Bauwelt

Die Moderne konkurriert hier mit sich selbst

Die Länderpavillons

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    Überpinselt: Im zentralen Pavillon der Giardini geht es dieses Jahr nicht um Projekte und Bauten, sondern um das, woraus Architektur gemacht wird: Wände, Decken, Rampen - bis hin zum Klo.
    Giorgio Zucchiatti

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    Überpinselt: Im zentralen Pavillon der Giardini geht es dieses Jahr nicht um Projekte und Bauten, sondern um das, woraus Architektur gemacht wird: Wände, Decken, Rampen - bis hin zum Klo.

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    Fulminanter Auftakt für Koolhaas´ Baumesse: die abgehängte Decke, Schönheit vs. Realität
    Giorgio Zucchiatti

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    Fulminanter Auftakt für Koolhaas´ Baumesse: die abgehängte Decke, Schönheit vs. Realität

    Giorgio Zucchiatti

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    Die kürzlich restaurierte Kuppeldecke von Galileo Chini (1909) verschwindet beim Eintritt in die Ausstellung unter den 60 x 60 cm-Panels der Standardbürodecke.
    Giorgio Zucchiatti

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    Die kürzlich restaurierte Kuppeldecke von Galileo Chini (1909) verschwindet beim Eintritt in die Ausstellung unter den 60 x 60 cm-Panels der Standardbürodecke.

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    Erste Station: der Balkon, vom gusseisernen Austritt à la Haussmann (Paris, 19. Jahrhundert) bis zum Bauhaus Dessau (1926). Tom Avermaete hat mit Studenten der TU Delft die Kulturgeschichte des "fake appetizer" kuratiert.
    Francesco Galli

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    Erste Station: der Balkon, vom gusseisernen Austritt à la Haussmann (Paris, 19. Jahrhundert) bis zum Bauhaus Dessau (1926). Tom Avermaete hat mit Studenten der TU Delft die Kulturgeschichte des "fake appetizer" kuratiert.

    Francesco Galli

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    "Ohne den Balkon", so die eher amüsante These, "gäbe es keine Geschichte".
    Doris Kleilein

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    "Ohne den Balkon", so die eher amüsante These, "gäbe es keine Geschichte".

    Doris Kleilein

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    Und ohne die Sammelwut einiger deutscher Professoren gäbe es diese Ausstellung wohl nicht. Allen voran: Stephan Trüby, der ausgehend von seiner "Geschichte des Korridors" die Besucher durch enge Flure führt.
    Francesco Galli

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    Und ohne die Sammelwut einiger deutscher Professoren gäbe es diese Ausstellung wohl nicht. Allen voran: Stephan Trüby, der ausgehend von seiner "Geschichte des Korridors" die Besucher durch enge Flure führt.

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    Auch die Treppe wurde in Süddeutschland systematisch erforscht.
    Francesco Galli

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    Auch die Treppe wurde in Süddeutschland systematisch erforscht.

    Francesco Galli

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    "Stair" ist ganz der "Königin der Architektur" gewidmet und ihrem Erforscher, dem 93-jährigen Friedrich Mielke und seinem Regensburger Institut für Scalalogie.
    Francesco Galli

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    "Stair" ist ganz der "Königin der Architektur" gewidmet und ihrem Erforscher, dem 93-jährigen Friedrich Mielke und seinem Regensburger Institut für Scalalogie.

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    Abteilung "door": Neben einer kurzen Geschichte des Türgriffs (von FSB und Rainer W. Leonhardt) ...
    Francesco Galli

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    Abteilung "door": Neben einer kurzen Geschichte des Türgriffs (von FSB und Rainer W. Leonhardt) ...

    Francesco Galli

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    .. gibt es 1:1-Nachbauten von Toren wie dem indischen Aparajitaprccha aus dem 12. Jhdt. ...
    Francesco Galli

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    .. gibt es 1:1-Nachbauten von Toren wie dem indischen Aparajitaprccha aus dem 12. Jhdt. ...

