Antimilitärischer Bunker in Brandenburg
Das Büro Maedebach & Redeleit ist spezialisiert auf den Bau von Laboren, Instituten und technischen Gebäuden. Im Februar dieses Jahres stellten sie ein Projekt fertig, das diese Kategorie bedient: Eine Gruppe von Bunkern mit „antimilitärischer“ Nutzung.
Text: Kraft, Caroline, Berlin
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Die Kubaturen sind jeweils streng an die Nutzung der Bunker gebunden – ...
Luftbild: Adrian Schulz
Die Kubaturen sind jeweils streng an die Nutzung der Bunker gebunden – ...
Luftbild: Adrian Schulz
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... hier eine Folge des Haustyps B.
Foto: Adrian Schulz
... hier eine Folge des Haustyps B.
Foto: Adrian Schulz
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Die Architekten verwandten viel Konzentration auf die präzise Detaillierung von Gestaltungselementen wie etwa Traufblechen.
Foto: Adrian Schulz
Die Architekten verwandten viel Konzentration auf die präzise Detaillierung von Gestaltungselementen wie etwa Traufblechen.
Foto: Adrian Schulz
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Die Haustypen sind teils nur zwanzig Quadratmeter klein. Haus A in seiner waldigen Nachbarschaft.
Foto: Adrian Schulz
Die Haustypen sind teils nur zwanzig Quadratmeter klein. Haus A in seiner waldigen Nachbarschaft.
Foto: Adrian Schulz
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Haus E ist in die Erde eingegraben, den tiefgelegte Bereich kleiden Eichenschwellen aus.
Foto: Adrian Schulz
Haus E ist in die Erde eingegraben, den tiefgelegte Bereich kleiden Eichenschwellen aus.
Foto: Adrian Schulz
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Am zentral gelegenen Haus D wurde im Verlauf der Planungen ein Vordach nötig.
Foto: Adrian Schulz
Am zentral gelegenen Haus D wurde im Verlauf der Planungen ein Vordach nötig.
Foto: Adrian Schulz
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Das Sozialgebäude ist am ehesten ein Haus.
Foto: Adrian Schulz
Das Sozialgebäude ist am ehesten ein Haus.
Foto: Adrian Schulz
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Doch auch hier gibt es Besonderheiten, etwa eine Stiefelwaschanlage.
Foto: Adrian Schulz
Doch auch hier gibt es Besonderheiten, etwa eine Stiefelwaschanlage.
Foto: Adrian Schulz
Ein Waldstück im Herzen Brandenburgs, eine schnurgerade asphaltierte Straße, an vielen Stellen stark ausgebessert, durchschneidet den lichten Baumbestand. Hier und da zweigen Forstwege ab, eine Mauer, teils mit eindrucksvollem Graffiti besprüht, größtenteils aber vor allem mit Flechten und Moos bewachsen, zeugt von der Anwesenheit auch anderer Menschen als Förster und Jägerinnen. Doch damit nicht genug: Was sind das für Objekte gleich nebenan, teils organisch, teils kantig geformt, manche grasüberwuchert und allesamt von leuchtendem Rot?
Der Wald, so märchenhaft die Assoziationen mit diesem Landschaftsraum auch sind, ist weithin eben das nicht mehr: märchenhaft. Schon jahrzehnte-, wenn nicht jahrhundertelang haben Menschen ihn kultiviert, nicht nur für die Jagd und Holzproduktion. Wald spielt – man denke an den Teutoburger! – von jeher auch eine Rolle in militärischer oder ziviltechnischer Hinsicht. Hier in Brandenburg schirmt er potenzielle Gefahrenquellen von der Bevölkerung ab. Er beherbergt Bunker – neue Bunker an der Stelle von alten. Sie sind, so erklärt Stefan Fischer, der die roten Kleinarchitekturen für Maedebach & Redeleit Architekten als Projektleiter entwickelt hat, anti-militärische Bunker. Das Gelände, durch vor eventuellen Explosionen schützenden Erdwällen topografisch geprägt, ist noch heute Gefährdungsgebiet, im Boden könnte alte Munition verborgen sein. Auf zwölf Hektar Land verteilt, die zuvor von Nazi-Deutschland, in Folge durch die Rote Armee ganz und gar militärisch bespielt worden waren, stehen nun elf eigenwillige, grellrote Baukörper, die nicht zu allererst die Funktion von Schutzräumen erwarten lassen. Sie hüllen sich in alles andere als Camouflage. „Rot“, erklärt Fischer, „ist eine Signalfarbe.“ Ein Achtungszeichen.
