Bauwelt

Drittverwendbar

New Office Airport Stuttgart

Text: Kaps, Vera, Stuttgart

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1. Preis: Wulf & Partner, Stuttgart

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Drittverwendbar

New Office Airport Stuttgart

Text: Kaps, Vera, Stuttgart

Die Deutschlandzentrale von Ernst & Young zieht an den Stuttgarter Flughafen. Die Flughafengesellschaft will den prominenten Mieter zur Standortwerbung nutzen und für ihn ein Bürogebäude mit „Leuchtturmqualitäten“ errichten. Der Wettbewerb kürte einen in erster Linie funktionalen Entwurf.
Einst drehte sich an Flughäfen alles ums Fliegen. Heute sind sie ganze Wirtschaftszentren mit Shoppingmalls, Hotels und Niederlassungen von Unternehmen. Das Geschäft neben dem Rollfeld boomt, vielerorts entstehen derzeit riesige Dienstleistungs­komplexe für die sogenannten „Airport Cities“. In Frankfurt am Main zum Beispiel steht „the Squaire“, ein Büro-Hotel-Einkaufskomplex mit Bahnhof und medizinischem Zentrum nach Plänen von JSK Architekten kurz vor der Fertigstellung. Am Flughafen Zürich-Kloten ist „The Circle“ mit 200.000 m² Fläche für Büros, Läden und Angebote im Bereich der Körperoptimierung geplant. Den Wettbewerb hierfür gewann der Japaner Riken Yamamoto (Bauwelt 13.10). Auch Stuttgart baut an einer Airport City, seit drei Jahren existiert ein Masterplan, der die Verdichtung des Areals für Dienstleistungen vorsieht.
Im Jahr 2000 wurde die Neue Messe vom Stuttgarter Büro Wulf & Partner 2007 eingeweiht. Die Parkhausbrücke, die als Fachwerkträger über die Autobahn A8 spannt, ist für die Messe so etwas wie ein Wahrzeichen geworden. Nun plant die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young ihre Firmen­zentrale mit 1500 Büroarbeitsplätzen von Stuttgart-Weilimdorf an den Flughafen zu verlegen. Zu diesem Zweck will die Flughafengesellschaft für 100 Millionen Euro ein neues Bürogebäude bauen, das Ernst & Young ab 2015 mieten. Der Bau soll in prominenter Lage, zwischen der Autobahn und dem alten Frachthof anstelle des Parkhauses P 10 entstehen, dessen Abriss für 2012 geplant ist.
Die Teilnehmer eines von der Flughafen Stuttgart GmbH europaweit ausgelobten Wettbewerbs waren aufgefordert, sich Gedanken über das angemessene Entree zur zukünftigen Airport City zu machen. In der Auslobung sind die üblichen Schlagworte zu lesen: hohe Aufenthaltsqualität, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Signalwirkung, klares Design, Ort für Begegnung, interne Kommunikation. Ein durchgängiges Gebäude- und Designkonzept, heißt es zudem, solle Ernst & Young nach außen präsen­tieren und bei den Mitarbeitern für Identifikation mit dem Unternehmen und dem Gebäude sorgen, ohne dabei einer Drittverwendung im Wege zu stehen. Mehr als 100 Büros hatten sich beworben, 13 wurden ausgewählt, sieben Büros (u.a. Allmann Satt­ler Wappner, Barkow Leibinger, Hascher & Jehle und Kauffmann Theilig & Partner) waren gesetzt.
Die fünf prämierten Vorschläge (Juryvorsitz: Wolfgang Riehle) zeigen sehr unterschiedliche Gebäudetypologien. Die Stuttgarter Messearchitekten Wulf & Partner (1. Preis) strukturieren das Bürogebäude in drei gleichförmige Baukörper und verbin­-den dies mit durchgesteckten Erschließungsgängen, die „großzügige Kommunikationsflächen“ bieten sollen. Ausschlaggebend für die Juryentscheidung waren, so wurde auf der Pressekonferenz betont, die Teilvermietbarkeit sowie die Drittverwendbarkeit des Gebäudes, falls Ernst & Young nach Ablauf der auf zehn Jahre angesetzten Mietzeit ausziehen sollte. Gleichfalls lobten die Preisrichter die weitläufigen Dachterrassen vor den Kantinen, von denen sich der Blick über die Schwäbische Alp eröffnet.
Der Vorschlag der Berliner Hascher & Jehle (2. Preis) hebt sich am stärksten vom Umfeld ab. Drei ineinandergreifende Gebäudeteile, die unterschiedlich hoch sind, rahmen den Vorplatz zum Haupteingang. Wie beim ersten Preis lassen sich diese Gebäude entkoppeln und eine Teilvermietbarkeit zu. Be­sonders begeistert schien die Jury von den wechselnden Fassadenansichten aus unterschiedlichen Positionen auf das Gebäude, welche die Architekten visualisiert hatten.
Würde der Bauherr tatsächlich nach einem besonderen architektonischen Zeichen für den Flughafen suchen, so fände er die Antwort wohl eher im Entwurf von Barkow Leibinger (4. Preis). Die Architekten entwarfen eine fünfeckige Blockstruktur. Mit einer zweiten Stahl-Glas-Fassade entsteht zwischen den Büroräumen und dem intensiv begrünten Hof ein Kommunikationsraum, der von Foyer, Kantine und Bibliothek bespielt wird. Der hohe Putzaufwand der gekippten Innenhoffassade wie auch der vermutete Lärm, der aus dem Zwischenraum in die Büros dringen könnte, wogen bei der Jury als Argumente jedoch schwerer, als die kommunikative Atmosphäre, die unterhalb der Büros entstehen könnte.
Welcher der fünf prämierten Entwürfe realisiert werden soll, will der Bauherr in den nächsten Wochen gemeinsam mit dem zukünftigen Mieter im Verhandlungsverfahren entscheiden. 
Fakten
Architekten Wulf & Partner, Stuttgart; Hascher & Jehle, Berlin; JSWD Architekten, Köln; Barkow Leibinger, Berlin; Benthem Crouwel, Amsterdam/Aachen, mit Borgemann Architekten, Aachen
aus Bauwelt 30.2011
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