Bauwelt

Architektur und Kunst

Karl-Moser-Retrospektive im Kunsthaus Zürich

Text: Adam, Hubertus, Zürich

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Prjektskizze Heimplatz
© gta Archiv, ETH Zürich

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Prjektskizze Heimplatz

© gta Archiv, ETH Zürich


Architektur und Kunst

Karl-Moser-Retrospektive im Kunsthaus Zürich

Text: Adam, Hubertus, Zürich

Der Ausstellungsort könnte nicht besser gewählt sein, zählt doch das 1910 eröffnete Kunsthaus Zürich zu den Hauptwerken des Architekten Karl Moser.
Neben der Kunsthalle Mannheim von Hermann Billing (1907) und dem Ausstellungsgebäude auf der Darmstädter Mathildenhöhe von Joseph Maria Olbrich (1908) repräsentiert es den Beitrag der aus dem Korsett des Historismus ausbrechenden, von latenten Jugendstilelementen durchwehten Reformarchitektur der Jahre nach 1900 zum Bautypus Museum. Wegweisend war nicht nur die Gliederung in den Sammlungsbau und den seitlich anschließenden Ausstellungsflügel, sondern vor allem die Verbindung von Kunst und Architektur. „Beim Kunsthaus in Zürich ist der Versuch gemacht, die Plastik wie-der in organischen Zusammenhang mit der Architektur zu bringen und sie als ein Stück Architektur erscheinen zu lassen“, schrieb Moser ein Jahr nach der Fertigstellung.
Das Kunsthaus Zürich sollte den Architekten bis fast zu seinem Lebensende beschäftigen: 1919 plante er eine erste Erweiterung, die schließlich als rückwärtiger Anbau mit Lesesaal – von Sigfried Giedion seinerzeit als modernster Raum Zürichs apostrophiert – realisiert wurde. Eine neuerliche, allerdings auf dem Papier gebliebene Erweiterung projektierte Moser in den 30er Jahren. Das kammartige Gebäude mit Sheddächern steht im Zusammenhang mit einer radikalen Planung Mosers, das gesamte Zürcher Niederdorf bis auf wenige Bauten wie das Großmünster abzureißen und durch eine Struktur aus Zeilenbau­ten zu ersetzen. Unschwer wird angesichts der urbanistischen Radikalität das Vorbild von Le Corbusiers Plan Voisin erkennbar, und tatsächlich war Moser zum Protagonisten der radikalen Moderne geworden. Dies zeigt sich auch an seinen eigenen Bauten wie der aus Stahlbeton errichteten Antoniuskirche in Ba- sel (1927). Die Wendung zur radikalen Moderne ist umso erstaunlicher, als Moser seine ersten Bauten noch ganz im Stil des Historismus entworfen hatte. Bedeutend war Moser auch als Förderer einer jungen Architektengeneration an der ETH Zürich, wo er seit 1915 als Antagonist des noch dem Historismus verhafteten Gustav Gull Entwurf lehrte. Schließlich wurde Moser, der sich im Genfer Völkerbundpalast-Wettbewerb 1927 vergeblich für das Projekt von Le Corbusier eingesetzt hatte, erster Präsident und
später Ehrenpräsident der CIAM.
Karl Moser wurde in Baden bei Zürich geboren und an der Bauschule des Eidgenössischen Polytechnikums, dann in Paris ausgebildet. Zusammen mit Robert Curjel gründete er 1888 ein Büro mit Hauptsitz in Karlsruhe, das bis 1915 bestand. Von der unbändigen Produktivität zeugen Geschäftshäuser, Kirchen, Siedlungen, Kulturbauten – zu den Meisterwerken zählen neben dem Kunsthaus Zürich auch der Badische Bahnhof in Basel, die Lutherkirche in Karlsruhe und die Universität in Zürich. In Karlsruhe selbst konnte die Büropartnerschaft rund 70 Projekte realisieren.
Seit langem war an der ETH eine Moser-Ausstel­lung in Planung; anlässlich seines 150. Geburtstags ist daraus nun Wirklichkeit geworden. Aus der schier unübersehbaren Fülle möglichen Materials – Mosers Nachlass wird vom Institut gta aufbewahrt – traf die Kuratorin Sonja Hildebrand eine ebenso intelligente wie plausible Auswahl. Besondere Aufmerksam­keit erfährt die von Moser immer wieder erstrebte Verbindung von Kunst und Architektur, die auch in seinem zeichnerischen Talent begründet liegt. Das Kunsthaus mit dem Hodlersaal und der Treppenhalle im ersten Obergeschoss bildet den adäquaten Rahmen; im Erdgeschoss sind die Entwürfe und Varianten für das Kunsthaus und seine diversen Erweiterungsprojekte zu sehen.
Fakten
Architekten Karl Moser (1860–1936)
aus Bauwelt 7.2011
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