Egon Hartmann und der Wiederaufbau von Mainz
Beim Lesen drängt sich der Eindruck auf, dass Hartmann zu den talentierten Stadtplanern der Nachkriegszeit zählte.
Text: Horn, Hauke, Mainz
Egon Hartmann und der Wiederaufbau von Mainz
Beim Lesen drängt sich der Eindruck auf, dass Hartmann zu den talentierten Stadtplanern der Nachkriegszeit zählte.
Text: Horn, Hauke, Mainz
Das im Zweiten Weltkrieg stark zerstörte Mainz geriet nach 1945 zu einem Laboratorium des Aufbaus, in dem gegensätzliche Auffassungen von Städtebau unversöhnlich aufeinander trafen. Die spektakulären Entwürfe der Section du plan um Marcel Lods, die einen radikalen Neubau der Stadt im Sinne der Charta von Athen vorschlug, blieben jedoch genauso wie Paul Schmitthenners an historischen Strukturen orientierter Gegenentwurf reine Gedankenspiele. Geprägt wurde der Wiederaufbau stattdessen von den Ideen Egon Hartmanns, der 1955–59 im Hochbau- und Stadtplanungsamt von Mainz arbeitete. Gleich zwei Ausstellungen in München und Mainz (Bauwelt 23.2019) rückten den bisher wenig bekannten Urbanisten, wie er sich selbst nannte, kürzlich in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Zur Ausstellung im Mainzer Landesmuseum, die Hartmanns Rolle beim Wiederaufbau der Stadt fokussierte, erschien im Gebr. Mann Verlag ein schlanker, aber informativer Begleitband, der von Eduard Sebald, Kurator der Ausstellung, und Rainer Metzendorf, ehemals selbst im Mainzer Stadtplanungsamt tätig, bearbeitet worden ist.
Im ersten Textbeitrag wird Egon Hartmanns Leben und Werk nachgezeichnet, das u.a. auch in Erfurt, Berlin und München Spuren hinterlassen hat. Beim Lesen drängt sich der Eindruck auf, dass Hartmann zu den talentierten Stadtplanern der Nachkriegszeit zählte, dem es jedoch mitunter an politischem Geschick im Umgang mit den Entscheidungsträgern fehlte. So kam es, dass er zwar sensationell den Wettbewerb für die Stalin-Allee in Berlin gewann, sich die Ausführung jedoch mit einer Gruppe von Kollegen teilen musste. Auch in Mainz kamen die Überlegungen Hartmanns erst zum Tragen, als Ernst May sie in seinen Aufbauplan für die Innenstadt von 1958 einfließen ließ. Der Ansatz Hartmanns zeichnete sich durch eine pragmatische Verbindung moderner Ideen einerseits, z. B. in der Verkehrsplanung, und der unverkrampften Bewahrung von historischen wie auch ortstypischen Strukturen und Gegebenheiten andererseits aus. „Wie kann man Stadtplanung betreiben, wenn man die Geschichte des Ortes nicht kennt?“, umschrieb Hartmann seine Überlegungen zu einer geschichts- und kontextbezogenen Stadtplanung, die jedoch nicht mit städtischer Denkmalpflege zu verwechseln ist. Das mit zahlreichen, meist farbigen Plänen und Zeichnungen illustrierte Buch schließt mit einem sorgfältigen Katalog der in Mainz gezeigten Exponate. Bedauerlich ist, dass hingegen in den Aufsätzen die Quellenangaben fehlen, so dass viele Aussagen wissenschaftlich nicht nachprüfbar sind. Dennoch ist es mit der Publikation gelungen, die Rolle Egon Hartmanns beim Wiederaufbau von Mainz grundlegend darzustellen und in dessen bisher zu wenig gewürdigtes Lebenswerk einzuordnen.
0 Kommentare