„Ach, damals!“
Jan Friedrich öffnet Beiträge mit historischen Stadtfotos auf Facebook und Co. inzwischen mit spitzen Fingern
Text: Friedrich, Jan, Berlin
„Ach, damals!“
Jan Friedrich öffnet Beiträge mit historischen Stadtfotos auf Facebook und Co. inzwischen mit spitzen Fingern
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt noch auf Social Media unterwegs sind. Eine ganze Reihe jener, denen ich dort gerne gefolgt bin, haben ihre Aktivität eingestellt oder zumindest eingefroren, nachdem das Unternehmen Meta ankündigte, künftig keine Faktenchecker mehr beschäftigen zu wollen – also die Verbreitung von noch viel mehr Unwahrheiten zuzulassen. Soweit ich das verstanden habe, ist das innerhalb der EU gar nicht zulässig, aber unabhängig davon sehen viele hierzulande ihre Ankündigung, Facebook & Co. zu verlassen, auch als Zeichen an den Digitalkonzern: Es reicht! Ob solche „Austritte“ etwas nützen? Keine Ahnung. Ich beobachte das erst einmal, schon aus beruflichen Gründen, kann ich es mir nicht leisten, dem erstbesten Fluchtreflex nachzugeben. Ohnehin ist es in den sogenannten sozialen Medien gar nicht nötig, eine waschechte Lüge zu verbreiten, um andere zu manipulieren. Das funktioniert mindestens ebenso gut mit einer geschickten Kombination aus harmlos erscheinenden Bildern mit ebenso harmlos wirkenden Überschriften. Seit der Bundestagswahlkampf Fahrt aufgenommen hat, wird mir eine erfolgreiche Manipulationsstrategie regelmäßig als für mich angeblich interessant angeboten. (Weshalb eigentlich?) Das gestaltet sich folgendermaßen: Irgendjemand – oder vielleicht auch irgendein Programm, ein „Bot“ – veröffentlicht ein Foto, das irgendeine deutsche Stadt „früher“ zeigt, und schreibt dazu, wo und wann es aufgenommen wurde. Meist scheinen die Angaben zu stimmen. Keine Fälschung also. Muss es auch nicht sein, denn Foto und Bezeichnung dienen lediglich dazu, eine bestimmte Art von Kommentaren zu provozieren. Mit einem fast unschuldigen: „Ach wie schön, damals konnte man noch gefahrlos auf die Straße gehen!“, fängt es an. Schnell werden die Kommentare offener fremdenfeindlich, aber bleiben stets innerhalb der Legalität. Dann gibt es eine empörte Erwiderung, auf die schadenfroh erwidert wird, wie wunderbar sich der „linksgrüne Mainstream“ wieder einmal „triggern“ lasse, und so weiter. Das funktioniert mit Fotos von Eisdielen in 70er-Jahre-Fußgängerzonen, noch viel besser aber mit Bildern deutscher Städte vor ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Richtig ab geht es bei Fotos vom alten Königsberg.
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