Christoph Ingenhoven hätte die Rolle des Bahnhofs in Stuttgart längst überdenken müssen
Kommentar
Text: Baus, Ursula, Stuttgart
Christoph Ingenhoven hätte die Rolle des Bahnhofs in Stuttgart längst überdenken müssen
Kommentar
Text: Baus, Ursula, Stuttgart
Die Volksabstimmung sollte Stuttgart befrieden, egal, ob man für oder gegen Stuttgart 21 war: Ruhe sollte einkehren, die Minderheit sollte sich der Mehrheit beugen.
Bahnhof und Schnellstrecke werden in den nächsten Jahrzehnten für mutmaßlich sehr viel mehr als 4,6 Milliarden Euro gebaut – und dann könnte Stuttgart 21 ziemlich alt aussehen. Denn eins kam über die Jahre stets zu kurz: die gründliche Revision des Geplanten angesichts der rasanten Änderung unseres Mobilitätsverhaltens. Seit langem wird Mobilität neu überlegt; Schnittstellen aller Mobilitätssysteme – auch der ganz neuen – spielen eine Hauptrolle in solchen Szenarien. Der Bahnhof von Stuttgart 21 begnügt sich bei dieser Debatte leider mit einer putzigen Nebenrolle.
Christoph Ingenhoven sang, vielmehr schmetterte als Architekt das Lied der Befürworter – wer wollte es ihm verübeln? Aber so erkannte er in Wutbürgern nie Mutbürger. Er reagierte auf die Stuttgart-21-Gegner als Selbstverteidiger und verschenkte die Chance, sein alterndes Bahnhofspro-jekt zu überdenken: Dass sich Mobilität verändert hat wie kaum etwas in unserem Alltag, bot ihm eine Steilvorlage für eine Rolle, die Heiner Geißler in leider aussichtslosem Bemühen übernommen hat: die des Schlichters. Eine couragierte, smarte Kombilösung mit vielen Anpassungsmöglichkeiten hätte Ingenhoven schon vor Jahren die Flucht nach vorn eröffnet – wer, wenn nicht er, hätte die Autorität besessen, zwischen Bahn und Stadt und Land und Leuten generalistisch zu vermitteln? Mit neuen Mobilitätsideen wäre er wie Phoenix aus der Asche gestiegen.
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