Pierre Chareau
Modern Architecture and Design
Text: F. Drewes, Frank, Berlin
Pierre Chareau
Modern Architecture and Design
Text: F. Drewes, Frank, Berlin
Die umfassende Monographie über Pierre Chareau ist eine Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung im Jewish Museum in New York (Bauwelt 3.2017). Acht Jahre lagen zwischen der Eröffnung und dem ersten Gespräch, das die Herausgeberin und Kuratorin Esther da Costa Meier mit dem Jewish Museum führte. Die dementsprechend gründlichen Recherchen, die viel neues Material zutage brachten, stellen Pierre Chareau in voller Bandbreite dar und ge-hen weit über die klassische Rezeption als Architekt der Maison de Verre hinaus. Tatsächlich muss Chareau als Designer und Innenarchitekt beschrieben werden, der nichtsdestoweniger eine Ikone der modernen Architektur schuf, wobei hier die enge Zusammenarbeit mit dem holländischen Architekten Bernard Bijvoet und dem Metallbauer Louis Dalbet nicht unerwähnt bleiben darf.
Die eigentliche Schaffensphase beschränkt sich auf etwas mehr als die Dekade zwischen dem Ersten Weltkrieg und der großen Depression, die 1932 auch Frankreich in vollem Umfang erfasste. Zuvor arbeitete Chareau lange Jahre als Angestellter für die britische Ausstattungsfirma Warring and Gillow, und nach der Flucht vor den Nazis (die Chareaus waren jüdischer Herkunft) konnte er in New York geschäftlich nicht mehr Fuß fassen. Da fast sämtliche Interieurs und auch die wenigen Gebäude, mit Ausnahme der Maison de Verre, zerstört wurden, besteht die Monographie zu einem Großteil aus historischen Fotos und einer Vielzahl von meisterhaften Innenraumdarstellungen in Gouache und Aquarell, die Chareau klar als Innenarchitekten erkennen lassen. Neben der Maison de Verre sind aber viele Originalmöbel erhalten geblieben und werden zum Teil auch noch als Reeditionen produziert.
Das Buch ist analog zur Ausstellung in die Kapitel Innenarchitektur, Möbel, Maison de Verre und Chareau als Sammler und Kurator gegliedert. Das zusätzliche Kapitel „Chareaus weitere Bauten“ ist, wie zu erwarten, nur eine Fußnote. Seine Möbelentwürfe nehmen den größten Raum ein und belegen auch am nachvollziehbarsten den Übergang vom klassischen Interieur zum modernen Wohnraum. Chareau war ein Pionier im Möbelbau und ein Meister in der Kombination von luxuriösen Materialien (u.a. Edelholzfurniere, Alabaster und Chrom) mit handwerklichen Verbindungen aus Schmiedeeisen, die eine industrielle Fertigung suggerieren. Im Gegensatz zu Le Corbusier dachte Chareau aber eher in Unikaten und Kleinserien.
Nach einer profunden Einführung von Esther da Costa Meier folgen die einzelnen Kapitel, denen jeweils Essays weiterer Autoren vorangestelltsind, die sich mit Teilaspekten von Chareaus Schaffen auseinandersetzen. Erwähnt werden muss hier, dass er maßgeblich an der Gründung des CIAM beteiligt war, was für seinen architektonischen Gesamtanspruch spricht. Der Mensch und Feingeist tritt besonders im Kapitel „Chareauals Sammler“ zutage. Zusammen mit seiner Frau besaß er eine beachtliche Sammlung (Picasso, Braque, Gris, Mondrian, Motherwell), die er während des Krieges und in New York zum größten Teil verkaufen musste, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.
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