Bauwelt

Wohnhaus an der Via San Simpliciano 6 in Mailand


Einheit multipler Maßstäbe: Wohnhaus von Luigi Vietti, 1964–66


Text: Floridi, Giancarlo, Mailand


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    Horizontalen und Vertikalen bilden ein fein austariertes Liniennetz auf der Fassade.
    Foto: Piercarlo Quecchia

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    Horizontalen und Vertikalen bilden ein fein austariertes Liniennetz auf der Fassade.

    Foto: Piercarlo Quecchia

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    Blick durch die Via S. Simp­liciano nach Norden, hinten die Kirche gleichen Namens.
    Foto: Piercarlo Quecchia

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    Blick durch die Via S. Simp­liciano nach Norden, hinten die Kirche gleichen Namens.

    Foto: Piercarlo Quecchia

Die Via Cavalieri del Santo Sepolcro im Zentrum von Mailand wurde nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt, nachdem die Manera-Kasernen wieder in ein religiöses Gebäude umfunktioniert worden waren. Die neue Straße durchquert den ehemaligen Bereich der Obstgärten der Adelspaläste aus dem 18. Jahrhundert, die noch immer zur Via Pontaccio hin ausgerichtet sind. Entlang der neuen Straße befinden sich drei Gebäude von BBPR, Caccia Dominioni und Luigi Vietti (1903–1998), die die Ambiguität zwischen Natur und Stadt, Stadtblock und isoliertem Element auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck bringen. Insbesondere das von Vietti geplante Bürogebäude definiert die Ecke der neuen Straße mit der historischen Via San Simpliciano, aber es erreicht dies, indem es wie ein autonomes Element wirkt, das sich von den Nachbargebäuden ablöst, obwohl es diese in präziser Ausrichtung fortsetzt.
Das Volumen wird aufgrund seiner Kompaktheit und der Wiederholung seiner Einzelelemente als einheitliches Objekt definiert, aber insgesamt bestimmt es eine Vielzahl von Maßstäben, die dadurch gekennzeichnet sind, dass jede Fassade als einem eigenen Gebäude zugehörig lesbar wird. Das Dach definiert dagegen jede Fassade mit den großen Ecken mit der Autonomie, die Einzelgebäude haben würden.
Die Fassade führt innerhalb der Regelmäßigkeit von Modulen Variationen ein, die sowohl mit der Beziehung zur Straße auf der einen Seite als auch zum Garten auf der anderen Seite zusammenhängen. Außerdem entsteht eine klassische Proportion zwischen dem Sockel mit den riesigen Pfeilern und dem oberen Teil aus schlanken, sich überlappenden und eigenständigen Pfeilern, die durch die doppelten horizontalen Bänder, welche die Vertikalität unterbrechen, betont werden. Die Fassade wird also durch eine Reihe von vertikalen Elementen mehrdeutig definiert und durch das Verhältnis zwischen blickdichten horizontalen und transparenten vertikalen Teilen zur Reihung von klassischen Fenstern. Die abstrakte moderne Formensprache einer entschieden durchgehenden Fassade wird kombiniert mit dem traditionell anmutenden materiellen Ausdruck der gehämmerten Verkleidung aus rotem Veroneser Marmor, den opaken Teilen aus dunklem Holz, der figurativen Präsenz des auskragenden Daches, dem ländlichen Charakter der Terrassen und Loggien in ihrer raffinierten Einfachheit, die sich gegen das Volumen zum Garten hin lehnen.
„C’est avec le passé qu’on fait l’avenir“, sagte A. France, der von Luigi Vietti in einem Interview über seine Beziehung zum Zeitgeschehen zitiert wurde: Die Zukunft macht man aus Vergangenheit. Viettis anti-ideologische Haltung zeigt sich in seiner Fähigkeit, Materialien und Formen zu definieren, die dem Thema der Koexistenz von Stadt und Garten und der Proportion der Öffnungen, die Fenstern von Gebäuden des 18. Jahrhunderts ähneln, entsprechen: rationalistisch, weil es dem Problem entspricht, das sich stellt, mit konstruktiven Elementen, die notwendig und der Aufgabe angemessen sind, eingefügt in den Kontext und auf diesen bezogen. Das Projekt beruht auf der Definition wesentlicher Elemente, welche die moderne Dimension mit der traditionellen auf der gleichen Ebene der Einfachheit und einer Art von Ästhetik der Ökonomie der Mittel in Einklang bringen.



Fakten
Architekten Vietti, Luigi (1903–1998)
Adresse Via S. Simpliciano, 6 20121 Milano MI Italien


aus Bauwelt 18.2022
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