2013 erhielten das Berliner Architekturbüro vonzwei Hand in Hand arbeitenden Landesbetrieben den Auftrag, eine Machbarkeitsstudie für dieEntwicklung der Liegenschaft zu erstellen. Die Ruinen aus dunkler Zeit, eingestürzt und überwuchert, sollten für Sicherheitsbelange der Gegenwart aufgerüstet werden. Die Umnutzung der Bestandsbunker kam nicht in Frage, zu hoch waren die technischen Anforderungen an die neue An-lage, bei der jede Einheit schwellen- und fugenlos, beheizbar und individuell belüftet sein muss-te. Außerdem war eine vollends komplementäre Nutzung vorgesehen.
Im Wald blitzt also nun Signalrot zwischen Braun und Grün hervor, stehen künstlich-gerade Kanten im Gegensatz zu windschiefen Baumstämmen. Die elf neuen Bunker, allesamt hochkomplexe technische Sonderbauten, fallen unter mehrere der Schwerpunktthemen von Maedebach & Redeleit: Labor- und Institutsbauten sowie hochkomplexe technische Bauten. Jede der Kubaturen definiert sich durch ihre Funktion – die Winkel und Stärken einzelner Bauteile sind auf potenzielle Gefahrenwirkungen durch explosives Material ausgelegt. Was alle eint, ist ihr Kleid aus rotem Trapezblech. Das Projektteam entschied sich, mit der neuen Bebauung einen bewussten Gegenpol zur Natürlichkeit zu setzen, nicht, wie die Altbauten, den ungelenken Versuch von Tarnung zu unternehmen. Diese Bunker dienen keinem Kriegszweck sondern der „Abrüstung“ und Entschärfung, entsprechend änderten die Planer gänzlich die Prämisse ihrer Gestaltung.
Bevor die Bauobjekte im Wald landen konnten, betrieben Architekten, Statikerinnen und Inge-nieure aufwändigste Tests. Sechzig Prozent der Kosten des Projekts entstanden durch den Rohbau. Zum Teil sind die Einheiten nur zwanzig Quadratmeter groß, alle mit extremer Sorgfalt geplant und ausgeführt. Das war einerseits der hohen technischen Anforderungen halber ein Muss und ist andererseits auch der Leidenschaft der Architekten für das Projekt zu verdanken. Unter anderem für die blechernen Tropfkanten, erinnert sich Fischer, zeichnete sein Team über zweihundert Details; sogar an der Suche nach und an der Entwicklung von spezifischen tech-nischen Gerätschaften beteiligten sich die Planerinnen.
Die Umrisse aller Häusertypen sind schwer einzuordnen, erinnern an Satteldach-Bauten mit kubischen Subtraktionen, an einen Vulkan oder einen sitzenden Vogel mit aufgestelltem Kamm. In sicherem Abstand – die Einheiten dürfen keine bauliche Verbindung zueinander haben – folgt ihre Anordnung offenbar einer eigenen Logik. Wie Schachfiguren stehen sie auf einem Raster. Bedeutungsschwer steht Haus D (der „Vulkan“), von oben X-förmig, in der Mitte des Felds. Die Objekte, abgesehen von den Grashügeln in fünffacher Ausführung (Haus Typ B), variieren formal stark. Nutzungsbedingt müssen manche Bautypen von Erde bedeckt sein.
Darf im „herkömmlichen“ Sinn in Bunker keine Gefahr hinein dringen, so ist im brandenburgischen Wald der Umkehrschluss gefragt: sie darf nicht heraus. So bieten die Außenerscheinungen der Neubauten keinen Anhalt zur Nutzungs-Interpretation. Lediglich das „Sozialgebäude“ direkt an der Zufahrtsstraße vermittelt mit breitem Dachüberstand die Gewissheit, dass die Anlage für Menschen geplant sein könnte und nicht etwa für Forschungsroboter. Innen gibt es Umkleiden, Sanitärräume und einen Gemeinschaftsbereich mit Stiefelwaschanlage.
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