Bauwelt

Carlo Weber (1934–2014)

Text: Berendes, Jan, Stuttgart; Wiemken, Felix, Stuttgart; Teige, Christof, Stuttgart; Söding, Achim, Stuttgart

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Foto: Auer Weber

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Carlo Weber (1934–2014)

Text: Berendes, Jan, Stuttgart; Wiemken, Felix, Stuttgart; Teige, Christof, Stuttgart; Söding, Achim, Stuttgart

Die Namen Carlo Weber und Fritz Auer sind untrennbar mit den Münchner Olympia-Bauten verbunden, die sie als Partner bei Behnisch + Partner maßgeblich mitgestalteten. 1980 gründeten die beiden ihr eigenes Büro, Auer Weber, mit Sitz in Stuttgart und München. Am 15. Mai ist Carlo Weber in Stuttgart gestorben. Vier langjährige Mitarbeiter erinnern sich.
Wie jeden Montag saß das Stuttgarter Büro am großen Besprechungstisch, um den neuesten Stand der Projekte auszutauschen. Carlo Weber berichtete mit leuchtenden Augen von einem Wettbewerb, an dem er unbedingt teilnehmen wollte: die neue Hauptorgel der Konstantin-Basilika in Trier. Die Kollegen und ich blickten uns irritiert an. Eine Orgel? Ist das eine Angelegenheit für Architekten? Carlo Weber schwärmte für den fantastischen, puristischen Raum und die eindrucksvolle Geschichte dieses Bauwerks. Wir gewannen den Wettbewerb. Erst Jahre später, als ich das erste Mal die Basilika betrat, verstand ich die wirkliche Größe dieser Entwurfsaufgabe.
Carlo Weber suchte stets diese Perlen und bearbeitete sie mit unermüdlicher Detailverliebtheit. Immer wieder holte er mich zu einer kleinen Spritztour vom Arbeitsplatz ab, nur um kurz, wie er stets betonte, an anderen Bauten in der Stadt die eigenen Entwurfsentscheidungen bezüglich Materialien, Dimension und Farbe zu hinterfragen. Die ansteckende Euphorie selbst für die kleinsten alltäglichen Dinge, die nie aufhörende Suche nach der besten Lösung und seine Begeisterung für die Geschichte eines Ortes waren prägend für seine Arbeitsauffassung. Jan Berendes, seit 2004 im Büro Auer Weber
Carlo Weber gewann mich für die Sanierung des Ausstellungsflügels der Kunsthochschule in Dresden, indem er mich mitnahm, „um mir das Ding mal unverbindlich zu zeigen, da ich ja Erfahrung mit Altbauten hätte“. Dort angekommen, stellte er mich unvermittelt als den dringend benötigten Projektleiter vor – denn das Museum musste rechtzeitig zur Weihe der Frauenkirche fertig sein. Auf dem Rückweg versicherte er entschuldigend: „Ich wusste ja gleich, dass es dir gefallen würde.“ Er meinte es zutiefst ehrlich, und da er ein offener Mensch ohne jeden Dünkel war, gelang es ihm in der Folgezeit oft, die Wogen zu glätten. Vorhaltungen der Bauherren oder der Fachplaner über unsere Versäumnisse in der kurzen Planungs- und Bauzeit begegnete er mit einem freund­lichen: „Sie haben vielleicht Recht, aber jetzt geht es doch darum, dass wir vernünftig zusammenarbeiten!“
In Entwurfsdiskussionen war er ein engagierter Streiter für jedes Detail, der alle Register ziehen konnte. Einmal, als es ihm nicht gelang, uns von seiner Auffassung zu überzeugen, listete er all seine „Zugeständnisse“ auf: „Das habt ihr alles so bekommen wie ihr es wolltet – hier ist es mir wirklich wichtig – dann tut’s eben mir zuliebe!“ Felix Wiemken, seit 1998 im Büro Auer Weber

Bei jedem Gespräch – sei es am Arbeitsplatz oder in der Kaffeepause – entwickelte Carlo Weber mit dem Stift in der Hand seine Gedanken. Er machte das Wesentliche für das Auge sichtbar und damit begreifbar. Seine Perspektiven transportieren mit wenigen Strichen viel Atmosphäre.
Mir lag seine Sensibilität. Ich konnte ihn verstehen, wenn er erzählte, wie er morgens von zuhause aus meist nicht den schnellen Weg ins Büro über die Schwarenbergstraße, sondern den schönen Weg mit Blick über die Stadt nahm. Und wie gut konnte man sich mit ihm unterhalten, im Büro oder auf den vielen und oft langen gemeinsamen Fahrten. Das Spektakuläre interessiere ihn nicht so sehr, sagte er mir einige Male. Die einfachen Dinge und Aufgaben, die lägen ihm näher. Christof Teige, seit 1992 im Büro Auer Weber
Als wir noch mit Tusche zeichneten, hatte ich nie die Lizenz zum Bäume-Zeichnen. Es gab Pläne, da zeichnete ich das Haus und Carlo Weber die ganze Umgebung: Bäume, Menschen, vorhandene Bebauung. Und der Lageplan: Groß musste er sein, viel von der Umgebung zeigen, die liebevoll dargestellt wurde. Als könne über die Anteilnahme am Bestehenden das Neue leichter verstanden werden, auch von ihm selbst. Das Entworfene wurde im Plan nicht besonders hervorgehoben, sondern erschien selbstverständlich, fast als sei es immer schon da gewesen.
Dieser Respekt vor dem Ort, vor den Menschen, die das Vorhergehende geschaffen hatten, prägte sein Entwerfen, das, zögerlich und zweifelnd, auf Bergen von Skizzen ein andauernder Suchprozess war. Das auch nicht fertig werden wollte, als gäbe es immer noch eine bessere Variante. Und die Wettbewerbsabgabe: nie endgültig, vielleicht noch mit Änderungen über den letzten Moment hinaus, als würde es helfen, auf dem Abgabeplan einen Baum auszukratzen. Das hat seine Person ausmachte: die Gegnerschaft zu jeder Rechthaberei. Als wäre das Fertige, Abgeschlossene unlebendig und damit uninteressant und vor allem: nicht liebenswert. Achim Söding, seit 1989 im Büro Auer Weber

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