Bauwelt

Richtig oder schief gewickelt?

Die robotisch gefertigte Fassade des Texoversums ist ein erster Schritt, zu zeigen, welches architektonische Potenzial im Bauen mit Fasern steckt

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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Herstellung der dreieckigen Fassadenelemente in der Werkstatt der Firma FibR
Foto: © FibR GmbH

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Herstellung der dreieckigen Fassadenelemente in der Werkstatt der Firma FibR

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Richtig oder schief gewickelt?

Die robotisch gefertigte Fassade des Texoversums ist ein erster Schritt, zu zeigen, welches architektonische Potenzial im Bauen mit Fasern steckt

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Hochleistungsfähige Tragwerke, gebildet von Strukturen aus Glas- und Carbonfasern (oder auch anderen Fasern), die von einem Roboter gewickelt werden: Daran forschen die Institute ICD und ITKE an der Uni Stuttgart seit über zehn Jahren, seit 2019 sind sie Teil des damals neu gegrün­deten Exzellenzclusters IntCDC. Wie kommt man auf die Idee, aus Fasern bestehende Tragwerke vom Roboter wickeln zu lassen? Die Lösung für welches Problem bietet das Prinzip? Ein Tragwerk, dessen Geometrie dem Verlauf der Kräfte folgt, die in ihm wirken, kann ungeheuer schlank ausfallen. Im Vergleich zu Tragwerken, die nicht gemäß ihrem Kräfteverlauf ausgebildet werden, lässt sich auf diese Weise eine Menge Material sparen. Das Problem dabei: Ein geometrisch optimal gestaltetes Tragwerk ist nie rechtwinklig oder flach, sondern immer in irgendeiner Weise gekrümmt. Und gekrümmte Strukturen lassen sich mit traditionellen Verfahren nur aufwendig herstellen, was sie meist unwirtschaftlich werden lässt und dazu führt, dass man geometrisch nicht optimale Tragwerke produziert und in Kauf nimmt, Material zu verschwenden.
An dieser Stelle kommen Tragwerke aus Faserverbundstoffen ins Spiel. Ihre optimale Ausformung, die Lage der einzelnen Fasern, die Verteilung von Glas- und Carbonfasern – all das lässt sich mit diversen Programmen detailliert berechnen. Und, wenn man auf die Hilfe eines Roboters zurückgreift, lässt es sich auch produzieren: Ein Roboter wickelt die harzgetränkten Fasern gemäß der Information, mit der er gefüttert wurde, über einen Rahmen. Nach dem Aushärten des Harzes werden die Rahmen abgenommen und für die Produktion weiterer Elemente verwendet. Das bestechende an robotischer Fertigung: Es ist möglich, den Roboter Variationen einer Grundstruktur fertigen zu lassen, ihm ist es egal, was genau er wickelt. Bei der Sekundärfassade des Texoversums sieht man das sehr schön. Die Konstruktion der Hülle basiert auf drei Grundelementen; innerhalb dieser Grundstruktur gibt es Varianten, je nachdem ob an der Stelle, an der das Element eingebaut wird, mehr oder weniger Sonnenschutz nötig ist (die Fasern also dichter oder weniger dicht gelegt werden müssen) oder ob dort ein direkter Ausblick möglich sein soll (also gar keine Fasern).
Ob das Texoversum zum Vorbild für ähnliche Sonnenschutzsysteme wird? Das ist auch eine Frage der Angemessenheit. Statisch seien die Fasern hier unterfordert, sagt Jan Knippers. Der Vorbildcharakter des Texoversums ist also vielleicht von anderer Art. Das Haus ist ein erster Schritt, zu zeigen, was man mit Fasern alles bauen kann, welches architektonische Potenzial in ihnen steckt. Und, nicht zu unterschätzen: Das Texoversum beweist, dass es möglich ist, Innovationen innerhalb relativ kurzer Zeit aus dem akademischen Kontext in die Baupraxis zu bringen.

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