Bauwelt

mónos

Text: Peschke, Marc, Wertheim am Main

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mónos

Text: Peschke, Marc, Wertheim am Main

Den italienischen Fotografen Vincenzo Pagliuca zieht es immer wieder aufs Land oder in die Vorstädte. Nicht die Metropolen interessieren ihn, sondern zum Beispiel die Dörfer des südlichen Appenin, von Lazio bis Aspromonte. Hier hat er sich auf die Suche nach freistehenden Häusern begeben, die er zumeist frontal aufnimmt, inmitten ihrer natürlichen Umgebung.
Das alles klingt nicht sonderlich spektakulär, und das sind die Bilder des soeben erschienenen Buchs „mónos“ auch nicht. Warum sie dennoch faszinieren, warum dennoch ein solcher Sog von ihnen ausgeht, das ist nicht einfach zu erklären. Schon seine Bilderfolge von italienischen Bunkeranlagen aus der Zeit des Faschismus hatte diese Ausstrahlung: Und die Heterogenität der Bunker in der sie umgebenden Landschaft findet sich nun auch in den Wohnhäusern wieder. Auch hier fotografiert Pagliuca die Architektur stets bei diffus grauem Himmel – was natürlich an die fotografische Sprache von Bernd und Hilla Becher erinnert.
Die archetypischen Linien der Häuser betören in der Einfachheit ihrer Form. Sie brauchen keinen Architekten, sind aus den elementarsten Formen zusammengefügt. „Basic Forms“ heißt ein Buch über die Architekturfotografie der Bechers – und es sind eben jene Grundformen des Architektonischen, die wir auch bei Vincenzo Pagliuca wiederfinden, fotografiert aber nicht in Schwarzweiß, sondern in matter, ein wenig trister Farbigkeit. Auch seine traurigen Fotografien von Häusern in (trauriger) Umgebung versinnbildlichen eine vergangene Epoche: Diese Häuser stammen zumeist aus dem 19. Jahrhundert oder aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Moderne hat – etwa in Form von Satellitenschüsseln – zum Teil Einzug gehalten, doch ganz ohne Sinn, denn die meisten der ehemaligen Wohnbauten stehen leer, verfallen oder werden als Schuppen oder Lager genutzt. Dennoch scheinen sie uns erhaltenswert, als Denkmäler einer vergangenen Alltags- und Architekturkultur. Denn sie verschwinden – als Teil ei­-ner spezifischen Geschichte Italiens und auch als Sinnbild des Denkens derer, die sie ersonnen und dort gelebt haben.
Warum solche Bauten, der Verlag nennt sie „Skulpturen des ‚common man‘“, heute nicht mehr entstehen, fragt man sich beim Betrachten dieser Bilder. Man gerät ins Sinnieren, auch dar­über, warum damals so gebaut, so gedacht, so gelebt wurde. Es bleibt eine diffuse Traurigkeit. Ein schmales, karges, berührendes Fotobuch.
Fakten
Autor / Herausgeber Vincenzo Pagliuca
Verlag Hartmann Books, Stuttgart 2022
Zum Verlag
aus Bauwelt 5.2023
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