Bauwelt

Vom Ende des Mülls

Das Programm Zero Waste Cities der NGO Zero Waste Europe vertritt und vereint europäische Städte und Gemeinden, die sich öffentlich zu dem Ziel bekennen, ihr Abfallaufkommen kontinuierlich zu reduzieren und ihre Ressourcen- und Abfallwirtschaft an Zero-Waste-Prinzipien auszurichten.

Text: Christen, Marou, Berlin

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Auswahl europäischer Zero-Waste-Städte
Quelle: Zero Waste Europe; Grafik: Elisabeth Wolf

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Auswahl europäischer Zero-Waste-Städte

Quelle: Zero Waste Europe; Grafik: Elisabeth Wolf


Vom Ende des Mülls

Das Programm Zero Waste Cities der NGO Zero Waste Europe vertritt und vereint europäische Städte und Gemeinden, die sich öffentlich zu dem Ziel bekennen, ihr Abfallaufkommen kontinuierlich zu reduzieren und ihre Ressourcen- und Abfallwirtschaft an Zero-Waste-Prinzipien auszurichten.

Text: Christen, Marou, Berlin

Im Angesicht des Klimawandels und der Ressourcenknappheit hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten ein international agierendes Netzwerk aus Aktivistinnen und Aktivisten gebildet, das einen strukturellen Wandel im Umgang mit unseren Abfällen verfolgt und thermischen Verwertungsanlagen und Mülldeponien den Kampf angesagt hat. „Zero Waste“, wörtlich übersetzt „Null Abfall“, heißt die Philosophie der Bewegung, die sich für eine müllfreie Zukunft einsetzt. Der Weg zum Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft, die den Ressourcenverbrauch und die Abfallproduktion durch das Schließen von Energie-, Produkt- und Materialkreisläufen minimiert. Dieses regenera-tive System steht im Gegensatz zum Modell der Linearwirtschaft, bei dem ein Großteil der eingesetzten Ressourcen nach der Nutzungsdauer der Produkte entsorgt und somit aus dem Wertstoffkreislauf entfernt wird.
Inzwischen gibt es zahlreiche Initiativen, die die Zero-Waste-Bewegung auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene koordinieren und vorantreiben. Sie beraten politische Entscheidungsträger und unterstützen Unternehmen und Kommunen bei der Entwicklung und der nachhaltigen Implementierung von Zero-Waste-Strategien. Im Jahr 2000 wurde die Global Alliance for Incinerator Alternatives (GAIA) gegründet – eine NGO, die als Mutterorganisation der Zero-Waste-Bewegung auf globaler Ebene auftritt und deren Netzwerk mehr als 800 Initiativen aus über neunzig Ländern vereint. Als europäischer Dachverband der GAIA folgte 2014 „Zero Waste Europe“ (ZWE) – ebenfalls eine Nichtregierungsorganisation. Sie wird durch das LIFE-Programm der Europäischen Union unterstützt. Mit dem European Green Deal legte die Europäische Kommission im Dezember 2019 einen Rahmenplan vor, der den Mitgliedsstaaten den Weg in eine kreislauforientierte, kohlenstoffneutrale Zukunft weist. Doch die konkrete Umsetzung von Zero Waste erfolgt auf lokaler Ebene. Zu diesem Zweck initiierte Zero Waste Europe das Programm Zero Waste Cities und entwarf einen Masterplan, der kommunalen Akteurinnen als Handreichung im Transformationsprozess dienen soll.
Dieser Masterplan definiert, was wir unter „Null Abfall“ verstehen und hebt drei Leitprinzipien hervor: Reduzieren und Wiederverwenden, zirkuläres Design, Abfallsammlung und geschlossene Kreisläufe. Die Prinzipien stehen im Mittelpunkt jeder lokalen Null-Abfall-Strategie. Darüber hinaus erläutert der Masterplan, warum es für Städte und Gemeinden attrak-tiv ist, die Entwicklung und Umsetzung eben solcher Strategien zu fördern. Dafür werden potenzielle soziale, wirtschaftliche und ökologische Vorteile aufgezeigt, die eine Übernahme des Zero-Waste-Ansatzes mit sich bringt. Im dritten Teil skizziert der Masterplan anhand unterschiedlicher Ausgangsszenarien, wie Kommunen die Entwicklung und die Umsetzung einer lokalen Null-Abfall-Strategie gelingen können. In Abhängig-keit vom jeweiligen Entwicklungsstand, das heißt je nachdem, ob eine Stadt oder Gemeinde bei Null anfängt, bereits erste Schritte in Richtung Zero-Waste unternommen hat oder die Effizienz der implementierten Maßnahmen steigern möchte, zeigt der Masterplan konkrete Handlungsoptionen auf. Sonderszenarien thematisieren darüber hinaus Herausforderungen und Möglichkeiten für Kommunen, die zum Beispiel von der Verbrennung zu kohlenstoffarmen Alternativen übergehen möchten oder die sich in abgelegen Gebieten oder auf Inseln befinden.
Das Programm Zero Waste Cities bietet neben digitalen Ressourcen auch vertiefende Workshops, Studienreisen und Konferenzen an, die eine Vernetzung der teilnehmenden Kommunen fördern und den Übergang zur Abfallvermeidung auf lokaler Ebene beschleunigen. Seit 2021 umfasst das Programm auch ein optionales Zertifizierungssystem, das von der NGO Mission Zero Academy entwickelt wurde. Das Zertifikat zeichnet besonders ambitionierte Kommunen als Vorreiter der Zero-Waste-Bewegung aus und soll den Zero-Waste-Begriff vor einem potenziellen Missbrauch durch Greenwashing-Praktiken schützen. Alle drei Jahre muss das Zertifikat erneuert werden. Dabei gibt es die Möglichkeit zur Verbesserung.
Inzwischen vereint Zero Waste Cities europaweit mehr als 480 Kommunen. Acht von ihnen sind zertifizierte Zero-Waste-Städte, weitere zwan-zig befinden sich aktuell im Zertifizierungsprozess. Den Anfang machte im Jahr 2007 die italienische Gemeinde Capannori. Mit Ljubljana schloss sich 2014 die erste europäische Hauptstadt der Zero-Waste-Bewegung an, und auch die deutschen Städte Kiel und München planen den „Müllausstieg“.
Auch außerhalb des Zero-Waste-Netzwerkes gibt es Städte und Initiativen, die sich erkennbar für einen strukturellen Wandel im Umgang mit unseren Ressourcen einsetzen. Eine davon ist die Stadt Wuppertal mit dem Projekt „Circular Valley“.

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