Wohnturm für Bremen
Oft wird die Erscheinung eines Neubaus mit sogenannten ortstypischen Materialien begründet. Hild und K sind in der Bremer Neustadt einen anderen Weg gegangen.
Text: Crone, Benedikt, Berlin
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Ungewöhnliche Form, ungewöhnliche Verkleidung: der achtgeschossige Neubau am Bremer Hohentorsplatz am Rande der Neustadt.
Foto: Michael Heinrich
Ungewöhnliche Form, ungewöhnliche Verkleidung: der achtgeschossige Neubau am Bremer Hohentorsplatz am Rande der Neustadt.
Foto: Michael Heinrich
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Hinter dem Haus befinden sich Feuerwache und Recyclinghof.
Foto: Michael Heinrich
Hinter dem Haus befinden sich Feuerwache und Recyclinghof.
Foto: Michael Heinrich
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Davor: Straßenkreuzung, der Park der Neustadtwallanlagen und die hippe Neustadt.
Foto: Michael Heinrich
Davor: Straßenkreuzung, der Park der Neustadtwallanlagen und die hippe Neustadt.
Foto: Michael Heinrich
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Wohnung in den oberen Geschossen: ...
Foto: Michael Heinrich
Wohnung in den oberen Geschossen: ...
Foto: Michael Heinrich
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Die kleinste der 52 barrierefreien Wohnungen ist 30, ...
Foto: Michael Heinrich
Die kleinste der 52 barrierefreien Wohnungen ist 30, ...
Foto: Michael Heinrich
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... die größte 74 Quadratmeter groß.
Foto: Michael Heinrich
... die größte 74 Quadratmeter groß.
Foto: Michael Heinrich
Viel Überzeugungsarbeit musste Matthias Haber nicht leisten, als er eine grüne Fliese aus seiner Aktentasche zog. Sein Team könne sich die Fassade auch in dieser Farbe vorstellen, kommentierte der Architekt während der Entwurfspräsentation beim Bauherrn. Bis dahin war das Wohngebäude, das zwischen den Bremer Stadtteilen Alte Neustadt und Neustadt entstehen sollte, noch in beige geplant gewesen.
Das Architekturbüro Hild und K hatte den Einladungswettbewerb der Gewoba gewonnen, und die Kubatur stand fest: Ein hohes Haus sollte es werden, wenn auch noch kein Hochhaus. Auf einem sechseckigen Grundriss würde es auf einem früheren Parkplatz wieder einen Hochpunkt darstellen, wo bis ins 19. Jahrhundert das Hohentor stand.
Nun also die grüne Fliese. Symbolisch gesehen ist Grün für Bremen – auch jenseits des Fußballvereins – keine ungewöhnliche Farbe. Schließlich ist die Stadt weitläufig durchgrünt und so von Wasserläufen durchzogen, dass Senatsbaudirektorin Iris Reuther daraus ein „grün-blaues“ Leitbild entwickelt hat. Am Grundstück des Neubaus am Hohentorsplatz befinden sich saftig grüne Parks, die den früheren Wallverlauf links der Weser nachzeichnen. Und doch ist eine grüne Fliesenfassade im rötlichen Backsteinnorden zumindest eine Überraschung. „Grün weckt viele positive Assoziationen“, ergänzt argumentativ Johann Christian Plagemann, Projektleiter Neubau der Gewoba. Vielleicht braucht es auch gar keine weitere Herleitung, um Gefallen an einer je nach Tageslicht und Jahreszeit nuancierenden Fassade zu finden. Das Auge ist fast dankbar, mit seinem Blick den Verlauf der schimmernden, im senkrechten Halbverbund gesetzten Fliesen hinaufgleiten zu dürfen, statt sich wie so oft an der rauen Ödnis einer WDVS-Fassade zu ermüden. Auch andere Details tragen dazu bei, dass der frei stehende Bau von mehreren Seiten als Betrachtungsobjekt taugt: Der Grünton wird nach oben hin heller, unterschiedlich profilierte Gesimse zonieren das Haus und die unteren Geschosse mit scharfkantiger Kubatur bilden eine Art Sockel für die oberen Geschosse mit abgerundeten Ecken.
Flächeneffizienz!
Spätestens wenn man den Eingang betritt und auf eine Wendeltreppe mit verspieltem Handlauf blickt, die sich mit ihrem kräftigen Betonunterbau um einen Leucht-Stab zwirbelt, kommt einem die Frage in den Sinn, wie bei so viel Detailarbeit geförderte Mieten von 6,50 Euro bis 7,20 Euro den Quadratmeter möglich sein können? Nur in den obersten zwei Geschossen befinden sich auch frei finanzierte Wohnungen – mit immer noch verkraftbaren Preisen von 10 bis 12 Euro. Es rechne sich, sagt Plagemann, allein durch die Flächeneffizient: mehr Höhe, geringe Grundfläche und ein innenliegendes Treppenhaus. In den acht Geschossen konnten 52 Wohnungen untergebracht werden, vor allem für kleine Haushalte und Studierende. Statt einer Tiefgarage gibt es im Erdgeschoss einen Raum für Fahrräder und an der Straße Parkplätze für das von der Gewoba unterstützte Car-Sharing-Angebot.
Auf dem Gründach stehen Solarzellen zur Teilversorgung der Wohnungen. Selbst der recht große Gewerberaum war in dieser Lage verhältnismäßig leicht zu vermieten, an eine Pizzeria. Nur auf Balkone musste aus Lärmschutzgründen verzichtet werden. Unter diesen Umständen ist eine umlaufende Fassade aus Fliesen, die von Hand auf eine mineralische Dämmung gesetzt wurden, nicht der entscheidende Kostenfaktor – vor allem dann, wenn man an einer günstigen Instandhaltung auch der Außenhaut eines Gebäudes auf Jahrzehnte interessiert ist. Und das trifft auf einen Bestandshalter wie die Gewoba eher zu als auf einen privaten Entwickler, dessen Geschäftsmodell darin besteht, die Wohnungen bald nach Fertigstellung wieder zu veräußern.
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