    Francesco Galli

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    ... bis hin zur Flughafenkontrolle, die nicht nur in den USA nach 9/11 zu einer komplizierten Choreographie ausgebaut wurde.
    Francesco Galli

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    ... bis hin zur Flughafenkontrolle, die nicht nur in den USA nach 9/11 zu einer komplizierten Choreographie ausgebaut wurde.

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    Mit dieser kuriosen Mischung aus Baumesse, Forschung und gesellschaftspolitischer Erzählung unterläuft Koolhaas so manche Erwartung und hält, was er versprochen hat: Um Architektur soll es gehen, nicht um Architekten.
    Francesco Galli

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    Mit dieser kuriosen Mischung aus Baumesse, Forschung und gesellschaftspolitischer Erzählung unterläuft Koolhaas so manche Erwartung und hält, was er versprochen hat: Um Architektur soll es gehen, nicht um Architekten.

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    Architekten kommen dann natürlich doch vor, etwa als Entwerfer von Fassadenelementen ...
    Francesco Galli

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    Architekten kommen dann natürlich doch vor, etwa als Entwerfer von Fassadenelementen ...

    Francesco Galli

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    ... wie der rautenförmigen Vorhangfassade von Prada Aoyama in Tokyo (Cricursa + Permasteelisa + Herzog & de Meuron).
    Francesco Galli

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    ... wie der rautenförmigen Vorhangfassade von Prada Aoyama in Tokyo (Cricursa + Permasteelisa + Herzog & de Meuron).

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    Wände werden munter zusammengewürfelt präsentiert: als architektonisches Erbe ohne individuellen Verfasser (die Backsteinwand), als Produkte von Herstellern (die transluzente Betonwand von Lucem) ...
    Francesco Galli

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    Wände werden munter zusammengewürfelt präsentiert: als architektonisches Erbe ohne individuellen Verfasser (die Backsteinwand), als Produkte von Herstellern (die transluzente Betonwand von Lucem) ...

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    ... und als Entwürfe von Architekturbüros (die "Kinetic skin wall" von Barkow Leibinger).
    Francesco Galli

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    ... und als Entwürfe von Architekturbüros (die "Kinetic skin wall" von Barkow Leibinger).

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    Auch bei den Fenstern funktioniert das Prinzip Collage: Neben einer Fenstersammlung der britischen Brooking National Collection ...
    Francesco Galli

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    Francesco Galli

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    ... präsentiert die belgische Firma Sobinco eine Maschine zum Produzieren und Testen von Fensterrahmen.
    Francesco Galli

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    ... präsentiert die belgische Firma Sobinco eine Maschine zum Produzieren und Testen von Fensterrahmen.

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    Das Dach (im Bild ein indonesisches Tongkonan) wird, wie andere Elemente auch, ...
    Italo Rondinella

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    ... nicht nur aus eurozentristischer Perspektive präsentiert. Das chinesische Architekturmanual "Yingzao Fashi" (1103) wurde erstmals ins Englische übersetzt und Dächer aus Styro nachgebaut.
    Italo Rondinella

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    ... nicht nur aus eurozentristischer Perspektive präsentiert. Das chinesische Architekturmanual "Yingzao Fashi" (1103) wurde erstmals ins Englische übersetzt und Dächer aus Styro nachgebaut.

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    Zur Hochform läuft die Ausstellung auf, je mehr Geschichten erzählt werden: "Fireplace" wird dominiert von einem 3D-Print eines Kamins nach einem Stich von Piranesi (Fondazione Cini, Venedig).
    Francesco Galli

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    Hier wird groß ausgeholt, vom Lagerfeuer bis zum Smartphone, mit dem in Zukunft die Heizung gesteuert werden soll. Die Digitalisierung der architektonischen Elemente, so Koolhaas bei einem Talk in Venedig, sei der nächste Schritt.
    Francesco Galli

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    Hier wird groß ausgeholt, vom Lagerfeuer bis zum Smartphone, mit dem in Zukunft die Heizung gesteuert werden soll. Die Digitalisierung der architektonischen Elemente, so Koolhaas bei einem Talk in Venedig, sei der nächste Schritt.

