Rising Oceans & Spaces that care
Complexities and ideas behind the Friendship Hospital by Kashef Chowdhury/URBANA in Bangladesh
Text: Henning, Moritz, Berlin
Rising Oceans & Spaces that care
Complexities and ideas behind the Friendship Hospital by Kashef Chowdhury/URBANA in Bangladesh
Text: Henning, Moritz, Berlin
Der älteren Generation ist Bangladesch vielleicht durch das berühmte „Concert for Bangladesh“ bekannt. Im Jahr 1971 organisierten der Ex-Beatle George Harrison und der indische Sitar-Spieler Ravi Shankar das Benefizkonzert im Madison Square Garden in New York zugunsten von Menschen, die vor dem Krieg in Bangladesch fliehen mussten. In den letzten Jahren dagegen war dieses Land, in dem mehr als doppelt so viele Menschen auf weniger als der Hälfte der Fläche Deutschlands leben und dessen Pro-Kopf-BIP nicht einmal ein Dreißigstel des deutschen beträgt, aufgrund von verheerenden Überschwemmungen und Wirbelstürmen regelmäßig in den Medien präsent.
Doch Bangladesch ist nicht nur Schauplatz vonKrieg, Armut und Umweltkatastrophen. 2017 gab die Ausstellung „Bengal Stream. The vibrant architecture scene of Bangladesh“ im Schweizer Architekturmuseum mitsamt begleitender Publikation Einblick in eine ganz andere Facette des Landes, nämlich dessen überaus interessante Architekturszene. Nun hat Niklaus Graber, Architekt in der Schweiz, Lehrbeauftragter am Bengal Institute for Architecture, Landscapes and Settlement in Dhaka, Bangladesch und Mitkurator der Basler Ausstellung, ein neues Buch herausgegeben. „Rising oceans & spaces that care“ beschäftigt sich auf über 180 Seiten mit einem kleinen Krankenhausbau des Architekten Kashef Choud- hury in der ländlichen Region des südlichen Ban-gladesch, und das mit Gewinn, auch für uns. Denn wer glaubt, es sei wenig relevant, was mehr als 7000 Kilometer entfernt am äußersten Rand Südasiens passiert, der irrt. Bangladesch gehört aufgrund seiner großflächigen, dicht besiedelten und tief liegenden Küstenlandschaft zu den Ländern, die am meisten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Und dieser wird bei uns produziert, im Westen, und in einer inzwischen hoch industrialisierten Nation wie China. Doch für den Entwurf des Friendship Hospitals, gelegen in der Küstenregion nahe des Golfs von Bengalen in einem Gebiet, dessen landwirtschaftlich genutzte Flächen durch den Anstieg des Meeresspiegels mittlerweile völlig versalzen sind, sind die sich verändernden Umweltbedingungen konstituierend. So verweist der kleine Krankenhausbau nicht nur darauf, wie das Handeln der Industrienationen bereits jetzt die Lebensbedingungen vieler Menschen in klimasensiblen Regionen beeinflusst, sondern vermittelt auch einen Ausblick darauf, was uns hierzulande in nicht allzu ferner Zukunft erwartet.
Entstanden ist trotz – oder vielleicht gerade wegen – dieser schwierigen Rahmenbedingungen ein Gebäude, das in jeder Hinsicht überzeugt. Von der Ausrichtung über die natürliche Belüftung und verschattete außenliegende Pufferzonen bis zur Nutzung des Regenwassers fanden die Architekten kluge und vor allem einfache Lösungen für die komplexen Anforderungen. Geradezu mustergültig dekliniert der kleine Ziegelbau grundlegende Aspekte des klimagerechten Bauens durch, und ist damit ein schönes Beispiel dafür, wie mit einfachen, baulichen Mitteln eine hohe Nutzungsqualität erreicht werden kann. All dies vermittelt das Buch eindrücklich. Eine Reihe thematisch ausgerichteter Aufsätze, viele Zeichnungen und reichhaltiges Fotomaterial vermitteln die Rahmenbedingungen und machen den Entwurf nachvollziehbar. Wesentliche Aspekte, wie der Umgang mit Licht, Luft und Regenwasser oder die Materialauswahl, werden beschrieben, Nachhaltigkeitsaspekte diskutiert und auch dargestellt, wie die Architektur wichtiger Teil des Heilungsprozesses sein kann.
In den Hintergrund treten dabei ein paar Dinge, die den Gesamteindruck ein wenig trüben. Die Verwendung einer recht ungewöhnlichen Schrift macht die Texte nicht lesefreundlicher. Eine Straffung des überbordenden Bildmaterials hätte nicht geschadet, ebenso wie ein strengeres Lektorat, das textliche Redundanzen tilgt.
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