Planung für Morgen
Zukunft Stadt und Raum
Text: Holl, Christian, Hannover
Planung für Morgen
Zukunft Stadt und Raum
Text: Holl, Christian, Hannover
1972 bis 1997 war Albert Speer an der TU Kaiserslautern Inhaber des Lehrstuhls für Stadt- und Regionalplanung und baute den Studiengang Raum- und Umweltplanung mit auf. 1994, zum 60. Geburtstag, wurde die Albert-Speer-Stiftung von ihm gegründet, um Studierende und junge Planende zu unterstützen. 2019 bis 2021 veranstaltete diese drei Symposien, deren Erkenntnisse und Beiträge nun, aufbereitet und gut strukturiert, in Buchform vorliegen. Das Buch ist dem 2017 verstorbenen Albert Speer verpflichtet, doch die Herausgeber Friedbert Greif, Detlev Kurth und Bernd Scholl bekräftigen in ihrer Einführung auch, dass es ihr Anliegen mit dem Buch sei, „vor der akademischen Berufswahl stehenden Schüler*innen sowie Studierenden planerischer Fächer trotz aller Krisen Mut zu machen.“ Mut, die „großen, aber auch faszinierenden Herausforderungen bei der Planung von Stadt und Raum“ anzunehmen.
26 Beiträge sind in fünf Kapitel gegliedert. Sie geben einen guten Überblick über die Diskurse und Entwicklungen stadtplanerischer Themen der letzten Jahre. Sieben Texte widmen sich Großprojekten – von der Hamburger Hafen-City (Markus Neppl), der Planung der Münchener Allianz-Arena (Christiane Thalgott) über die allgemeineren Erfahrungen, die Engelbert Lüdtke Daldrup in seinen verschiedenen Tätigkeiten und Elisabeth Merk bei ihrer Arbeit in München sammelten. Zukünftigen Herausforderungen ist ein weiteres Kapitel gewidmet: Hier finden Mobili-tät, Landschaftsarchitektur, Klimawandel und -anpassung und Bürgerbeteiligung Berücksichtigung; zwei weitere Kapitel sind dem Städtebau und der Baukultur einerseits, der Stadtentwicklungspolitik andererseits gewidmet. Die Autoren sind überwiegend Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen der Planung, der Immobilienentwicklung und den Sozialwissenschaften ebenso wie den verschiedenen Planungsdisziplinen: Werner Durth, Jürgen Aring, Uwe Altrock, Cornelia Zuschke, Elena Wiezorek etwa, um einige wenige zu nennen. Sie garantieren das überwiegend stabile Niveau mit belastbaren Aussagen und Erfahrungen in angemessener Balance zwischen Alltagsaufgaben und großen Projekten. Lediglich die Rückblicke auf die Aufbaujahre und das Wirken Speers an der TU Kaiserslautern geraten mitunter zu anekdotenhaft.
Um allerdings Studierende, gar Schülerinnen und Schüler zu begeistern, hätten Jüngere vernehmbarer zu Wort kommen können, die mit frischen Konzepten das unterlegen, was als Anspruch in der Einleitung formuliert wird. Räumliche Planung sei immer auf die Zukunft ausgerichtet, heißt es da – worauf denn auch sonst, mag man sich fragen. Wir benötigten dafür „ein Fundament, das dem baulichen Erbe verpflichtet ist, und darauf aufbauende kühne Zukunftsentwürfe für Stadt und Raum.“ Genau diese kühnen Zukunftsentwürfe aber fehlen leider. Provokante Thesen oder neue Zugriffe auf eine sich radikal verändernde Welt, die Fenster auf neue Gestaltungsräume jenseits der etablierten Strukturen eröffnen, sind im Buch nur spärlich vertreten, und es wird nicht gezeigt, wie sie sich als Gestaltungsthemen bearbeiten ließen. Die aber wären doch nötig, wenn man junge Menschen für die Planung begeistern will. Wie sich städtischer Raum verändert, wenn der Klimawandel wirklich ernst genommen wird? Wenn sich Grün- und Stadträume, Landwirtschaft und Energieproduktion miteinander verzahnen, um Verkehr zu reduzieren, Hitzeperioden abzumildern und Extremwetterereignisse abzupuffern? Wenn die Kreislaufwirtschaft tatsächlich an Gewicht gewinnt und kurze Wege zwischen Aufbereitung, Zwischenlagerung und Wiederverwendung von Baumaterial eingelöst werden sollen? Wie werden sich ländliche Räume und Randbereiche von Städten verändern? Kaum Antworten. So ist letztlich der Band eine zwar durchaus brauchbare und breit gefächerte Bilanz des Status Quo, aber kein gewagter Ausblick auf eine Zukunft von Stadt und Raum.
0 Kommentare