Bauwelt

Olympia in: Marseille

Vom 26. Juli bis zum 11. August finden in Paris die XXXIII. Olympischen Spiele der Neuzeit statt. Aber auch Marseille wird während dieser Tage Olympiastadt sein – als Austragungsort der Wettkämpfe im Segeln.

Text: Koller, Michael, Marseille

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Die Marina Rouchas Blanc wurde für Olympia ertüchtigt. Blick nach Süd-osten zum Massif de Marseilleveyre. Wer entdeckt Le Corbusiers Unité d’Habitation?
Foto: Ville de Marseille

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Die Marina Rouchas Blanc wurde für Olympia ertüchtigt. Blick nach Süd-osten zum Massif de Marseilleveyre. Wer entdeckt Le Corbusiers Unité d’Habitation?

Foto: Ville de Marseille


Olympia in: Marseille

Vom 26. Juli bis zum 11. August finden in Paris die XXXIII. Olympischen Spiele der Neuzeit statt. Aber auch Marseille wird während dieser Tage Olympiastadt sein – als Austragungsort der Wettkämpfe im Segeln.

Text: Koller, Michael, Marseille

Paris hatte sich bereits um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2012 beworben, damals gegenüber London aber den Kürzeren gezogen. Seither haben sich die Randbedingungen und Auswahlkriterien deutlich verändert: Die Frage der Nachnutzung der Olympischen Sportstätten ist zum zentralen Punkt der Veranstaltung geworden. Wurde in London noch ein ganzer Olympiapark neu errichtet, zielte Paris bei seiner Bewerbung um die diesjährigen Spiele auf die Weiternutzung und den Ausbau bestehender Sport- und Verkehrsinfrastrukturen sowie auf die Schaffung zentrumsnahen und langfristig nutzbaren Wohnraums ab.
Was für Paris gilt, trifft auch auf Marseille zu, mit über 873.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Frankreichs – und ebenfalls Austragungsort der Spiele. So werden einige der olympischen Fußballspiele im Stadion Orange Vélodrome stattfinden, das für die Europameisterschaft 2016 vom Architektur- und Stadtplanungsbüro SCAU saniert, überdacht und auf 67.000 Plätze erweitert worden war. Für die Ausrichtung der Segelwettkämpfe in Marseille wurde der kleine Yachthafen im Stadtteil Roucas-Blanc umfassend erneuert.

Ein Umbau. Ein Umbau?

Beim Entwurf für die Olympische Marina hat das Planungsteam Rougerie + Tangram und Carta – Reichen et Robert associés auf Nüchternheit und Einfachheit gesetzt und dabei vor allem die Nachnutzung des Areals im Sinn gehabt. Roucas-Blanc ist ein Teil des 7. Arrondissements, dessen Topografie durch steil ins Meer abfallende „weiße Felsen“ geprägt ist. Am Fuße dieser Steilküste hat man Strände angelegt; über der beliebten Plage du Prophète klemmt sich die Uferstraße, die Corniche Kennedy, wie ein Balkon in den Steilhang. Am südlichsten Ausläufer dieser spektakulären Promenade und wichtigen Verkehrsverbindung liegt die Marina Roucas Blanc. Von der Corniche Kennedy aus sind sowohl die Marina mit insgesamt rund 8280 Quadratmetern Geschossfläche (davon etwa 7800 Quadratmeter Neubau und 480 Quadratmeter Revitalisierung) als auch der angrenzende rund 17.000 Quadratmeter große Park kaum wahrnehmbar.
Streng genommen handelt es sich beim Olympischen Yachthafen nicht um einen Neubau, sondern um die Modernisierung und Erweiterung des bestehenden Sporthafens. Allerdings kommen die Umbauarbeiten de facto einem Neubau gleich. Die sorgfältige Analyse der in die Jahre gekommenen Anlage hatte ergeben, dass die Pavillonbauten den heutigen Standards für Sportanlagen dieser Art und den Anforderungen der Olympischen Spiele nicht entsprachen. So blieb das bisherige Gebäude der Küstenwache im Norden der Anlage zwar erhalten, wurde aber vollkommen umgebaut und erweitert. Im Süden entstanden rund um das annähernd kreisförmige Hafenbecken Neubauten für die städtische Segelschule, ein nautisches Zentrum, den Eingangsbereich mit Empfangs-, Veranstaltungs- und Büroflächen und nicht zuletzt das Nationale Segelzentrum – der zentrale Austragungsort der Olympischen Spiele in Marseille.
„Mit der Schlichtheit und Funktionalität der Baukörper wollten wir uns in erster Linie auf die Weitergabe und Übermittlung der Begeisterung für den Segelsport und das Meer konzentrieren und die Architektur in den Hintergrund rücken“, betont Architekt Jacques Rougerie und erläutert wei-ter: „Die Bauten müssen nicht nur mechanischen Beschädigungen standhalten, sondern auch den bauphysikalischen Beanspruchungen durch die salzhaltige Meeresluft und den starken und mitunter lang andauernden Mistralwinden gewachsen sein.“
Die Architekten vergleichen die Komposition des Yachthafens mit einer Arena, in der die einfachen Gebäudekörper radial um das windgeschützte Becken organisiert wurden; die Abstände zwischen den Bauten ermöglichen nicht nur eine funktionelle Trennung der verschiedenen Nutzungen, sondern auch eine leichtere Zugänglichkeit der Hallen. Es entstehen Sichtachsen vom Park auf der Landzunge zur Wasserfläche und vom Hafenbecken auf die dahinterliegende Stadt. Die Gebäude und die Außenräume sind in der Absicht entworfen, dass sich die Sportlerinnen und Sportler die Anlage im Alltag für jegliche Art von Training und Segelwettkämpfen zu eigen machen können.

Event City Marseille

Die Verwendung bestehender Infrastrukturen, das geringe Budget und der Fokus auf die Nachnutzung resultierten im Falle des Yachthafens Rou-cas Blanc architektonisch gesehen in wenig spektakulären, aber effizienten Bauten. Angesichts der Funktion der Anlage und ihrer Lage an der Schnittstelle zwischen Land und Meer spielte der landschaftsarchitektonische Entwurf des Marseiller Büros STOA eine wesentliche Rolle. Der öffentliche Strand wurde verlängert, wasserdurchlässige Bodenoberflächen geschaffen, 130 neue Bäume gepflanzt, die Dachflächen mit Pflanzen-arten begrünt, die heißen und trockenen Mittelmeerklima standhalten – das sind nur einige Beispiele der umgesetzten Maßnahmen.
Neben den Sportstätten bildet der Alte Hafen von Marseille mit einer Vielzahl von temporären Installationen den zentralen Veranstaltungsort während der Spiele. Die Straßen und Kais rund um den Vieux Port waren 2013 als Teil der Europäischen Kulturhauptstadt Marseille von Foster + Partners, Tangram Architectes und dem Landschaftsarchitekten Michel Desvigne weitgehend zur Fußgängerzone umgestaltet worden. Dicht gedrängt standen die Menschen auf den breiten Kais und Bürgersteigen, als am 8. Mai das Olympische Feuer in einem Riesenspektakel Marseille erreichte.

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