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    Nicht fehlen darf natürlich: die Rampe. Zwei Zeitzeugen (beide Jahrgang 1923) kommen zu Wort: der amerikanische Kriegsveteranen Tim Nugent, ein Pionier der öffentlichen Rampe, ...
    Italo Rondinella

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    Nicht fehlen darf natürlich: die Rampe. Zwei Zeitzeugen (beide Jahrgang 1923) kommen zu Wort: der amerikanische Kriegsveteranen Tim Nugent, ein Pionier der öffentlichen Rampe, ...

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    ... und Claude Parent, hier als Pionier der häuslichen Rampe.
    Italo Rondinella

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    Weiter geht es über die Rolltreppe ...
    Francesco Galli

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    ... bis hin zum Aufzug (im Bild: die Kapsel, die bei dem Minenunglück in Chile 2010 Leben rettete)
    Francesco Galli

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    ... bis hin zum Aufzug (im Bild: die Kapsel, die bei dem Minenunglück in Chile 2010 Leben rettete)

    Francesco Galli

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    Die TU Eindhoven präsentiert das horizontale Aufzugauto.
    Francesco Galli

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    Die TU Eindhoven präsentiert das horizontale Aufzugauto.

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    Und was wäre die Architektur ohne das Klo?
    Francesco Galli

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    Und was wäre die Architektur ohne das Klo?

    Francesco Galli

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    Auch zu diesem Thema wurde ein Experte ausgegraben: Alexander Kira und seine Wissenschaft der Entleerung ("evacuation") von 1976. Weitere Informationen unter
    La Biennale
    Francesco Galli

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    Auch zu diesem Thema wurde ein Experte ausgegraben: Alexander Kira und seine Wissenschaft der Entleerung ("evacuation") von 1976. Weitere Informationen unter
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Foto: Bas Princen

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Matthias Sauerbruch im japanischen Pavillon
Foto: Kaye Geipel

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Matthias Sauerbruch im japanischen Pavillon

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Die Moderne konkurriert hier mit sich selbst

