Bauwelt

Bloch & Guggenheimer

Ein jüdisches Architekturbüro in Stuttgart

Text: Heißenbüttel, Dietrich, Esslingen am Neckar

Eventteaser Image
  • Social Media Items Social Media Items

  • Social Media Items Social Media Items


Bloch & Guggenheimer

Ein jüdisches Architekturbüro in Stuttgart

Text: Heißenbüttel, Dietrich, Esslingen am Neckar

Das hundertjährige Bestehen des Israelitischen Waisenhauses Esslingen, heute Theodor Roth- schild Haus, hat die Aufmerksamkeit 2013 wieder auf das kaum noch bekann-te Büro Bloch & Guggenheimer gelenkt. Nun hat der Architekturhistoriker Dietrich W. Schmidt, auf Anregung von Oscar Blochs Enkelin Esther Walther und mit Hilfe der Stolperstein-Initiative Bad Cannstatt, ein mit 150 Seiten nicht sehr voluminöses, dafür aber umso gehaltvolleres Buch über das Architektenduo geschrieben. Bloch, 1881 geboren, und der ein Jahr ältere Ernst Guggenheimer gründeten 1909 in Stuttgart ihr Büro, das bis 1937 Bestand hatte, während Guggenheimer noch bis in die Nachkriegszeit aktiv war. 85 Projekte umfasst Schmidts Werkverzeichnis, davon 43 Neubauten, von denen elf unter Denkmalschutz stehen.
Es gibt einige bemerkenswerte Entwürfe: das Haus Bloch-Tank etwa, erbaut als orthopädisch-gymnastisches Institut für Blochs Schwester Alice; den Entwurf für eine Synagoge in Zürich; oder das Geschäftshaus Marx in Cannstatt. Architekturgeschichte haben Bloch & Guggenheimer dennoch nicht geschrieben. Was hervortritt, ist etwas anderes: zum einen die jüdische Geschichte, zum anderen, damit zusammenhängend, die Rolle der Auftraggeber. Bloch & Guggenheimer betraten die Bühne mit Villenbauten, auch in eigenem Auftrag. Beide waren Söhne von Textilhändlern, sie ergriffen wiederholt auch unternehmerisch die Initiative. Ihre ersten Bauten sind asymmetrisch-verspielt, in den damals aktuellen Formen der Reformarchitektur. Doch schon bald, nachdem sie mit dem Waisenhaus einiges Renommee erworben hatten, wurden ihre Bauten konservativer. In den 1920er-Jahren experimentierten sie mit verschiedenen zeittypischen Trends, bis ein radikaler Wechsel erfolgte, der offenbar von der Weißenhofsiedlung ausging: Von 1929 an bauten sie weiße Kuben mit Flachdächern, zumeist Villen für jüdische Fabrikanten. Im städtischen Auftrag entstand eine Erweiterung der Siedlung Eiernest, die ans Neue Frankfurt erinnert und erstaunlicherweise die NS-Zeit überdauert hat, dann aber nach dem Krieg mit Satteldächern aufgestockt worden ist.
Schmidt bezeichnet diese Phase als ihr Hauptwerk. Darüber lässt sich streiten, denn schon die ersten Bauten – das in seiner Sicht weniger bedeutende Frühwerk – zeigen hohe Qualitäten. Bloch & Guggenheimer waren auch nicht die einzigen in Stuttgart, die den Impulsen der Weißenhofsiedlung gefolgt sind. Mit bemerkenswerter Beharrlichkeit blieb das Büro bis zu Blochs Tod 1937 aktiv – was nur möglich war, weil Bloch Schweizer war. Aufgrund einer Reihe von Zufällen und wohl auch Verbindungen überlebte Guggenheimer, zum Schluss untergetaucht, in Stuttgart und baute nach dem Krieg die Synagoge wieder auf: in modernen Formen, mit bescheidenen Mitteln, aber würdevoll. Dabei setzte er die alten Tora-Tafeln wieder aufs Dach, die er bei den Aufräumarbeiten nach der Reichspogromnacht selber beiseite geschafft hatte.
Fakten
Autor / Herausgeber Dietrich W. Schmidt
Verlag Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2021
aus Bauwelt 1.2025
Artikel als pdf

0 Kommentare


loading
x
loading

3.2025

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.