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USA, China, Hessen

Die Architektenkammer Hessen feiert ihren 50. Geburtstag und fragt auf ihrem Symposium: Wie wollen wir 2040 in Hessen leben?

Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt

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    Das Symposium fand im RheinMain CongressCenter RMCC in Wiesbaden statt.
    Foto: AKH/Christoph Rau

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    Das Symposium fand im RheinMain CongressCenter RMCC in Wiesbaden statt.

    Foto: AKH/Christoph Rau

USA, China, Hessen

Die Architektenkammer Hessen feiert ihren 50. Geburtstag und fragt auf ihrem Symposium: Wie wollen wir 2040 in Hessen leben?

Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt

Das Europa der Metropolen, die Infrastruktur von China und den USA, Ludwig Hilberseimer, New Towns oder Blockchain: Die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH) als Veranstalter des Symposiums, das diese Themen und noch viele mehr ansprach, dachte wohl selbst nicht daran, einen roten Faden in all diesen Inhalten ausmachen zu können. Aber das war auch egal. Sie feierte 50. Geburtstag. Mit einer Party und mit einer Konferenz namens „Räumliche Reflexion / reflexive Räume“. Man gönnte sich, einmal weit über den Architekten-Alltag hinaus zu denken, keine Lösungen zu haben, sondern zunächst Fragen zu stellen. Den Mut, eingefahrene Prozesse und Begriffsbilder zu hinterfragen, den AKH-Präsidentin Brigitte Holz von Politik und Planerbranche einforderte, bewies die Kammer selbst mit diesem Symposion.
Welche räumliche Einheit wird uns künftig Heimat sein? Das Europa der Nationalstaaten ist in der Krise. Der Politikwissenschaftler Julien Deroin erinnerte an Leopold Kohr, der für eine europäische Konföderation aus 40 bis 50 gleich großen Regionen plädierte. Deroin brachte demgegenüber das Europa der Metropolen ins Spiel, die als Knotenpunkte globaler Ströme fungieren, transnational vernetzt sind, freilich aber auch über keinerlei Machtressourcen und nur wenig institutionelle Repräsentation verfügen.
Stephan Petermann von OMA zeigte zunächst Grafiken von Infrastrukturen von China und den USA: Deutlich wurde, wie sehr das Reich der Mitte in Sachen Eisenbahntrassen oder Autobahnen nicht nur aufgeholt hat, sondern in Kürze die USA und Europa überflügeln wird. Diese enormen Anstrengungen sind laut Petermann Teil eines Plans, nicht nur die derzeit stagnierenden Metropolen wie Shanghai oder Bejing, sondern nun auch die Peripherie und das flache Land zu entwickeln.
Gerald Swarat vom Fraunhofer-Institut erklärte, dass weit mehr als zwei Drittel aller Deutschen nicht in Großstädten wohnen – und auf dem Land auch leben wollen. Diese Regionen könnten eine Alternative zu den überbelegten Metropolen sein, allerdings fehlen Konzepte zum Ausbau neuer digitaler Infrastrukturen. Der Raumplaner Rainer Danielzyk verwies auf Regionen wie etwa Ostwestfalen-Lippe, in denen höhere Löhne als in Großstädten gezahlt werden. Sie seien zwar metropolenfern, aber ökonomisch höchst erfolgreich. Dennoch verlieren sie jüngere und gut ausgebildete Arbeitskräfte, weil derzeit ein Konzept fehlt, das „Urbanität auf dem Lande“ ermöglicht.
Könnte „landscape urbanism“ eine Lösung sein? Charles Waldheim, Professor für Landschaftsarchitektur in Harvard, erinnerte an Ludwig Hilberseimers Theorie der dezentralen Stadt, die eine Alternative zum Gegensatz Stadt und Land darstellen, diese vielmehr integrieren soll. Die Londoner Stadtplanerin Katy Lock sprach über die „New Towns“ und wie diese in Großbritannien zur Entlastung der im 2. Weltkrieg vielfach zerstörten Ballungsräume gebaut wurden. Ebenezer Howards Garden City war Vorbild dieser Planstädte, wobei deren Bilanz nach heutigen Maßstäben nicht immer positiv ausfällt. Doch angesichts der drängenden Wohnungsfrage im Vereinigten Königreich diskutieren selbst die Tories, neue New Towns zu errichten. Vom Mieterparadies Wien erzählte die Architektin Gabu Heindl. Freilich, auch der Wiener Wohnungsbau bedürfe einiger „Nachjustierungen“. Diskutiert wird ein neues Instrumentarium, um der Bodenspekulation Herr zu werden.
Günther Vogt, der Zürcher Landschaftsarchitekt, kehrte nochmal zur Landschaft zurück: Für ihn ist sie eine Frage des Maßstabs, lieber spricht er von mehr oder weniger urbanisierten Gebieten. In Letztere werden Produktion von Lebensmitteln oder Energie sowie Freizeitaktivi­täten ausgelagert, wobei ehemalige urbanisierte Gebiete der Verwaldung und Verbrachung anheimfallen. Was ist überhaupt ein Wald? Hat er einen Willen? Mit diesen Fragen setzt sich Max Hampshire, einer der Initiatoren des Projekts terra 0, auseinander. Terra 0 stellt sich zur Aufgabe, mit er derzeit viel besprochenen Blockchain-Technologie ein Stück Wald 30 Kilometer östlich von Berlin mit allen benötigten Daten und Entscheidungsbefugnissen auszustatten, damit es sich selbst organisieren kann. Das Projekt stellt Fragen nach unserem Verständnis von Natur und der Wünschbarkeit eines computerunterstützten Ökosystems, das unabhängig vom Menschen agiert. Doch ein „verändertes Raumverständnis“, ein „neues Planungsverständnis“, wie sie Holz angesichts der aktuellen Herausforderungen fordert, wird ohne breite und fortgesetzte Diskussion dieser Fragen nicht möglich sein. Die Kammer hat zu ihrem Jubiläum einen richtigen Schritt gemacht.

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