All the Queens Houses
An Architectural Portrait of New York’s Largest Borough
Text: Hamm, Oliver G., Berlin
All the Queens Houses
An Architectural Portrait of New York’s Largest Borough
Text: Hamm, Oliver G., Berlin
Nein, es handelt sich nicht um einen Überblicksband der Schlösser, in denen die 2022 gestorbene Queen Elizabeth II. ihre siebzigjährige Regentschaft verbrachte. Vielmehr gibt der hand-liche Führer einen Überblick über die ungeheuere Vielfalt der überwiegend zwei- oder dreigeschossigen Wohnhäuser in New Yorks größtem Stadtteil Queens, Heimat von mehr als einer Mil-lion Menschen, die aus anderen Teilen der Welt eingewandert sind und sich hier ebenso eingerichtet haben wie eine gute weitere Million „native New Yorkers“. Im Jahr 2013 begann der spanischstämmige Künstler und Architekt Rafael Herrin-Ferri, systematisch die 73 Bezirke zu durchstreifen und hunderte von individuell geprägten Haustypen zu fotografieren – nach dem Vorbild von Bernd und Hilla Becher überwiegend in frontaler Ansicht und immer bei bedecktem Himmel. Seine textlichen Kurzporträts jedes abgebildeten Hausunikats – nie mehr als zehn Zeilen – sind dicht an Informationen über das jeweilige Gebäude und dessen Bauhistorie (vie-le der dokumentierten Einzel-, Doppel- und Reihenhäuser, von denen ein großer Teil aus den 1920er- bis 1940er-Jahren stammt, wurden zwischenzeitlich mal umgebaut oder erweitert), aber auch über den stadträumlichen und -kulturellen Kontext. Ebenso humoristisch wie treffend sind die Bezeichnungen der einzelnen, oft sehr individuell gestalteten Bauwerke, etwa Scary Tudor, Ranch House in Wonderland, East Elmhurst Gropius, Queen Anne Cartoon, Accidental Deconstructivist, Halloween in Hollis, Gnome Home, Baby Blue Citadel und Star-Spangled Shotgun. Herrin-Ferris persönlicher Favorit: Sun Deli Penthouse, ein um 45 Grad verdrehter Kubus, der 2006 über einem eingeschossigen Laden aus dem Jahr 1928 errichtet wurde. „Queens is the future“ ist der Einführungstext von Joseph Heathcott be-titelt, eine einzige Liebeserklärung an diesen sehr speziellen, in vielem erstaunlichen und doch weitgehend unbekannten Stadtteil, der um 1900 erst 150.000 Einwohner zählte und bis 1930 noch zu 70 Prozent aus Einfamilienhäusern bestand (in der Bronx waren es zur gleichen Zeit nur 18,5 Prozent), jedoch 1939/40, zur ersten von zwei dort ausgetragenen Weltausstellungen, bereits die Millionengrenze überschritt. Aufgrund seiner – in den gesamten USA ethnisch diversesten – Bewohnerschaft auch „World’s Borough“ genannt, hat Queens seinen weitgehend vorstädtisch geprägten Charakter eines „global village“ ohne eindeutiges Zentrum bis heute bewahrt. Wenn es überhaupt etwas an dem Buch zu kri-tisieren gibt, dann ist es das Versäumnis, die genaue Adresse der porträtierten Bauwerke aufzulisten; daher müssen sich Flaneure mit diesem etwas anderen Architekturführer in der Hand gewissermaßen auf Schatzsuche begeben, wenn sie durch den Grid mit 271 nord-süd- und 161 ost-west-gerichteten Straßen streifen. Rafael Herrin-Ferri hat übrigens sieben Jahre gebraucht, bis er alle Fotos im Kasten hatte.
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