlungen des Hallenser Riebeckplatz’ lässt sich mustergültig der Konflikt zwischen moderner Verkehrsplanung und der Sehnsucht nach greifbaren urbanen Lebensräumen ablesen. Mit dem Namen „Vorm Galgtor“ lässt sich im Mittelalter die hügelige Brache vorm östlichen Stadttor als eine Mischung aus Müllhalde, Richtstätte, Umschlagplatz und Schweinesuhle vorstellen. Erst mit dem Bauboom der Restaurationszeit nach den napoleonischen Kriegen und mit Errichtung des Bahnhofs, der 1890 öffnete, kann von einem „Platz“ gesprochen werden: Wohn- und Hotelgebäude umfassen einen siebenarmigen Kreisverkehr mit Gartenpark und Springbrunnen in der Mitte. Wie der Potsdamer Platz in Berlin oder die Plaza de Cibeles in Madrid war der „Leipziger Platz“ (später nach dem Industriellen Carl Adolf Riebeck umbenannt) einer der verkehrsreichsten Plätze des gründerzeitlichen Europas. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle historischen, zum Teil kriegszerstörten Gebäude am Riebeckplatz abgerissen. Der Verkehr am neu-en „Ernst-Thälmann-Platz“ wurde im Rahmen derErrichtung der Hochstraße nach Eisleben und Halle-Neustadt in drei Ebenen getrennt. Punkthochhäuser und Scheiben in Plattenbauweise sollten das neue Portal vom Bahnhof in die Stadt repräsentieren. Tatsächlich wurde dieser Stadtraum nun von einer kühnen Verkehrsform besetzt, die allerdings eine dunkle Atmosphäre in den Unterführungen und Orientierungslosigkeit auf den darüber liegenden Fahrbahnen nach sich zog.
2005 – ‘06 wurde der Riebeckplatz mit dem Ziel der verkehrstechnischen Entschärfung umgestaltet. Er wurde deutlich verkehrssicherer, blieb jedoch eine ungastliche Zone zwischen Bahnhof und Stadt. Dass diesem Prozess und der allgemeinen Immobilien- und Baurezession im Osten zwischen 2001 und 2010 viele reizvolle Architekturelemente des modernen Ensembles zum Opfer fielen, wie z.B. die überdachte Treppenanlage im Zentrum des Verkehrsknotens, die Aluminiumfassade am Haus des Lehrers sowie die zwei Punkthochhäuser, wurde in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Von offizieller Seite nahm man sich des Themas etwa 2009 im Verfahren „Hochhaustisch“ anlässlich der IBA Stadtumbau an.
Mit den aktuell steigenden Grundstückswerten und der Verpflichtung für eine umweltgerechte urbane Mobilität änderte sich der Blick auf die städtische Brache am Riebeckplatz. So wurden im Juni 2014 im Rahmen einer Städtebauwerkstatt unter fünf Architekturbüros und mit reger Bürgerbeteiligung Konzepte für das Gesamtareal erarbeitet, die erstmalig den Platz als reinen Verkehrsknoten in Frage stellten. Auf Basis dieser Ideen und des nachfolgenden Leitbildes von Max Dudler haben Eigentümer, die GP Papenburg Hochbau, und Stadt in mehreren Begleitgremien bis 2019 ein städtebauliches Strukturkonzept für die langfristige Entwicklung des Bereiches beauftragt. Dieses schlüssige Konzept von Schönborn Schmitz Architekten sieht eine Bebauung und Umgestaltung des Gebietes in sechs Abschnitten bis zum Rückbau der Hochstraße vor.
Inzwischen entstand bereits im Nord-Westen des Platzes ein erstes gesichtsloses Hotel, „The niu Ridge“. Nach diesem Fehlstart ist es gut, dass Anfang Februar ein Wettbewerb zur Fassaden- und unmittelbaren Freiraumgestaltung eines Kongresshotels mit Büros im Süd-Osten des Platzes entschieden wurde. Statt auf die Durchführung eines klassischen Hochbauwettbewerbes hatten sich die Auslober auf dieses eingeschränkte Verfahren geeinigt, da über städtebauliche Form, Nutzungsprofil und, mit HPP Architekten Leipzig, die Hochbauplaner bereits im Rahmen der Grundstücksvergabe entschieden worden war.
