Designerstücke und Schrottskulpturen
Donald Judd und John Chamberlain in München
Text: Paul, Jochen, München
Designerstücke und Schrottskulpturen
Donald Judd und John Chamberlain in München
Text: Paul, Jochen, München
Auch wenn das ein oder andere seiner Wandobjekte durchaus an ein Regal erinnert – Donald Judd war Künstler. Das unterstrichen gefühlte zwei Dutzend weiß behandschuhte Aufseherinnen, die am Eröffnungsabend in der Münchner Pinakothek der Moderne penibel darauf achteten, dass niemand den wertvollen Exponaten zu nahe kam.
Dass Judd sich auch mit Architektur und Möbeln beschäftigt hat, ist weniger bekannt, u.a. deshalb, weil die Objekte kaum außerhalb seiner Wohnsitze in New York und Marfa/Texas zu sehen waren.
Insofern gibt es in der Ausstellung Einiges zu entdecken. Zum Beispiel, wie systematisch und mit welcher Disziplin der Möbelgestalter Judd zu Werke ging: Ein Set von zehn auf den ersten Blick identischen Stühlen aus Kiefernholz offenbart sich bei nochmaligem Hinsehen als Variation über das Thema Binnenraum des Stuhls; oder welchen Anteil die Ausführung an der ästhetischen Wirkung hat: Während der 1977 von ihm selbst aus rohen Brettern zusammengenagelte Kinderschreibtisch doch sehr hemdsärmelig daherkommt, ist die vier Jahre später von Wood and Plywood Furniture aus Walnuss gefertigte Version mit zwei Stühlen von fast japanischer Perfektion. Zudem haben die Besucher die Möglichkeit, Donald Judds Möbel sowohl im Kontext von Designern wie Michael Thonet, Gerrit Rietveld, Alvar Aalto und Dieter Rams zu sehen, die er sehr schätzte, als auch im Vergleich zu seinen künstlerischen Arbeiten, die in der Pinakothek der Moderne unter anderem mit einer aus 16 einzelnen Wandobjekten bestehenden Rauminstallation vertreten sind.
Ebenfalls im Rahmen ihres „American Summer“ und erstmals überhaupt in einer Museumspräsentation zeigt die Pinakothek der Moderne das Spätwerk von John Chamberlain (Jahrgang 1927), quasi der expressive Gegenpart von Donald Judd. Während dessen Arbeiten immer auch eine gewisse Schwere ausstrahlen, gelingt es Chamberlain, seinem Material mit der Blechpresse eine erstaunliche Leichtigkeit abzuringen – die zehn Tonnen schweren Skulpturen aus geschweißtem Autoschrott scheinen in Bewegung zu sein. Gleichzeitig versetzen sie den Betrachter zurück in eine Zeit, als Autos noch Stoßstangen aus verchromtem Stahl hatten. Die Ironie dabei: Was seinerzeit wertloser Schrott war, muss heute aufwendig recherchiert und ersteigert oder gleich als Neuteil teuer erworben werden. Sei’s drum: Die Skulpturen riechen immer noch leicht nach Autoverwertung, Altöl und Gummi.
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