Bauwelt

Tutti chiuso!

Beatrix Flagner trinkt dann wohl erst nächsten Sommer einen Campari Spritz im Tutti-Kiosk auf dem Georg-Büchner-Platz in Darmstadt.

Text: Flagner, Beatrix, Berlin

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Beatrix Flagner trinkt dann wohl erst nächsten Sommer einen Campari Spritz im Tutti-Kiosk auf dem Georg-Büchner-Platz in Darmstadt.

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Beatrix Flagner trinkt dann wohl erst nächsten Sommer einen Campari Spritz im Tutti-Kiosk auf dem Georg-Büchner-Platz in Darmstadt.


Tutti chiuso!

Beatrix Flagner trinkt dann wohl erst nächsten Sommer einen Campari Spritz im Tutti-Kiosk auf dem Georg-Büchner-Platz in Darmstadt.

Text: Flagner, Beatrix, Berlin

Ein kleiner weißer Holzbau steht unter den Kolonnaden am Haupteingang des Darmstädter Staatstheaters. Der Kulturkiosk „Tutti“ sollte dort bis Oktober stehen, als „sinnlicher Berührungspunkt zum Medium Theater“, als Anlaufpunkt für Künstler und Aktivisten als Ausschank für Bürger, als Station für den Verleih von Spielen – ein gemeinsames Projekt des Theaters, des Gestaltungsbüros DIESE Studio und einer örtlichen Bar. Oberbürgermeister, Stadtbaurätin und Kulturreferent begrüßten das Projekt, anlaufen wird es dennoch nicht, der kleine Bau wird gar abgebaut. Der Grund: Arno Lederer, Jórunn Ragnasdottir und Marc Oei, die Architekten des Theaters, fordern in einem offenen Brief „von diesem, die Architektur des Theaters entstellenden Vorhaben abzusehen“. Sie sehen ihr Urheberrecht verletzt und werden deshalb die Angelegenheit anwaltlich klären lassen. Der BDA Hessen unterstützt und sieht das Ensemble durch den Kiosk bedroht.
Ist die Ansicht eines Gebäudes wichtiger als ein belebter Platz? Ist die gewahrte Symmetrie zwingender als spielende Kinder, Gespräche, öffentliche Aktionen und ein Spritz in der Abendsonne? Die Architekten sprechen von einer Entwertung des Platzes und beurteilen den Tutti-Kiosk damit rein formal-ästhetisch, ohne den Inhalt und das Programm zu berücksichtigen. Die Initiatoren sehen den kleinen Holzbau als gebaute Basis für ein Kulturprojekt im öffentlichen Raum. Hat die Pandemie die Notwendigkeit öffentlicher Räume und deren Sicherung nicht deutlich gemacht? Ganz besonders in diesem Sommer auf Abstand, in dem coronabedingt immer noch viele kulturelle Begegnungsorte geschlossen sind, sind temporäre Interventionen das Abbild einer aktiven Stadtgesellschaft und einer wechselhaften Stadtkultur. Soll das Theater lieber eine starre Kulturinstitution sein, als ein lebendiger Organismus? Wenn es nach den Architekten geht, anscheinend ja. Tutti chiuso − geschlossenes Tutti!
Wenn bei einem temporären Kulturkiosk mit dem Urheberrecht gedroht wird, überrascht es nicht, dass Architekten in der breiten Öffentlichkeit als eigenwillige Ästheten wahrgenommen werden und nicht als Planer für Menschen.

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