Aus zehn eingereichten Beiträgen wurden für jeden der drei Teilleistungsbereiche A B C ein 1. bis 3. Preis an jeweils unterschiedliche Architekturbüros vergeben. Es freut, dass unter Teilleistung C, dem städtebaulichen Umgriff, eine hohe Bedeutung im Wettbewerb eingeräumt wurde. Mit der Erstplatzierung von Schönborn Schmitz Architekten mit Querfeld Eins bleibt ein Planungsteam am Ball, das bereits im Rahmen des Strukturkonzepts die Probleme und Akteure gut kennengelernt hat. Die Arbeit verspricht durch zurückhaltende Wahl der Beläge und Begrünungen aber sorgfältigem Augenmerk auf die Ausformung und Benutzbarkeit der Niveaukanten einen ersten guten Stadtraum auf dem Weg zwischen Bahnhof und Stadt.
In der Kategorie A zur Fassade gewinnt mit dem Beitrag von KSP Jürgen Engel Architekten ein elegant aufstrebendes und rötlich schimmerndes Hochhaus am Platz. Dem Kriterium einer guten Fernwirkung wird das Bronzekleid gerecht. Der „erdende schwarze Findling“ als Sockel schafft überzeugend den Aufgang zum Busbahnhof. Es wird sich beweisen müssen, ob die Grundrisse der Planung von HPP und das versprochene Fassadenbild miteinander korrespondieren. Fraglich ist, ob das Haus mit der etwas hochmütigen und maßstabsbefreiten Fassade zum Platzentwurf passt – ob die Trennung im Wettbewerb wirklich durchdacht war. Die zweitplatzierte Arbeit von Schönborn Schmitz fällt durch Ihre liegende Bandfassade mit deutlichen Anleihen an Hochhausbauten der 1930er Jahre deutlich unter den Wettbewerbsbeiträgen auf, trifft aber damit gut den Maßstab des baulichen Kontexts und nimmt den Faden wieder auf, der ohne die zerstörerische Verkehrsplanung der Nachkriegszeit vielleicht hätte weitergesponnen werden können.
Durch den Wettbewerb erhält die Stadt Halle trotz eines Oberbürgermeisters, der sich we-nig für Architektur interessiert, und der GP Papenburg, die diesem OB nahesteht, die Aussicht auf hochwertige Architektur. Es hat sich gezeigt, dassdie umfangreiche Beteiligung der Öffentlichkeit der einzig mögliche Weg sein wird, den Riebeckplatz wiederzubeleben.
Nichtoffener Realisierungswettbewerb
Teilbereich A – Fassadengestaltung
1. Preis (20.000 Euro) KSP Jürgen Engel Architekten
2. Preis (10.000 Euro) Schönborn Schmitz Architekten,
Berlin
3. Preis (8000 Euro) HPP Architekten, Leipzig
Anerkennung (2000 Euro) Max Dudler, Berlin
Teilbereich A – Fassadengestaltung
1. Preis (20.000 Euro) KSP Jürgen Engel Architekten
2. Preis (10.000 Euro) Schönborn Schmitz Architekten,
Berlin
3. Preis (8000 Euro) HPP Architekten, Leipzig
Anerkennung (2000 Euro) Max Dudler, Berlin
jeder der 10 Teilnehmer erhielt 2200 Euro Aufwandsentschädigung
Teilbereich B – Begrünung von Dachflächen
1. Preis (2500 Euro) HPP Architekten, Leipzig
2. Preis (1500 Euro) Schönborn Schmitz Architekten, Berlin
3. Preis (1000 Euro) Max Dudler, Berlin
1. Preis (2500 Euro) HPP Architekten, Leipzig
2. Preis (1500 Euro) Schönborn Schmitz Architekten, Berlin
3. Preis (1000 Euro) Max Dudler, Berlin
jeder der 10 Teilnehmer erhielt 500 Euro Aufwandsentschädigung
Teilbereich C – Freiflächen
1. Preis (7500 Euro) Schönborn Schmitz Architekten, Berlin
2. Preis (4500 Euro) RKW Architektur +, Leipzig
3. Preis (3000 Euro) Schulz und Schulz Architekten,
Leipzig
1. Preis (7500 Euro) Schönborn Schmitz Architekten, Berlin
2. Preis (4500 Euro) RKW Architektur +, Leipzig
3. Preis (3000 Euro) Schulz und Schulz Architekten,
Leipzig
jeder der 9 Teilnehmer erhielt 1500 Euro Aufwandsentschädigung
Fachpreisrichter
Barbara Ettinger-Brinckmann (Vorsitz), Martina Kitzing, René Rebenstorf, Matthias Sauerbruch
Barbara Ettinger-Brinckmann (Vorsitz), Martina Kitzing, René Rebenstorf, Matthias Sauerbruch
Auslober
Papenburg Hochbau, Projektentwicklung, Halle an der Saale
Papenburg Hochbau, Projektentwicklung, Halle an der Saale
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