Patchwork
The Architecture of Jadwiga Grabowska-Hawrylak
Text: Scheffler, Tanja, Berlin
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The Architecture of Jadwiga Grabowska-Hawrylak
Text: Scheffler, Tanja, Berlin
Jadwiga Grabowska-Hawrylak, geboren 1920, wurde in Wrocław vor allem durch ihre futuristische, vor Ort meist nur „Manhattan“ genannte Hochhaus-Megastruktur am Grunwaldzki-Platz bekannt, die zu den architektonischen Meisterwerken der polnischen Nachkriegsmoderne zählt. Sie gehörte zu den ersten Studenten, die nach dem Zweiten Weltkrieg an der Technischen Universität in Wrocław ihr Architekturdiplom machten und realisierte danach eine große Bandbreite von ganz unterschiedlichen Projekten, von Wohn-anlagen und Schulen bis zur preisgekrönten Kirche.
Vor vier Jahren wurde im Architekturmuse-um in Wrocław im Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms eine Ausstellung über ihr Werk gezeigt, die auf internationale Resonanz gestoßen ist (Bauwelt 38.2016). Daher ist vom polnischen Ausstellungskatalog mittlerweile auch eine leicht gekürzte englische Ausgabe erschienen. Sie bietet nicht nur einen guten Überblick über Grabowska-Hawrylaks realisierte Projekte und viele weitere ihrer utopisch-visionären, Papier gebliebenen Entwürfe, sie zeigt auch die wechselnden architektonischen Linien der sozialistischen Ära am konkreten Beispiel des Wieder- und Neuaufbaus der schlesischen Hauptstadt bis ins Detail.
Jadwiga Grabowska-Hawrylak war ab 1951 zuerst als Mitarbeiterin und ab 1963 als Atelierleiterin bei „Miastoprojekt“, dem großen lokalen Stadtplanungsbüro, tätig. Daher konnte sie während ihrer mehr als fünfzigjährigen Berufspraxis an vielen prestigeträchtig-neuralgischen Orten aufsehenerregende Gebäude realisieren. Sie war bereits am „polnischen Wiederaufbau“ des Rings beteiligt (Bauwelt 41.2016) und rekonstruierte an der Nordwest-Ecke des Marktplatzes mehrere barocke Bürgerhäuser. Später plante sie im großen Stil zeittypische Neubauensembles in den flächendeckend zerstörten Bereichen der Stadt. Ihre Wohnanlage am Grunwaldzki-Platz (1963–76) entstand auf einer riesigen, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs zur Anlage einer nie benutzten Flugzeugrollbahn entlang der damaligen Kaiserstraße durch mehrere vornehme Quartiere geschlagenen Schneise vollständiger Verwüstung: eine wahrhaft „great location“ für die Errichtung einer großmaßstäblichen Neubaustruktur, mitten in der „Einflugschneise“ zur Innenstadt.
Bei dieser Monographie überzeugt neben der guten Lesbarkeit der Texte und den vielen Hintergrund Informationen auch die abwechslungsreich-anschauliche Aufmachung. Denn die unzähligen, oft bislang kaum bekannten Pläne, Entwurfszeichnungen, Modellfotos und zeitgenössischen Fotoaufnahmen wecken beim aufmerksamen Leser sofort Interesse, sich näher mit Grabowska-Hawrylaks Werk und vielen weiteren Aspekten des polnischen Architekturgeschehens zu beschäftigen.
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