Bauwelt

In der Grenzstadt an der Oder

Im ehemaligen Packhof in Frankfurt (Oder) wird derzeit eine Ausstellung präsentiert, die die städtebaulichen und gesellschaftlichen Umbrüche der Stadt fotografisch dokumentiert.

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

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    Thomas Kläber: Frankfurt (Oder), Neuberesinchen, 1988/89; Silbergelatineabzug.
    Foto: Thomas Kläber

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    Thomas Kläber: Frankfurt (Oder), Neuberesinchen, 1988/89; Silbergelatineabzug.

    Foto: Thomas Kläber

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    Rudolf Hartmetz: Neube­resinchen, 1985; Silbergelatineabzug.
    Foto: Rudolf Hartmetz

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    Rudolf Hartmetz: Neube­resinchen, 1985; Silbergelatineabzug.

    Foto: Rudolf Hartmetz

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    Ingrid Hartmetz: Frankfurt (Oder), 1988; Silbergelatineabzug.
    Foto: Ingrid Hartmetz

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    Ingrid Hartmetz: Frankfurt (Oder), 1988; Silbergelatineabzug.

    Foto: Ingrid Hartmetz

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    Thomas Kläber: Frankfurt (Oder), Neu­­be­resinchen, 1988/89; Silbergelatineabzug.
    Foto: Thomas Kläber

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    Thomas Kläber: Frankfurt (Oder), Neu­­be­resinchen, 1988/89; Silbergelatineabzug.

    Foto: Thomas Kläber

In der Grenzstadt an der Oder

Im ehemaligen Packhof in Frankfurt (Oder) wird derzeit eine Ausstellung präsentiert, die die städtebaulichen und gesellschaftlichen Umbrüche der Stadt fotografisch dokumentiert.

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

Eine große Fotoausstellung in gleich sechs Räumen des ehemaligen Packhofs in Frankfurt (Oder), einer Dependance des Brandenburgischen Landesmuseums für moderne Kunst, widmet sich den stadträumlichen und gesellschaft­lichen Umbrüchen in der Grenzstadt an der Oder. Die präsentierten Werke dreier Fotografen entstanden unabhängig voneinander in der Zeitspanne vom Ende der 1970er-Jahre bis 2014. Rudolf Hartmetz, Ingrid Hartmetz und Thomas Kläber haben jeweils über lange Zeiträume und mit individueller Herangehensweise fotografische Erkundungen in Frankfurt (Oder) unternommen, die in der Gesamtschau eine facettenreiche Geschichte der mehrfachen Umstrukturierung einer Stadt im äußersten Osten Deutschlands erzählen.
Rudolf Hartmetz (1941–2007) dokumentierte als freischaffender Stadtfotograf in den 1970er- und 1980er-Jahren die städtebauliche Entwicklung von Frankfurt (Oder). Der Fotograf bevorzugte bei vielen seiner Aufnahmen die Vogelperspektive. Durch teils extreme Brennweiten schuf er die Illusion einer eng bebauten Stadt, in der sich Alt- und Neubauten zu dichten Panoramen fügten. Seine weitgehend menschenleeren Schwarzweiß-Aufnahmen fokussieren den Stadtraum weniger auf einzelne Gebäude. Er kehrte immer wieder zum Brunnenplatz zurück, wo ihm einige sehr poetische Fotos gelangen, etwa eine bildfüllende Fontäne vor dem Hotel Stadt Frankfurt (dessen Abriss 1993 von seiner Ehefrau Ingrid Hartmetz in einer eigenen Serie dokumentiert wurde) im Jahr 1978 oder, sieben Jahre später, Wege im Schnee mit ein paar auf dem riesigen Platz geradezu verloren wirkenden Gestalten.
Ingrid Hartmetz (*1941) fand erst mit dem Studium in Leipzig zur Fotografie. Ihr Schwerpunkt war die sozialdokumentarische Fotografie. In Frankfurt (Oder) erkundete sie ihr Wohnviertel „Halbe Stadt“ (1986–1988) mit abbruchreifen Häusern und neuen Plattenbauten, aber auch mit einer Warteschlange vor dem Weißen Rössel und einer Kinderwagenparade vor einem Kaufhallen-Schaufenster. Nach der Wende fertigte sie anlässlich der Eröffnung eines Einkaufszentrums (1994) eine künstlerische Serie mit Spiegelungen von Passanten. Zudem dokumentierte sie Graffiti und Parolen im öffentlichen Raum, die von einer neuen Zeit kündeten („Miethaie zu Fischstäbchen“, „Westspekulanten Raus“, „Deutsche eßt deutsche Banaen“, aber auch „Fascho verrecke“).
Auch Thomas Kläber (1955) hatte in Leipzig studiert, ehe er ab 1983 als freiberuflicher Fotograf in Kolkwitz bei Cottbus arbeitete. Sein besonderes Interesse galt dem seit Ende der 1970er-Jahre entstehenden Neuberesinchen und seinen Bewohnerinnen, die zeitweise ein Viertel der Bevölkerung von Frankfurt (Oder) ausmachten. Als er 1988/89 seine ersten Streifzüge durch den Plattenbau-Stadtteil unternahm, war die­ser vielerorts noch eine Baustelle – und ein im­pro­visierter Spielplatz für Kinder, die die Hauptakteure auf vielen von Kläbers Bildern sind. Seine späteren, zwischen 2005 und 2014 entstandenen Fotos – erstmals in Farbe – dokumentieren bereits den Leerstand und verrammelte Ge­bäude, den Abbruch von tausenden Wohnungen nach der Wende (nachdem Neuberesinchen zwei Drittel seiner Bewohner verloren hatte), verwilderte Wege, einen Tordurchgang mit Blick auf eine Kneipeninschrift „Endstation“, aber auch Wandbilder aus der Erbauungszeit, die eine (noch) unbeschwerte Zukunft verheißen. Ein ganz außergewöhnliches Foto ist ihm mit „Hexensprung“ (2005) gelungen, das sich erst bei genauerem Hinschauen als Flug an einem (im Bild nicht sichtbaren) Gleitschirm über den Dächern von Neuberesinchen entpuppt.
Frankfurt (Oder) im Blick.
Ingrid Hartmetz, Rudolf Hartmetz, Thomas Kläber, Packhof, Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Straße 11, 15230 Frankfurt (Oder)
Bis 18. August

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