Bauwelt

Extreme konstruieren

Rethinking Mies

Text: Ishigami, Junya, Tokio

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Foto: Junya Ishigami + Associates

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Extreme konstruieren

Rethinking Mies

Text: Ishigami, Junya, Tokio

Das Ziel unseres Projekts für ein Seniorenheim war es, einen Weg zu finden, wie aus alter Architektur neue entstehen kann. Für die Bewohner der Anlage – zwei Gruppen mit jeweils neun Alzheimer-Patienten – ist es wichtig, dass sie ihre Umgebung anhand von charakteristischen Merkmalen des Raums wiedererkennen können. Die Frage war also: Wie vermeidet man es, einen homogenen Raum zu bauen?
Wir entnehmen dazu Teile traditioneller Häuser, die eigentlich abgerissen werden sollten, und lassen sie per Truck aus ganz Japan zusammentragen. Bis auf das Holzskelett und die Dacheindeckung werden alle früheren Einbauten entfernt. All diese Häuser auf dem Maß der Tatami-Matte beruhen, lassen sie sich gut zu einer neuen Struk­tur mit abwechslungsreicher Dachlandschaft zusammenfügen. Die regionalen Besonderheiten, das unterschiedliche Baualter und die Nutzungsspuren der Konstruktion werden es den Bewohnern erleichtern, sich zu orientieren. Zwischen den Stützen werden nur  verschiebbare Wände sowie Türen und Fens­ter die Bereiche bzw. den Innen- vom Außenraum trennen. Eine Architektur, die weder als modern noch als traditionell bezeichnet werden kann.
Auf dem Campus der Universität Kanagawa sollte ein Ort entstehen, an dem sich die Studenten erholen können. Der Bauplatz liegt etwa zwei bis drei Meter niedriger als der übrige Campus. Das Programm sah eine Cafeteria, eine Lounge, verschiedene Mehrzweckbereiche, eine Bar­becue-Fläche und Pausenräume vor. Das eingeschossige Gebäude besteht aus einem 120 x 80 Meter großen Dach, besitzt aber nur eine durchschnittliche Deckenhöhe von 2,30 Metern. Die 15 Zentimeter starken Außenwände werden von kleinen verstreuten Öffnungen perforiert, das Dach besteht aus 9 mm dicken Stahlplatten. Unter opaken Öffnungen ergeben sich Treffpunkte, andere Bereiche bleiben ausgespart, um Wind und Wetter in das Gebäude zu lassen. Nur etwa fünf Prozent der Gesamtfläche bestehen aus Innenräumen; sie sind von transparenten Wänden umschlossen. Der Boden des stützenfreien Gebäudes besteht überwiegend aus Erde, durch die Bepflanzung entsteht der Eindruck einer leicht hügeligen, bis zum Horizont reichenden Landschaft. Die Studenten sollen den Eindruck bekommen, sie seien in ihrer Pause in ein weit entferntes Land gereist, in eine Umgebung, die sich vom übrigen Campus vollkommen unterscheidet, so als machten sie ein Picknick auf einer sich scheinbar endlos ausdehnenden Wiese. Der Reiz bestand für uns darin, eine Megastruktur mit intimer Zimmerhöhe zu konstruieren, einen ultra­flachen Einraum, der nebenbei in seiner extremen Pro­portion an die dünne Erdatmosphäre erinnern mag. Beide Projekte werden im nächsten Jahr fertiggestellt.
Fakten
Architekten Mies van der Rohe, Ludwig (1886-1969)
aus Bauwelt 44.2011
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