Die Länderpavillons

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Rem Koolhaas hat die diesjährige Architekturbiennale so streng im Griff wie kaum ein anderer Generalkommissar vor ihm. Das gilt auch für das Leitthema der Länderausstellungen, die über 100 Jahre Moderne im eigenen Land nachzudenken hatten.
„Dürfen Sie das angesichts der Krise in Europa?“, wurden die beiden Kuratoren Alex Lehnerer und Savvas Ciriacidis während einer Diskussion bei der Eröffnung des deutschen Pavillons gefragt. Gemeint war nicht der teilgetreue Einbau von Sep Rufs Kanzlerbungalow von 1964, gemeint war der schwere Kanzler-Wagen, den die Kuratoren als zusätzlichen Lockvogel vor die Auffahrt des deutschen Pavillons hatten rollen lassen. Der Wagen aus den frühen 90er Jahren ist sicher das hässlichste Auto, das Mercedes je gebaut hat. Ausgestattet mit Panzerverglasung und bulligen Sicherheitsreifen wirkt die dunkelgraue S-Klasse zudem wie ein wenig sympathisches Symbol des neuen, selbstgefälligen Deutschlands und so auf der schrägen Sandfläche platziert, als müsse der Wagen dem französischen Pavillon gleich vor die Füße fallen. Die skeptische Frage berührte aber noch einen anderen, größeren Vorbehalt gegenüber der diesjährigen Schau: Wenn sich jeder Pavillon mit einem Rückblick auf die eigene Moderne der letzten 100 Jahre konzentriert, führt dies in Zeiten grenzüberschreitender Probleme nicht zu völlig unzeitgemäßen nationalen Selbstdarstellungen?
Erst einmal überzeugt die diesjährige Schau gerade wegen dieser Einschränkung. Das gemeinsame Thema hat bei den Länderausstellungen stimulierend gewirkt. Eine derartige Fülle schlüssig inszenierter und gut durchdachter Ausstellungskonzepte, die gerade auch unter dem Ansporn entstanden sind, die eigene Moderne vergleichbar zu machen, hat man in den letzten Jahren hier nicht gesehen.
Im Länder-Dreieck der Pavillons von Frankreich, Großbritannien, Deutschland schert der deutsche insofern aus der Reihe, als er die Architektur nicht über Medien vermittelt, sondern als „Teilrekonstruktion“ (S. Ciriacidis) des Ruf-Pavillons im 1:1-Maßstab sichtbar macht. Dass die Ideologie dieser im Grunde banalen Bungalow-Bauweise der Nachkriegszeit auch darin lag, eine leere und quasi unschuldige Projektionsfläche für die politische Bühne der Bundesrepublik zu sein, macht die Installation gerade dort spürbar, wo statt der transparenten Fassaden von Ruf nur noch die weißen Umfassungsmauern des deutschen Pavillons zu sehen sind. Vis-à-vis präsentierte Jean-Louis Cohen im französischen Pavillon eine entgegengesetzte Sicht der Dinge: die Moderne als depressiv gestimmtes Setting. Große, dunkel inszenierte Räume zeigen die französische Architektur der Nachkriegszeit zwischen ambitioniertem sozialem Wohnbau und Jacques-Tati-Villa, deren verspielte Details nicht darüber hinwegtäuschen, dass die industrialisierte Bauwirtschaft immer besser lernt, ihre Produkte als Glücksversprechen an die Bewohner zu verkaufen. Auch der englische Pavillon beschäftigt sich mit jener Zeit, in der die öffentliche Hand ihre Aufgabe, für die „ganze Bevölkerung“ zu planen, langsam aufgibt und der neoliberalen Entwicklung des Marktes überlässt. Diese Nostalgie für den verantwortungsvollen öffentlichen Auftraggeber hat Kayoko Ota im japanischen Pavillon bereits hinter sich gelassen. In ihrer Schatzkammer aus unzähligen Fundstücken der 70er und 80er Jahre kommen andere Helden zu Wort – junge Architekten, Historiker und Stadtwanderer – die kleine, individuelle Utopien gegen die marktgängige Uniformität der großen Bauproduktion setzen. Im italienischen Pavillon schließlich, auf der anderen Seite des Arsenale, gelingt Cino Zucchi der Beweis, dass sich die Stadtarchitektur der Moderne nie soweit von der Stadtidee des 19. Jahrhunderts abgelöst hat, wie dies die konservative Stadttheorie immer behauptet hat – anschaulich aufgezeigt zum Beispiel an unzähligen Planungsideen für den Domplatz in Mailand.
 Wie anregend die Koolhaas’sche Devise „Architecture, not architects“ gerade für die kleineren Länder war, deren historische Forschung sich erst allmählich mit der Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit beschäftigt, ließ sich an einer ganzen Reihe von herausragenden Präsentationen ausmachen. Montenegro etwa präsentiert vier inzwischen halbverfallene Bauten, entstanden zwischen 1960 und 1986, als begehbare Modelle für die Besucher. Die Kuratoren des zyprischen Pavillons haben Tausende von Bildern einer meist anonymen Moderne ihres geteilten Landes gesammelt und auf wandhoch aufeinander geklebte Wellpappen gedruckt, die jetzt von den Besucher mit dem Cuttermesser Schicht für Schicht freigelegt werden können. Schließlich der chilenische Pavillon, der mit der ersten Fertigteilplatte für neuen Wohnbau, in die Salvador Allende seine Unterschrift in den noch feuchten Beton gekratzt hatte, eine ebenso anrührende wie politisch brisante Geschichte präsentiert. Mein Resumee: Für dieses eine Mal war der kollektive Rückblick auf die Moderne eine wunderbare Idee. Im Ohr bleibt dann noch der Kommentar des österreichischen Architekten Klaus Kada. Er werde, nach all den gezeigten Fundamentals, Venedig mit großer Vorfreude verlassen. Vorfreude auf das, was die nächste Biennale an neuen Konzepten bringen werde.

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