Bauwelt

9 x Heimat

Editorial

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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Foto: Wolfgang Zahn

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9 x Heimat

Editorial

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Die Bauwelt-Redaktion hat sich auf die Suche nach der Form der Heimat gemacht: ein Heft über kleine und große Bauten, über ambitionierte Projekte und über ungelöste Fragen, die deutlich machen, was den Redakteuren – trotz der Beschreibung mancher Niederlage – in ihren Herkunftsorten besonders am Herzen liegt
Dieses Heft entstand aus der Idee heraus, einen blinden Fleck ins Visier zu nehmen. Woche für Woche schreiben wir in der Bauwelt über die Brennpunkte des aktuellen Baugeschehens. Wie aber sieht es aus mit dem Selbstverständlichen der Referenzen, die jeder in seinem persönlichen Gepäck hat? Was wäre zu erfahren, wenn wir den Blick auf uns selbst richteten, hin zu den Orten, die uns geprägt haben, weil wir hier aufgewachsen sind?
Als sich die Bauwelt-Redaktion Anfang Oktober letzten Jahres im „Weißen Salon“ – dem Frontzimmer der Redaktion, in dem Montag für Montag die Woche geplant wird und wo Besucher empfangen werden – traf, um über das Jahres-Anfangsheft 2012 zu diskutieren, war eines schnell klar: Es würde vor allem ein Heft über die kleinen und mittelgroßen Städte Deutschlands werden, Städte, die im offziellen Diskurs häufig eher zu kurz kommen. Und noch etwas stellte sich her­aus: Die Redakteure der Bauwelt kommen aus fast allen Teilen Deutschlands, nur der Norden ist nicht vertreten. Ein Ausreißer ist allerdings auch dabei; Sebastian Redecke hat seine Kindheit in Brüssel verbracht.
Wir haben uns auf ein Konzept geeinigt: Kein Rückblick sollte es werden, und auch um das große Ganze sollte es nicht gehen. Stattdessen die Methode Vergrößerungsglas: Jeder präsentiert einen für ihn wichtigen Ausschnitt der aktuellen Stadtentwicklung, egal, ob es sich um kleine Bauten, zentrale Plätze oder ganze Quartiere handelt.
Lob gab es für Tübingen: In der Südstadt wurde in den letzten Jahren vieles richtig gemacht. Andernorts fiel die Bilanz der Befragten häufig kritischer aus: Die Planergeneration, die jetzt in vielen Bauämtern am Hebel sitzt, sieht ihre „Elternrolle“ als Fortentwickler der Stadt häufig mit einer guten Portion Distanz. Besonders anschaulich wird diese Skepsis dort, wo über die Gestaltung zentraler Plätze berichtet wird, über Orte, an denen Anfang der 80er Jahre bereits die Kämpfe der Postmoderne gegen die Unwirtlichkeit der Moderne ausgetragen wurden. Erneut ist von harten Auseinandersetzungen die Rede, bevor die Grundstücke dann doch den hereindrängenden Shopping Malls (Koblenz) überlassen werden. In Bielefeld zum Beispiel ging es auch um den Stolz, eine der wenigen Städte zu sein, die in ihrer Mitte das Konzept der kleinteiligen Mischung beibehalten konnten – bis kurz vor Redaktionsschluss bekannt wurde, dass jetzt doch die MFI vor der Tür steht. Überhaupt die Malls: Manchmal mögen sie die hochwillkommene Lösung sein für Orte, die über Jahre hinweg brachlagen. Aber genauso deutlich wird, wie die Initiative den Städten durch die neuen Großbesitzer aus der Hand genommen wird. Dem steht ein spürbar breiteres Engagement der Bevölkerung entgegen. In Offenbach wehren sich die Einwohner gegen die Anästhesierung jeder Entwicklung durch den Fluglärm. Und in Stuttgart lässt sich hinter dem Bahnhof ein misslungenes Quartier besichtigen, dessen Form weitgehend von den Investoren geprägt wurde. Aber für die künftig anschließenden Quartiere befinden sich Grund und Boden im Besitz der Stadt – ein bessere Steuerung scheint zumindest denkbar. Das ist der nüchterne, vielleicht aber gerade auch der optimistische Befund dieses Hefts: Die Selbstverständlichkeiten der Planung gibt es in vielen Städten nicht mehr.
Zum Schluss die persönliche Frage bei unserer Recherche: Gibt es, beim Blick auf die „eigene Stadt“, so etwas wie ein ungebrochenes Heimatgefühl? Und welche Rolle spielt dabei die Architektur? Bei diesem Blick, so formuliert es Ulrich Brinkmann, sucht man unter den Veränderungen unwillkürlich auch nach den Details, die sich in die Erinnerung gegraben haben. Das gilt nach wie vor: die Stadt als Palimpsest.

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